Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I. Capitel
standene Römische Republic dergleichen Wechsler und Geld-Wu-
cherer sehr viel/ und zwar unter den vornehmsten Leuten unter sich
gehabt/ also warff dort der Marcus Antonius dem Octaviano Cae-
sari
gleichsam zur Schmach vor/ daß sein Groß-Vater an der Wech-
sel-Banck gesessen/ und Cassius wuste denselben gleichfalls nicht hö-
her zu verachten/ als daß er ihn eines Nummularii oder Wechslers
Sohn nennte/ dieweil/ wie Sigonius meldet/ die Wechsler auch ge-
meiniglich mit dem Wucher umbgiengen/ derohalben sie (als die/ so
sich auf eine unbillige Weise nehreten/ bey jedermann/ wie Cicero
in seinen Officiis von ihnen saget) veracht und verhaßt gewesen/ wie
denn auch der Wucher durch unterschiedliche Leges und Statuta,
welche Cornel. Tac. lib. 5. Annalium erzehlet/ verbothen war.
Bey denen Griechen hieß das Geld-Wechseln und Umbsetzen Colly-
bus,
welches Wort hernach auch die Römer von ihnen entlehnet/
wie dann Cicero in einer seiner Episteln an Atticum schreibet: Vide
quaeso, ne qua lacuna sit in auro, sed certe est in Collybo de-
trimentum,
das ist: Siehe zu/ daß an dem Geld kein Mangel sey/
dann es ist genug/ daß man am Wechsel muß Schaden leiden. Plau-
tus
gedencket der Römischen alten Wechsel-Bäncke: & quod ibi
sint, qui dant, quique recipiunt foenore,
daß daselbst Leute säs-
sen/ die auf Wucher gäben und nähmen/ man nennte sie aber dar-
umb die alte Wechsel-Bäncke/ weil sie von der Zeit des Tarquinii Pri-
sci
an/ auf dem Marckt zu Rom aufgerichtet gestanden. Das Geld/
so daselbst von denen Wechslern und Wucherern genommen worden/
nennet Cicero in einer andern Epistel ad Atticum Marck-Geld/
AEs circumforaneum, weil nehmlich noch zu seinen Zeiten die Wech-
sel-Bäncke/ wie von Alters her/ auf dem Marck gehalten worden.

Von den Römern ist solches Geld-Wechseln und Wuchern her-
nach immer weiter in Jtalien ausgebreitet/ und biß auf den heutigen
Tag an unterschiedlichen Orten sehr starck unterhalten worden. Und
obgleich das vormahlige Haupt der Welt/ nehmlich die Stadt Rom/
von denen Gothen zerstöret/ und hernach auch das übrige Jtalien
von ihnen und andern barbarischen Völckern sehr verwüstet worden;
so hat doch in den mittlern Zeiten das Financien-Wesen zur Zeit der
Guelffischen und Gibellinischen Faction aufs neue seinen Anwachs

und

Das I. Capitel
ſtandene Roͤmiſche Republic dergleichen Wechsler und Geld-Wu-
cherer ſehr viel/ und zwar unter den vornehmſten Leuten unter ſich
gehabt/ alſo warff dort der Marcus Antonius dem Octaviano Cæ-
ſari
gleichſam zur Schmach vor/ daß ſein Groß-Vater an der Wech-
ſel-Banck geſeſſen/ und Caſſius wuſte denſelben gleichfalls nicht hoͤ-
her zu verachten/ als daß er ihn eines Nummularii oder Wechslers
Sohn nennte/ dieweil/ wie Sigonius meldet/ die Wechsler auch ge-
meiniglich mit dem Wucher umbgiengen/ derohalben ſie (als die/ ſo
ſich auf eine unbillige Weiſe nehreten/ bey jedermann/ wie Cicero
in ſeinen Officiis von ihnen ſaget) veracht und verhaßt geweſen/ wie
denn auch der Wucher durch unterſchiedliche Leges und Statuta,
welche Cornel. Tac. lib. 5. Annalium erzehlet/ verbothen war.
Bey denen Griechen hieß das Geld-Wechſeln und Umbſetzen Colly-
bus,
welches Wort hernach auch die Roͤmer von ihnen entlehnet/
wie dann Cicero in einer ſeiner Epiſteln an Atticum ſchreibet: Vide
quæſo, ne qua lacuna ſit in auro, ſed certe eſt in Collybo de-
trimentum,
das iſt: Siehe zu/ daß an dem Geld kein Mangel ſey/
dann es iſt genug/ daß man am Wechſel muß Schaden leiden. Plau-
tus
gedencket der Roͤmiſchen alten Wechſel-Baͤncke: & quod ibi
ſint, qui dant, quique recipiunt foenore,
daß daſelbſt Leute ſaͤſ-
ſen/ die auf Wucher gaͤben und naͤhmen/ man nennte ſie aber dar-
umb die alte Wechſel-Baͤncke/ weil ſie von der Zeit des Tarquinii Pri-
ſci
an/ auf dem Marckt zu Rom aufgerichtet geſtanden. Das Geld/
ſo daſelbſt von denen Wechslern und Wucherern genommen worden/
nennet Cicero in einer andern Epiſtel ad Atticum Marck-Geld/
Æs circumforaneum, weil nehmlich noch zu ſeinen Zeiten die Wech-
ſel-Baͤncke/ wie von Alters her/ auf dem Marck gehalten worden.

Von den Roͤmern iſt ſolches Geld-Wechſeln und Wuchern her-
nach immer weiter in Jtalien ausgebreitet/ und biß auf den heutigen
Tag an unterſchiedlichen Orten ſehr ſtarck unterhalten worden. Und
obgleich das vormahlige Haupt der Welt/ nehmlich die Stadt Rom/
von denen Gothen zerſtoͤret/ und hernach auch das uͤbrige Jtalien
von ihnen und andern barbariſchen Voͤlckern ſehr verwuͤſtet worden;
ſo hat doch in den mittlern Zeiten das Financien-Weſen zur Zeit der
Guelffiſchen und Gibelliniſchen Faction aufs neue ſeinen Anwachs

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
&#x017F;tandene Ro&#x0364;mi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Republic</hi> dergleichen Wechsler und Geld-Wu-<lb/>
cherer &#x017F;ehr viel/ und zwar unter den vornehm&#x017F;ten Leuten unter &#x017F;ich<lb/>
gehabt/ al&#x017F;o warff dort der <hi rendition="#aq">Marcus Antonius</hi> dem <hi rendition="#aq">Octaviano Cæ-<lb/>
&#x017F;ari</hi> gleich&#x017F;am zur Schmach vor/ daß &#x017F;ein Groß-Vater an der Wech-<lb/>
&#x017F;el-Banck ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ und <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;&#x017F;ius</hi> wu&#x017F;te den&#x017F;elben gleichfalls nicht ho&#x0364;-<lb/>
her zu verachten/ als daß er ihn eines <hi rendition="#aq">Nummularii</hi> oder Wechslers<lb/>
Sohn nennte/ dieweil/ wie <hi rendition="#aq">Sigonius</hi> meldet/ die Wechsler auch ge-<lb/>
meiniglich mit dem Wucher umbgiengen/ derohalben &#x017F;ie (als die/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ich auf eine unbillige Wei&#x017F;e nehreten/ bey jedermann/ wie <hi rendition="#aq">Cicero</hi><lb/>
in &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Officiis</hi> von ihnen &#x017F;aget) veracht und verhaßt gewe&#x017F;en/ wie<lb/>
denn auch der Wucher durch unter&#x017F;chiedliche <hi rendition="#aq">Leges</hi> und <hi rendition="#aq">Statuta,</hi><lb/>
welche <hi rendition="#aq">Cornel. Tac. lib. 5. Annalium</hi> erzehlet/ verbothen war.<lb/>
Bey denen Griechen hieß das Geld-Wech&#x017F;eln und Umb&#x017F;etzen <hi rendition="#aq">Colly-<lb/>
bus,</hi> welches Wort hernach auch die Ro&#x0364;mer von ihnen entlehnet/<lb/>
wie dann <hi rendition="#aq">Cicero</hi> in einer &#x017F;einer Epi&#x017F;teln an <hi rendition="#aq">Atticum</hi> &#x017F;chreibet: <hi rendition="#aq">Vide<lb/>
quæ&#x017F;o, ne qua lacuna &#x017F;it in auro, &#x017F;ed certe e&#x017F;t in Collybo de-<lb/>
trimentum,</hi> das i&#x017F;t: Siehe zu/ daß an dem Geld kein Mangel &#x017F;ey/<lb/>
dann es i&#x017F;t genug/ daß man am Wech&#x017F;el muß Schaden leiden. <hi rendition="#aq">Plau-<lb/>
tus</hi> gedencket der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen alten Wech&#x017F;el-Ba&#x0364;ncke: <hi rendition="#aq">&amp; quod ibi<lb/>
&#x017F;int, qui dant, quique recipiunt foenore,</hi> daß da&#x017F;elb&#x017F;t Leute &#x017F;a&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ die auf Wucher ga&#x0364;ben und na&#x0364;hmen/ man nennte &#x017F;ie aber dar-<lb/>
umb die alte Wech&#x017F;el-Ba&#x0364;ncke/ weil &#x017F;ie von der Zeit des <hi rendition="#aq">Tarquinii Pri-<lb/>
&#x017F;ci</hi> an/ auf dem Marckt zu Rom aufgerichtet ge&#x017F;tanden. Das Geld/<lb/>
&#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t von denen Wechslern und Wucherern genommen worden/<lb/>
nennet <hi rendition="#aq">Cicero</hi> in einer andern Epi&#x017F;tel <hi rendition="#aq">ad Atticum</hi> Marck-Geld/<lb/><hi rendition="#aq">Æs circumforaneum,</hi> weil nehmlich noch zu &#x017F;einen Zeiten die Wech-<lb/>
&#x017F;el-Ba&#x0364;ncke/ wie von Alters her/ auf dem Marck gehalten worden.</p><lb/>
        <p>Von den Ro&#x0364;mern i&#x017F;t &#x017F;olches Geld-Wech&#x017F;eln und Wuchern her-<lb/>
nach immer weiter in Jtalien ausgebreitet/ und biß auf den heutigen<lb/>
Tag an unter&#x017F;chiedlichen Orten &#x017F;ehr &#x017F;tarck unterhalten worden. Und<lb/>
obgleich das vormahlige Haupt der Welt/ nehmlich die Stadt Rom/<lb/>
von denen Gothen zer&#x017F;to&#x0364;ret/ und hernach auch das u&#x0364;brige Jtalien<lb/>
von ihnen und andern barbari&#x017F;chen Vo&#x0364;lckern &#x017F;ehr verwu&#x0364;&#x017F;tet worden;<lb/>
&#x017F;o hat doch in den mittlern Zeiten das <hi rendition="#aq">Financien-</hi>We&#x017F;en zur Zeit der<lb/><hi rendition="#aq">Guelff</hi>i&#x017F;chen und <hi rendition="#aq">Gibellin</hi>i&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Faction</hi> aufs neue &#x017F;einen Anwachs<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0024] Das I. Capitel ſtandene Roͤmiſche Republic dergleichen Wechsler und Geld-Wu- cherer ſehr viel/ und zwar unter den vornehmſten Leuten unter ſich gehabt/ alſo warff dort der Marcus Antonius dem Octaviano Cæ- ſari gleichſam zur Schmach vor/ daß ſein Groß-Vater an der Wech- ſel-Banck geſeſſen/ und Caſſius wuſte denſelben gleichfalls nicht hoͤ- her zu verachten/ als daß er ihn eines Nummularii oder Wechslers Sohn nennte/ dieweil/ wie Sigonius meldet/ die Wechsler auch ge- meiniglich mit dem Wucher umbgiengen/ derohalben ſie (als die/ ſo ſich auf eine unbillige Weiſe nehreten/ bey jedermann/ wie Cicero in ſeinen Officiis von ihnen ſaget) veracht und verhaßt geweſen/ wie denn auch der Wucher durch unterſchiedliche Leges und Statuta, welche Cornel. Tac. lib. 5. Annalium erzehlet/ verbothen war. Bey denen Griechen hieß das Geld-Wechſeln und Umbſetzen Colly- bus, welches Wort hernach auch die Roͤmer von ihnen entlehnet/ wie dann Cicero in einer ſeiner Epiſteln an Atticum ſchreibet: Vide quæſo, ne qua lacuna ſit in auro, ſed certe eſt in Collybo de- trimentum, das iſt: Siehe zu/ daß an dem Geld kein Mangel ſey/ dann es iſt genug/ daß man am Wechſel muß Schaden leiden. Plau- tus gedencket der Roͤmiſchen alten Wechſel-Baͤncke: & quod ibi ſint, qui dant, quique recipiunt foenore, daß daſelbſt Leute ſaͤſ- ſen/ die auf Wucher gaͤben und naͤhmen/ man nennte ſie aber dar- umb die alte Wechſel-Baͤncke/ weil ſie von der Zeit des Tarquinii Pri- ſci an/ auf dem Marckt zu Rom aufgerichtet geſtanden. Das Geld/ ſo daſelbſt von denen Wechslern und Wucherern genommen worden/ nennet Cicero in einer andern Epiſtel ad Atticum Marck-Geld/ Æs circumforaneum, weil nehmlich noch zu ſeinen Zeiten die Wech- ſel-Baͤncke/ wie von Alters her/ auf dem Marck gehalten worden. Von den Roͤmern iſt ſolches Geld-Wechſeln und Wuchern her- nach immer weiter in Jtalien ausgebreitet/ und biß auf den heutigen Tag an unterſchiedlichen Orten ſehr ſtarck unterhalten worden. Und obgleich das vormahlige Haupt der Welt/ nehmlich die Stadt Rom/ von denen Gothen zerſtoͤret/ und hernach auch das uͤbrige Jtalien von ihnen und andern barbariſchen Voͤlckern ſehr verwuͤſtet worden; ſo hat doch in den mittlern Zeiten das Financien-Weſen zur Zeit der Guelffiſchen und Gibelliniſchen Faction aufs neue ſeinen Anwachs und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/24
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/24>, abgerufen am 21.11.2024.