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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Zehende Buch.
Der ich dich hab gezeugt? soll ich dein vater leben
Erlöst von deiner wund/ und du den geist auffgeben?
Nun (leider!) wird die flucht mich hochbetrübten mann/
Wenn ich verjagt muß seyn/ beschwerlich kommen an!
Die wund ist allzutieff und gehet schwer zu hertzen/
Und kan dieselbige so leichtlich nicht verschmertzen/
Ja deinen namen hab ich auch/ o sohn/ befleckt/
In dem ich mir den neid durch böses thun erweckt/
Der ich verstossen bin von meines vaters throne/
Und mir von meinem haupt genommen ist die krone;
Mein volck und vaterland/ dem ich verhasset bin
Durch meine schuld/ hat mich zur straffe sollen ziehn.
Ich hätte sonder scheu des todes leib und leben
In allerley gefahr/ als schuldig/ sollen geben:
Nun aber leb ich noch/ und kan gleichwol noch nicht
Verlassen diese welt/ die menschen/ und das licht;
Doch will ich sterben nur. Hiemit wolt er nicht länger
So ligen/ und sich selbst durch schwermnht machen bänger:
Da richtet er sich auff/ wiewol das krancke bein
Und tieffer wunden schmertz ihn nicht ließ gehn herein;
Doch war er unverzagt/ und hieß sein roß herführen;
Das war sein zieraht noch/ an selbten kunt er spüren
Und schöpffen seinen trost. Es stund ihm ohne scheu
In allem streit und schlacht als tapffrem sieger bey.
Als er dasselbe nun sich traurig sahe tragen/
Hub ers an solcher weiß zu trösten und zu sagen;
Wir haben/ rhaebe/ lang gelebet (wo die welt
Noch anders etwas lang in ihrem kreyse hält)
Entwe-
Das Zehende Buch.
Der ich dich hab gezeugt? ſoll ich dein vater leben
Erloͤſt von deiner wund/ und du den geiſt auffgeben?
Nun (leider!) wird die flucht mich hochbetruͤbten mañ/
Wenn ich verjagt muß ſeyn/ beſchwerlich kommen an!
Die wund iſt allzutieff und gehet ſchwer zu hertzen/
Und kan dieſelbige ſo leichtlich nicht verſchmertzen/
Ja deinen namen hab ich auch/ o ſohn/ befleckt/
In dem ich mir den neid durch boͤſes thun erweckt/
Der ich verſtoſſen bin von meines vaters throne/
Und mir von meinem haupt genommen iſt die krone;
Mein volck und vaterland/ dem ich verhaſſet bin
Durch meine ſchuld/ hat mich zur ſtraffe ſollen ziehn.
Ich haͤtte ſonder ſcheu des todes leib und leben
In allerley gefahr/ als ſchuldig/ ſollen geben:
Nun aber leb ich noch/ und kan gleichwol noch nicht
Verlaſſen dieſe welt/ die menſchen/ und das licht;
Doch will ich ſterben nur. Hiemit wolt er nicht laͤnger
So ligẽ/ uñ ſich ſelbſt durch ſchwermnht machen baͤnger:
Da richtet er ſich auff/ wiewol das krancke bein
Und tieffer wunden ſchmertz ihn nicht ließ gehn herein;
Doch war er unverzagt/ und hieß ſein roß herfuͤhren;
Das war ſein zieraht noch/ an ſelbten kunt er ſpuͤren
Und ſchoͤpffen ſeinen troſt. Es ſtund ihm ohne ſcheu
In allem ſtreit und ſchlacht als tapffrem ſieger bey.
Als er daſſelbe nun ſich traurig ſahe tragen/
Hub ers an ſolcher weiß zu troͤſten und zu ſagen;
Wir haben/ rhæbe/ lang gelebet (wo die welt
Noch anders etwas lang in ihrem kreyſe haͤlt)
Entwe-
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[530/0552] Das Zehende Buch. Der ich dich hab gezeugt? ſoll ich dein vater leben Erloͤſt von deiner wund/ und du den geiſt auffgeben? Nun (leider!) wird die flucht mich hochbetruͤbten mañ/ Wenn ich verjagt muß ſeyn/ beſchwerlich kommen an! Die wund iſt allzutieff und gehet ſchwer zu hertzen/ Und kan dieſelbige ſo leichtlich nicht verſchmertzen/ Ja deinen namen hab ich auch/ o ſohn/ befleckt/ In dem ich mir den neid durch boͤſes thun erweckt/ Der ich verſtoſſen bin von meines vaters throne/ Und mir von meinem haupt genommen iſt die krone; Mein volck und vaterland/ dem ich verhaſſet bin Durch meine ſchuld/ hat mich zur ſtraffe ſollen ziehn. Ich haͤtte ſonder ſcheu des todes leib und leben In allerley gefahr/ als ſchuldig/ ſollen geben: Nun aber leb ich noch/ und kan gleichwol noch nicht Verlaſſen dieſe welt/ die menſchen/ und das licht; Doch will ich ſterben nur. Hiemit wolt er nicht laͤnger So ligẽ/ uñ ſich ſelbſt durch ſchwermnht machen baͤnger: Da richtet er ſich auff/ wiewol das krancke bein Und tieffer wunden ſchmertz ihn nicht ließ gehn herein; Doch war er unverzagt/ und hieß ſein roß herfuͤhren; Das war ſein zieraht noch/ an ſelbten kunt er ſpuͤren Und ſchoͤpffen ſeinen troſt. Es ſtund ihm ohne ſcheu In allem ſtreit und ſchlacht als tapffrem ſieger bey. Als er daſſelbe nun ſich traurig ſahe tragen/ Hub ers an ſolcher weiß zu troͤſten und zu ſagen; Wir haben/ rhæbe/ lang gelebet (wo die welt Noch anders etwas lang in ihrem kreyſe haͤlt) Entwe-

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/552>, abgerufen am 22.11.2024.