Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Erste Buch.
Die mutter Leda hat ihr aber diese sachen
Geschencket/ die sie schön und künstlich kunte machen/
Daß einen wunder nam: Ein scepter/ perlenband
Und krone war dabey versetzt mit allerhand
Gesteine kostbarlich. Die sachen trug für weilen
Die tochter Priami: Achates wil mit eilen
Verrichten daß geschäfft; Zeucht nach den schiffen hin.
Die Venus aber spunn in ihrem schlauen sinn
Ein neues fündelein mit unerhörten tücken/
Damit sie möchte nur die königin berücken.
Sie lässet ihrem sohn den kleinen bösewicht
Verendern die gestalt/ habit und angesicht/
Daß er Ascan sieht gleich/ uud käme hin gegangen
Damit die königin die flamme könte fangen
Durch seine schmeicheley und schöner gaben pracht/
Da sie ohn das empfund die starcke liebesmacht.
Diß aber wars/ warumb die Venus hierauff sanne/
Weil sie wol wuste/ daß ihr dieses volck nichts ganne:
Derhalben trägt sie sorg und scheu für diß geschlecht/
Als dem sie nimmermehr vertrauen kunte richt.
Wie auch die Tyrier es nicht gut mit ihr meinen/
Die immer gegen sie zweyzüng- und listig scheinen:
Am meisten kräncket sie der Juno bittrer neid/
Der ihr kömmt immer für des nachts mit sorg und leid
Derhalben spricht sie an den Amor: Lieber knabe/
Mein vielgeliebter sohn/ an dem ich alles habe
Was ich vermag und bin: Du meine krafft allein/
Der du in gleichen kanst mein ruhm und stärcke seyn:
Der
Das Erſte Buch.
Die mutter Leda hat ihr aber dieſe ſachen
Geſchencket/ die ſie ſchoͤn und kuͤnſtlich kunte machen/
Daß einen wunder nam: Ein ſcepter/ perlenband
Und krone war dabey verſetzt mit allerhand
Geſteine koſtbarlich. Die ſachen trug fuͤr weilen
Die tochter Priami: Achates wil mit eilen
Verrichten daß geſchaͤfft; Zeucht nach den ſchiffen hin.
Die Venus aber ſpunn in ihrem ſchlauen ſinn
Ein neues fuͤndelein mit unerhoͤrten tuͤcken/
Damit ſie moͤchte nur die koͤnigin beruͤcken.
Sie laͤſſet ihrem ſohn den kleinen boͤſewicht
Verendern die geſtalt/ habit und angeſicht/
Daß er Aſcan ſieht gleich/ uud kaͤme hin gegangen
Damit die koͤnigin die flamme koͤnte fangen
Durch ſeine ſchmeicheley und ſchoͤner gaben pracht/
Da ſie ohn das empfund die ſtarcke liebesmacht.
Diß aber wars/ warumb die Venus hierauff ſanne/
Weil ſie wol wuſte/ daß ihr dieſes volck nichts ganne:
Derhalben traͤgt ſie ſorg und ſcheu fuͤr diß geſchlecht/
Als dem ſie nimmermehr vertrauen kunte richt.
Wie auch die Tyrier es nicht gut mit ihr meinen/
Die immer gegen ſie zweyzuͤng- und liſtig ſcheinen:
Am meiſten kraͤncket ſie der Juno bittrer neid/
Der ihr koͤmmt immer fuͤr des nachts mit ſorg und leid
Derhalben ſpricht ſie an den Amor: Lieber knabe/
Mein vielgeliebter ſohn/ an dem ich alles habe
Was ich vermag und bin: Du meine krafft allein/
Der du in gleichen kanſt mein ruhm und ſtaͤrcke ſeyn:
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0070" n="48"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Er&#x017F;te Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Die mutter Leda hat ihr aber die&#x017F;e &#x017F;achen</l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;chencket/ die &#x017F;ie &#x017F;cho&#x0364;n und ku&#x0364;n&#x017F;tlich kunte machen/</l><lb/>
          <l>Daß einen wunder nam: Ein &#x017F;cepter/ perlenband</l><lb/>
          <l>Und krone war dabey ver&#x017F;etzt mit allerhand</l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;teine ko&#x017F;tbarlich. Die &#x017F;achen trug fu&#x0364;r weilen</l><lb/>
          <l>Die tochter Priami: Achates wil mit eilen</l><lb/>
          <l>Verrichten daß ge&#x017F;cha&#x0364;fft; Zeucht nach den &#x017F;chiffen hin.</l><lb/>
          <l>Die Venus aber &#x017F;punn in ihrem &#x017F;chlauen &#x017F;inn</l><lb/>
          <l>Ein neues fu&#x0364;ndelein mit unerho&#x0364;rten tu&#x0364;cken/</l><lb/>
          <l>Damit &#x017F;ie mo&#x0364;chte nur die ko&#x0364;nigin beru&#x0364;cken.</l><lb/>
          <l>Sie la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et ihrem &#x017F;ohn den kleinen bo&#x0364;&#x017F;ewicht</l><lb/>
          <l>Verendern die ge&#x017F;talt/ habit und ange&#x017F;icht/</l><lb/>
          <l>Daß er A&#x017F;can &#x017F;ieht gleich/ uud ka&#x0364;me hin gegangen</l><lb/>
          <l>Damit die ko&#x0364;nigin die flamme ko&#x0364;nte fangen</l><lb/>
          <l>Durch &#x017F;eine &#x017F;chmeicheley und &#x017F;cho&#x0364;ner gaben pracht/</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ie ohn das empfund die &#x017F;tarcke liebesmacht.</l><lb/>
          <l>Diß aber wars/ warumb die Venus hierauff &#x017F;anne/</l><lb/>
          <l>Weil &#x017F;ie wol wu&#x017F;te/ daß ihr die&#x017F;es volck nichts ganne:</l><lb/>
          <l>Derhalben tra&#x0364;gt &#x017F;ie &#x017F;org und &#x017F;cheu fu&#x0364;r diß ge&#x017F;chlecht/</l><lb/>
          <l>Als dem &#x017F;ie nimmermehr vertrauen kunte richt.</l><lb/>
          <l>Wie auch die Tyrier es nicht gut mit ihr meinen/</l><lb/>
          <l>Die immer gegen &#x017F;ie zweyzu&#x0364;ng- und li&#x017F;tig &#x017F;cheinen:</l><lb/>
          <l>Am mei&#x017F;ten kra&#x0364;ncket &#x017F;ie der Juno bittrer neid/</l><lb/>
          <l>Der ihr ko&#x0364;mmt immer fu&#x0364;r des nachts mit &#x017F;org und leid</l><lb/>
          <l>Derhalben &#x017F;pricht &#x017F;ie an den Amor: Lieber knabe/</l><lb/>
          <l>Mein vielgeliebter &#x017F;ohn/ an dem ich alles habe</l><lb/>
          <l>Was ich vermag und bin: Du meine krafft allein/</l><lb/>
          <l>Der du in gleichen kan&#x017F;t mein ruhm und &#x017F;ta&#x0364;rcke &#x017F;eyn:</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0070] Das Erſte Buch. Die mutter Leda hat ihr aber dieſe ſachen Geſchencket/ die ſie ſchoͤn und kuͤnſtlich kunte machen/ Daß einen wunder nam: Ein ſcepter/ perlenband Und krone war dabey verſetzt mit allerhand Geſteine koſtbarlich. Die ſachen trug fuͤr weilen Die tochter Priami: Achates wil mit eilen Verrichten daß geſchaͤfft; Zeucht nach den ſchiffen hin. Die Venus aber ſpunn in ihrem ſchlauen ſinn Ein neues fuͤndelein mit unerhoͤrten tuͤcken/ Damit ſie moͤchte nur die koͤnigin beruͤcken. Sie laͤſſet ihrem ſohn den kleinen boͤſewicht Verendern die geſtalt/ habit und angeſicht/ Daß er Aſcan ſieht gleich/ uud kaͤme hin gegangen Damit die koͤnigin die flamme koͤnte fangen Durch ſeine ſchmeicheley und ſchoͤner gaben pracht/ Da ſie ohn das empfund die ſtarcke liebesmacht. Diß aber wars/ warumb die Venus hierauff ſanne/ Weil ſie wol wuſte/ daß ihr dieſes volck nichts ganne: Derhalben traͤgt ſie ſorg und ſcheu fuͤr diß geſchlecht/ Als dem ſie nimmermehr vertrauen kunte richt. Wie auch die Tyrier es nicht gut mit ihr meinen/ Die immer gegen ſie zweyzuͤng- und liſtig ſcheinen: Am meiſten kraͤncket ſie der Juno bittrer neid/ Der ihr koͤmmt immer fuͤr des nachts mit ſorg und leid Derhalben ſpricht ſie an den Amor: Lieber knabe/ Mein vielgeliebter ſohn/ an dem ich alles habe Was ich vermag und bin: Du meine krafft allein/ Der du in gleichen kanſt mein ruhm und ſtaͤrcke ſeyn: Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/70
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/70>, abgerufen am 24.11.2024.