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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Andere Buch.
Tritt auff und löst den mund: Es liessen sich gefallen
Die Götter/ daß man mich für andern Griechen allen
Zum altar widmete: Sie stimmten ihm stracks bey/
Und was selbst jedem bracht ins hertze furcht und scheu/
Das schoben sie auff mich allein; Ich solte sterben:
Es kam der böse tag herbey/ da das verderben
Mir zugerichtet war: Da war schon bey der hand
Das opffer zeug/ saltz/ korn und priesterlich gewand:
Man bande mir ümbs haubt gebräuchlich eine binde/
Das leben war mir lieb: Ich risse mich geschwinde
(Die warheit zugestehn) aus eusserster gefahr/
Des todes/ da mirs nur zu thun umbs leben war.
Ich war von banden loß/ must aber für die Griechen
Bey nacht in röhricht mich und tieffen schlamm verkriechen/
So lange bis sie sich begaben auff das meer/
Und ich zwar so entging der tödtlichen beschwer.
Jedennoch muß ich nun der hoffnung seyn beraubet/
Daß mir mein vaterland zu sehen nicht erlaubet
Von strengen Göttern ist. Mein vater lebet noch
Und meine Kinderlein/ und kan zu ihnen doch
Nicht kommen wiederum; wer weiß/ wornach nun trachtet
Der grimme feind/ ob er nicht meine kinder schlachtet
Und schleppt den vater bey den grauen haaren hin
Zum blutigen altar/ weil ich entlauffen bin/
Und die gemeine schuld durch armer blut vergiessen
Bey ihrer Götter schaar so dencken aus zubüssen.
Derhalben bitt ich dich bey dem gerechten Gott/
Der umb die warheit weiß und straffet hohn und spott/
Ich
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Das Andere Buch.
Tritt auff und loͤſt den mund: Es lieſſen ſich gefallen
Die Goͤtter/ daß man mich fuͤr andern Griechen allen
Zum altar widmete: Sie ſtimmten ihm ſtracks bey/
Und was ſelbſt jedem bracht ins hertze furcht und ſcheu/
Das ſchoben ſie auff mich allein; Ich ſolte ſterben:
Es kam der boͤſe tag herbey/ da das verderben
Mir zugerichtet war: Da war ſchon bey der hand
Das opffer zeug/ ſaltz/ korn und prieſterlich gewand:
Man bande mir uͤmbs haubt gebraͤuchlich eine binde/
Das leben war mir lieb: Ich riſſe mich geſchwinde
(Die warheit zugeſtehn) aus euſſerſter gefahr/
Des todes/ da mirs nur zu thun umbs leben war.
Ich war von banden loß/ muſt aber fuͤr die Griechen
Bey nacht in roͤhricht mich und tieffen ſchlam̃ verkriechẽ/
So lange bis ſie ſich begaben auff das meer/
Und ich zwar ſo entging der toͤdtlichen beſchwer.
Jedennoch muß ich nun der hoffnung ſeyn beraubet/
Daß mir mein vaterland zu ſehen nicht erlaubet
Von ſtrengen Goͤttern iſt. Mein vater lebet noch
Und meine Kinderlein/ und kan zu ihnen doch
Nicht kom̃en wiedeꝛum; wer weiß/ woꝛnach nun tꝛachtet
Der grimme feind/ ob er nicht meine kinder ſchlachtet
Und ſchleppt den vater bey den grauen haaren hin
Zum blutigen altar/ weil ich entlauffen bin/
Und die gemeine ſchuld durch armer blut vergieſſen
Bey ihrer Goͤtter ſchaar ſo dencken aus zubuͤſſen.
Derhalben bitt ich dich bey dem gerechten Gott/
Der umb die warheit weiß und ſtraffet hohn und ſpott/
Ich
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[56[65]/0087] Das Andere Buch. Tritt auff und loͤſt den mund: Es lieſſen ſich gefallen Die Goͤtter/ daß man mich fuͤr andern Griechen allen Zum altar widmete: Sie ſtimmten ihm ſtracks bey/ Und was ſelbſt jedem bracht ins hertze furcht und ſcheu/ Das ſchoben ſie auff mich allein; Ich ſolte ſterben: Es kam der boͤſe tag herbey/ da das verderben Mir zugerichtet war: Da war ſchon bey der hand Das opffer zeug/ ſaltz/ korn und prieſterlich gewand: Man bande mir uͤmbs haubt gebraͤuchlich eine binde/ Das leben war mir lieb: Ich riſſe mich geſchwinde (Die warheit zugeſtehn) aus euſſerſter gefahr/ Des todes/ da mirs nur zu thun umbs leben war. Ich war von banden loß/ muſt aber fuͤr die Griechen Bey nacht in roͤhricht mich und tieffen ſchlam̃ verkriechẽ/ So lange bis ſie ſich begaben auff das meer/ Und ich zwar ſo entging der toͤdtlichen beſchwer. Jedennoch muß ich nun der hoffnung ſeyn beraubet/ Daß mir mein vaterland zu ſehen nicht erlaubet Von ſtrengen Goͤttern iſt. Mein vater lebet noch Und meine Kinderlein/ und kan zu ihnen doch Nicht kom̃en wiedeꝛum; wer weiß/ woꝛnach nun tꝛachtet Der grimme feind/ ob er nicht meine kinder ſchlachtet Und ſchleppt den vater bey den grauen haaren hin Zum blutigen altar/ weil ich entlauffen bin/ Und die gemeine ſchuld durch armer blut vergieſſen Bey ihrer Goͤtter ſchaar ſo dencken aus zubuͤſſen. Derhalben bitt ich dich bey dem gerechten Gott/ Der umb die warheit weiß und ſtraffet hohn und ſpott/ Ich E

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 56[65]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/87>, abgerufen am 25.11.2024.