Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.Qualitäten eines Kauffmanns-Dieners. ner derselben zu befleissigen/ wann ihm etwan seinHerr in wichtigen Handels-Geschäfften mit zu Rath ziehet/ oder daß solcher sonst einen zugelassenen heimlichen Verdienst hat/ der bloß von der Ver- schwiegenheit und dem Geheimniß dependiret/ dann sollte der Diener solchen ausplaudern und kund machen wollen/ so würde er seinem Herrn das Mes- ser an die Kehle setzen/ ihme sein Brod abschneiden/ und folglich mit Recht ein Haus- und straffwürdi- ger Brod-Dieb genennet werden können/ ja er wür- de/ wo nicht Galgens/ doch öffentlicher ignominieu- ser Straff würdig seyn/ wann er/ im Fall sein Herr ihme alles Gutes gethan/ und etwan in alle des ungetreuen Dieners übermässige Postulata und In- solentien nicht willigen wollte/ hingienge/ und das Lucrum, welches etwan sein Principal, justo Ti- tulo in dieser oder jener zugelassenen Sach gema- chet/ entdecken wollte/ welches wir nicht ohne Ur- sach dieses Orts exaggeriren/ weil man von der- gleichen Casibus in Terminis genugsame Exem- pel hat/ meines Erachtens aber dergleichen Treu- loß-handlende Diener/ die ihre sonst wohl um sie ver- diente Herren vorsetzlicher weiß/ solcher Gestalt ins Unglück zu stürtzen suchen/ mit derjenigen Straff sollten beleget werden/ zu welchem der großmüthige Römische Feld-Herr Camillus jenen Treu-losen Schulmeister der Stadt Faliscum, der Jhm der vornehmsten Burger Kinder ins Lager practiciret/ (in Hoffnung mit solcher Treulosigkeit eine grosse Recompens zu verdienen/) condemniret hat/ daß nemlich jeder Knab eine frische Ruthen in die Hand nehmen/ und damit ihren Ehr-vergessenen Schul-
Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner derſelben zu befleiſſigen/ wann ihm etwan ſeinHerꝛ in wichtigen Handels-Geſchaͤfften mit zu Rath ziehet/ oder daß ſolcher ſonſt einen zugelaſſenen heimlichen Verdienſt hat/ der bloß von der Ver- ſchwiegenheit und dem Geheimniß dependiret/ dann ſollte der Diener ſolchen ausplaudern und kund machen wollen/ ſo wuͤrde er ſeinem Herꝛn das Meſ- ſer an die Kehle ſetzen/ ihme ſein Brod abſchneiden/ und folglich mit Recht ein Haus- und ſtraffwuͤrdi- ger Brod-Dieb genennet werden koͤnnen/ ja er wuͤr- de/ wo nicht Galgens/ doch oͤffentlicher ignominieu- ſer Straff wuͤrdig ſeyn/ wann er/ im Fall ſein Herꝛ ihme alles Gutes gethan/ und etwan in alle des ungetreuen Dieners uͤbermaͤſſige Poſtulata und In- ſolentien nicht willigen wollte/ hingienge/ und das Lucrum, welches etwan ſein Principal, juſto Ti- tulo in dieſer oder jener zugelaſſenen Sach gema- chet/ entdecken wollte/ welches wir nicht ohne Ur- ſach dieſes Orts exaggeriren/ weil man von der- gleichen Caſibus in Terminis genugſame Exem- pel hat/ meines Erachtens aber dergleichen Treu- loß-handlende Diener/ die ihre ſonſt wohl um ſie ver- diente Herren vorſetzlicher weiß/ ſolcher Geſtalt ins Ungluͤck zu ſtuͤrtzen ſuchen/ mit derjenigen Straff ſollten beleget werden/ zu welchem der großmuͤthige Roͤmiſche Feld-Herꝛ Camillus jenen Treu-loſen Schulmeiſter der Stadt Faliſcum, der Jhm der vornehmſten Burger Kinder ins Lager practiciret/ (in Hoffnung mit ſolcher Treuloſigkeit eine groſſe Recompens zu verdienen/) condemniret hat/ daß nemlich jeder Knab eine friſche Ruthen in die Hand nehmen/ und damit ihren Ehr-vergeſſenen Schul-
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Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
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Herꝛ in wichtigen Handels-Geſchaͤfften mit zu Rath
ziehet/ oder daß ſolcher ſonſt einen zugelaſſenen
heimlichen Verdienſt hat/ der bloß von der Ver-
ſchwiegenheit und dem Geheimniß dependiret/
dann ſollte der Diener ſolchen ausplaudern und kund
machen wollen/ ſo wuͤrde er ſeinem Herꝛn das Meſ-
ſer an die Kehle ſetzen/ ihme ſein Brod abſchneiden/
und folglich mit Recht ein Haus- und ſtraffwuͤrdi-
ger Brod-Dieb genennet werden koͤnnen/ ja er wuͤr-
de/ wo nicht Galgens/ doch oͤffentlicher ignominieu-
ſer Straff wuͤrdig ſeyn/ wann er/ im Fall ſein Herꝛ
ihme alles Gutes gethan/ und etwan in alle des
ungetreuen Dieners uͤbermaͤſſige Poſtulata und In-
ſolentien nicht willigen wollte/ hingienge/ und das
Lucrum, welches etwan ſein Principal, juſto Ti-
tulo in dieſer oder jener zugelaſſenen Sach gema-
chet/ entdecken wollte/ welches wir nicht ohne Ur-
ſach dieſes Orts exaggeriren/ weil man von der-
gleichen Caſibus in Terminis genugſame Exem-
pel hat/ meines Erachtens aber dergleichen Treu-
loß-handlende Diener/ die ihre ſonſt wohl um ſie ver-
diente Herren vorſetzlicher weiß/ ſolcher Geſtalt ins
Ungluͤck zu ſtuͤrtzen ſuchen/ mit derjenigen Straff
ſollten beleget werden/ zu welchem der großmuͤthige
Roͤmiſche Feld-Herꝛ Camillus jenen Treu-loſen
Schulmeiſter der Stadt Faliſcum, der Jhm der
vornehmſten Burger Kinder ins Lager practiciret/
(in Hoffnung mit ſolcher Treuloſigkeit eine groſſe
Recompens zu verdienen/) condemniret hat/
daß nemlich jeder Knab eine friſche Ruthen in die
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Zitationshilfe: | Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/151>, abgerufen am 16.07.2024. |