Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.Qualitäten eines Kauffmanns-Dieners. dern eine starcke Würckung/ hätten thun mögen/fanden doch bey dem gottlosen Richter kein Gehör/ der arme Mensch sollte und muste hencken; aber sie- he was geschicht/ etliche Tage nach der Execution, wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden/ wel- cher dann gleich des gottlosen Richters Richter war/ indem er den Gehenckten vor unschuldig erklärte/ ihme aber/ daß er ein Mann des Todes wäre/ ins Gewissen predigte. Hier war Angst über Angst/ das Gewissen stellte ihme allbereit die bald zu erwarten- de Göttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar auf einem sanfften Bett/ doch dünckte ihm solches lauter Distel und Dorn zu seyn/ seine Staats- und Ehren-Kleider kamen ihme vor/ als wann es höllische Flammen wären/ welche ihn umgeben hät- ten. Jn dieser Hertzens-Angst schickte ihme der Satan gleichsam einen Quacksalber zu Hülff/ wel- che die Wunden oben zu heilen/ aber den Grund voll Eyter zu lassen pflegen/ dieses war sein/ um Schulden einzumahnen lang ausgewesener Die- ner/ der zwar Geld/ nicht aber Sünden-Schulden aufzuheben gelernet hatte. Dieser/ da er bey seiner Zuhauskunfft seinen Herrn in so grosser Traurigkeit sahe/ bemühete sich ihme durch Vorzeigung sei- ner gehabten guten Verrichtung/ und des vielen mitgebrachten Gelds einen Muth einzusprechen/ muste aber zur Antwort hören/ daß dieses alles vor ihm eine schlechte Freude/ und kein zulängliches Gut wäre/ die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut- Schuld damit zu tilgen/ und was soll mir dieses al- les nützen/ sprach er weiter: Nun der Tag heran nahet/ da ich vor dem Richter erscheinen muß/ vor des- J 2
Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. dern eine ſtarcke Wuͤrckung/ haͤtten thun moͤgen/fanden doch bey dem gottloſen Richter kein Gehoͤr/ der arme Menſch ſollte und muſte hencken; aber ſie- he was geſchicht/ etliche Tage nach der Execution, wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden/ wel- cher dann gleich des gottloſen Richters Richter war/ indem er den Gehenckten vor unſchuldig erklaͤrte/ ihme aber/ daß er ein Mann des Todes waͤre/ ins Gewiſſen predigte. Hier war Angſt uͤber Angſt/ das Gewiſſen ſtellte ihme allbereit die bald zu erwarten- de Goͤttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar auf einem ſanfften Bett/ doch duͤnckte ihm ſolches lauter Diſtel und Dorn zu ſeyn/ ſeine Staats- und Ehren-Kleider kamen ihme vor/ als wann es hoͤlliſche Flammen waͤren/ welche ihn umgeben haͤt- ten. Jn dieſer Hertzens-Angſt ſchickte ihme der Satan gleichſam einen Quackſalber zu Huͤlff/ wel- che die Wunden oben zu heilen/ aber den Grund voll Eyter zu laſſen pflegen/ dieſes war ſein/ um Schulden einzumahnen lang ausgeweſener Die- ner/ der zwar Geld/ nicht aber Suͤnden-Schulden aufzuheben gelernet hatte. Dieſer/ da er bey ſeiner Zuhauskunfft ſeinen Herꝛn in ſo groſſer Traurigkeit ſahe/ bemuͤhete ſich ihme durch Vorzeigung ſei- ner gehabten guten Verrichtung/ und des vielen mitgebrachten Gelds einen Muth einzuſprechen/ muſte aber zur Antwort hoͤren/ daß dieſes alles vor ihm eine ſchlechte Freude/ und kein zulaͤngliches Gut waͤre/ die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut- Schuld damit zu tilgen/ und was ſoll mir dieſes al- les nuͤtzen/ ſprach er weiter: Nun der Tag heran nahet/ da ich vor dem Richter erſcheinen muß/ vor deſ- J 2
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Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
dern eine ſtarcke Wuͤrckung/ haͤtten thun moͤgen/
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der arme Menſch ſollte und muſte hencken; aber ſie-
he was geſchicht/ etliche Tage nach der Execution,
wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden/ wel-
cher dann gleich des gottloſen Richters Richter war/
indem er den Gehenckten vor unſchuldig erklaͤrte/
ihme aber/ daß er ein Mann des Todes waͤre/ ins
Gewiſſen predigte. Hier war Angſt uͤber Angſt/ das
Gewiſſen ſtellte ihme allbereit die bald zu erwarten-
de Goͤttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar
auf einem ſanfften Bett/ doch duͤnckte ihm ſolches
lauter Diſtel und Dorn zu ſeyn/ ſeine Staats-
und Ehren-Kleider kamen ihme vor/ als wann es
hoͤlliſche Flammen waͤren/ welche ihn umgeben haͤt-
ten. Jn dieſer Hertzens-Angſt ſchickte ihme der
Satan gleichſam einen Quackſalber zu Huͤlff/ wel-
che die Wunden oben zu heilen/ aber den Grund
voll Eyter zu laſſen pflegen/ dieſes war ſein/ um
Schulden einzumahnen lang ausgeweſener Die-
ner/ der zwar Geld/ nicht aber Suͤnden-Schulden
aufzuheben gelernet hatte. Dieſer/ da er bey ſeiner
Zuhauskunfft ſeinen Herꝛn in ſo groſſer Traurigkeit
ſahe/ bemuͤhete ſich ihme durch Vorzeigung ſei-
ner gehabten guten Verrichtung/ und des vielen
mitgebrachten Gelds einen Muth einzuſprechen/
muſte aber zur Antwort hoͤren/ daß dieſes alles vor
ihm eine ſchlechte Freude/ und kein zulaͤngliches Gut
waͤre/ die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut-
Schuld damit zu tilgen/ und was ſoll mir dieſes al-
les nuͤtzen/ ſprach er weiter: Nun der Tag heran
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Zitationshilfe: | Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/155>, abgerufen am 16.07.2024. |