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Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.

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der Kauffmannschafft/ etc.
um eines Groschen Willen/ Seel und Seeligkeit zu
Pfande gesetzet wird/ er bescheidet sich aber doch dabey/
daß solche Gelegenheit zu vermeyden stehe/ von dem der
GOtt fürchtet/ nun aber muß ja erwiesen werden/
daß unter so wol grossen als kleinen Kauff- und Han-
dels-Leuten/ niemand sey der GOtt fürchte/ es ist
gleichwohl mancher unter ihnen der seinen Nechsten
ehrlich entgegen gehet/ dabey des Gebets und der Kir-
chen abwartet/ Wittwen/ Wäysen und andern mise-
rablen
Personen gutes thut/ und solches vielleicht fleis-
siger als ein anderer der den Kauffleuten nichts gutes
zutrauet/ dann daß man indefinite spricht; es giebt
unbarmhertzige Regenten/ ungerechte Richter/ eigen-
nützige Beamten/ Gewissen-lose Advocaten, Ehr- und
Geld-geitzige Prediger/ verkehrte Gelehrten/ betrieg-
liche Handwercker/ ungetreue Bedienten/ böse
Weiber/ falsche Christen/ das hat seine geweißte We-
ge/ es kan sich niemand deshalben beschweren/ weil es
vitia personarum non status & artis seyn/ so bringt
es auch nicht der Stand/ sondern etlicher Leute Unart
mit sich; Wer aber so kühn seyn und sprechen wolte; sie
seynd es alle/ keinen ausgenommen/ der würde gewiß-
lich zu thun bekommen/ man würde ihm ablauffen las-
sen/ und sagen; du bist ein Lügner und die Wahrheit
ist nicht in dir.

Daß ferner Christus die Käuffer und Verkäuffer
aus dem Tempel getrieben/ ist nicht zu dem
Ende geschehen/ als ob Kauff-Handel/ an und vor sich
selbst Unrecht sey/ sondern weil desselben Exercitium
oder Ubung an solchen Ort und auf solche Art sich nicht
schicket/ er hat ärgerliche Kauffleute aus dem Tempel/
damit aber nicht alle Kauffleute aus seiner Kir-
chen vertrieben/ wie er dann in Kauff-Städten

gern
S s 3

der Kauffmannſchafft/ ꝛc.
um eines Groſchen Willen/ Seel und Seeligkeit zu
Pfande geſetzet wird/ er beſcheidet ſich aber doch dabey/
daß ſolche Gelegenheit zu vermeyden ſtehe/ von dem der
GOtt fuͤrchtet/ nun aber muß ja erwieſen werden/
daß unter ſo wol groſſen als kleinen Kauff- und Han-
dels-Leuten/ niemand ſey der GOtt fuͤrchte/ es iſt
gleichwohl mancher unter ihnen der ſeinen Nechſten
ehrlich entgegen gehet/ dabey des Gebets und der Kir-
chen abwartet/ Wittwen/ Waͤyſen und andern miſe-
rablen
Perſonen gutes thut/ und ſolches vielleicht fleiſ-
ſiger als ein anderer der den Kauffleuten nichts gutes
zutrauet/ dann daß man indefinitè ſpricht; es giebt
unbarmhertzige Regenten/ ungerechte Richter/ eigen-
nuͤtzige Beamten/ Gewiſſen-loſe Advocaten, Ehr- und
Geld-geitzige Prediger/ verkehrte Gelehrten/ betrieg-
liche Handwercker/ ungetreue Bedienten/ boͤſe
Weiber/ falſche Chriſten/ das hat ſeine geweißte We-
ge/ es kan ſich niemand deshalben beſchweren/ weil es
vitia perſonarum non ſtatus & artis ſeyn/ ſo bringt
es auch nicht der Stand/ ſondern etlicher Leute Unart
mit ſich; Wer aber ſo kuͤhn ſeyn und ſprechen wolte; ſie
ſeynd es alle/ keinen ausgenommen/ der wuͤrde gewiß-
lich zu thun bekommen/ man wuͤrde ihm ablauffen laſ-
ſen/ und ſagen; du biſt ein Luͤgner und die Wahrheit
iſt nicht in dir.

Daß ferner Chriſtus die Kaͤuffer und Verkaͤuffer
aus dem Tempel getrieben/ iſt nicht zu dem
Ende geſchehen/ als ob Kauff-Handel/ an und vor ſich
ſelbſt Unrecht ſey/ ſondern weil deſſelben Exercitium
oder Ubung an ſolchen Ort und auf ſolche Art ſich nicht
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chen vertrieben/ wie er dann in Kauff-Staͤdten

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[645/0661] der Kauffmannſchafft/ ꝛc. um eines Groſchen Willen/ Seel und Seeligkeit zu Pfande geſetzet wird/ er beſcheidet ſich aber doch dabey/ daß ſolche Gelegenheit zu vermeyden ſtehe/ von dem der GOtt fuͤrchtet/ nun aber muß ja erwieſen werden/ daß unter ſo wol groſſen als kleinen Kauff- und Han- dels-Leuten/ niemand ſey der GOtt fuͤrchte/ es iſt gleichwohl mancher unter ihnen der ſeinen Nechſten ehrlich entgegen gehet/ dabey des Gebets und der Kir- chen abwartet/ Wittwen/ Waͤyſen und andern miſe- rablen Perſonen gutes thut/ und ſolches vielleicht fleiſ- ſiger als ein anderer der den Kauffleuten nichts gutes zutrauet/ dann daß man indefinitè ſpricht; es giebt unbarmhertzige Regenten/ ungerechte Richter/ eigen- nuͤtzige Beamten/ Gewiſſen-loſe Advocaten, Ehr- und Geld-geitzige Prediger/ verkehrte Gelehrten/ betrieg- liche Handwercker/ ungetreue Bedienten/ boͤſe Weiber/ falſche Chriſten/ das hat ſeine geweißte We- ge/ es kan ſich niemand deshalben beſchweren/ weil es vitia perſonarum non ſtatus & artis ſeyn/ ſo bringt es auch nicht der Stand/ ſondern etlicher Leute Unart mit ſich; Wer aber ſo kuͤhn ſeyn und ſprechen wolte; ſie ſeynd es alle/ keinen ausgenommen/ der wuͤrde gewiß- lich zu thun bekommen/ man wuͤrde ihm ablauffen laſ- ſen/ und ſagen; du biſt ein Luͤgner und die Wahrheit iſt nicht in dir. Daß ferner Chriſtus die Kaͤuffer und Verkaͤuffer aus dem Tempel getrieben/ iſt nicht zu dem Ende geſchehen/ als ob Kauff-Handel/ an und vor ſich ſelbſt Unrecht ſey/ ſondern weil deſſelben Exercitium oder Ubung an ſolchen Ort und auf ſolche Art ſich nicht ſchicket/ er hat aͤrgerliche Kauffleute aus dem Tempel/ damit aber nicht alle Kauffleute aus ſeiner Kir- chen vertrieben/ wie er dann in Kauff-Staͤdten gern S s 3

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/661>, abgerufen am 22.11.2024.