Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zehende Buch. Beynah der reichste fürst in dem Latiner lande/Regierete die stadt/ die noch trägt ihre schande/ Weil sie der feind gewann/ da sie so stille saß/ Und ihres eignen heils so liederlich vergaß. Denn als zum öfftern man von feindes ankunfft sagte/ Und gleichwol sich der feind zu kommen an nicht wagte/ Da that man scharff verbot/ nicht mehr zu thun bericht/ Es möchte kommen an des feinds heer oder nicht. Als sie nun schwiegen still und gar zu sicher waren/ Da kam der feind mit sturm gantz unversehns gefahren. Da kompt das sprichwort her: das stille schweigen hat Verderbet und geschleifft Amyclens grosse stadt: Gleich wie Egeon war der ungeheure riese Der (wie man giebet vor) aus funfftzig hälsen bliese Und so viel brüsten auch/ viel feuer rauch und dampff; Als er mit so viel schild- und schwerdtrn botte kampff Dem grossen Jupiter/ und wider ihn sich machte Wenn er von himmel plitzt und mit dem donner krachte Gleich also wütete Eneas auff dem Plan/ Und siegte manchem held mit grossem eyffer an. (worden So bald ihm nur das schwerdt war einmahl warm ge. Da fuhr er zornig fort mit würgen und mit morden/ Ja gieng Niphaeo auch/ der anff ihn war gericht Und mit vier rossen fuhr/ recht unters angesicht. Als nun die pferde sahn vom weiten ihn herschreiten/ Und hörten wie er braust aus eifferssucht zu streiten/ Da lieffen sie zurück und warffen ungestüm Für grosser furcht und scheu den mann und wagen üm/ Und
Das Zehende Buch. Beynah der reichſte fuͤrſt in dem Latiner lande/Regierete die ſtadt/ die noch traͤgt ihre ſchande/ Weil ſie der feind gewann/ da ſie ſo ſtille ſaß/ Und ihres eignen heils ſo liederlich vergaß. Denn als zum oͤfftern man von feindes ankunfft ſagte/ Und gleichwol ſich der feind zu kommen an nicht wagte/ Da that man ſcharff verbot/ nicht mehr zu thun bericht/ Es moͤchte kommen an des feinds heer oder nicht. Als ſie nun ſchwiegen ſtill und gar zu ſicher waren/ Da kam der feind mit ſturm gantz unverſehns gefahren. Da kompt das ſprichwort her: das ſtille ſchweigen hat Verderbet und geſchleifft Amyclens groſſe ſtadt: Gleich wie Egeon war der ungeheure rieſe Der (wie man giebet vor) aus funfftzig haͤlſen blieſe Und ſo viel bruͤſten auch/ viel feuer rauch und dampff; Als er mit ſo viel ſchild- und ſchwerdtrn botte kampff Dem groſſen Jupiter/ und wider ihn ſich machte Wenn er von himmel plitzt und mit dem donner krachte Gleich alſo wuͤtete Eneas auff dem Plan/ Und ſiegte manchem held mit groſſem eyffer an. (worden So bald ihm nur das ſchwerdt war einmahl warm ge. Da fuhr er zornig fort mit wuͤrgen und mit morden/ Ja gieng Niphæo auch/ der anff ihn war gericht Und mit vier roſſen fuhr/ recht unters angeſicht. Als nun die pferde ſahn vom weiten ihn herſchreiten/ Und hoͤrten wie er brauſt aus eiffersſucht zu ſtreiten/ Da lieffen ſie zuruͤck und warffen ungeſtuͤm Fuͤr groſſer furcht und ſcheu den mann und wagen uͤm/ Und
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Das Zehende Buch.
Beynah der reichſte fuͤrſt in dem Latiner lande/
Regierete die ſtadt/ die noch traͤgt ihre ſchande/
Weil ſie der feind gewann/ da ſie ſo ſtille ſaß/
Und ihres eignen heils ſo liederlich vergaß.
Denn als zum oͤfftern man von feindes ankunfft ſagte/
Und gleichwol ſich der feind zu kommen an nicht wagte/
Da that man ſcharff verbot/ nicht mehr zu thun bericht/
Es moͤchte kommen an des feinds heer oder nicht.
Als ſie nun ſchwiegen ſtill und gar zu ſicher waren/
Da kam der feind mit ſturm gantz unverſehns gefahren.
Da kompt das ſprichwort her: das ſtille ſchweigen hat
Verderbet und geſchleifft Amyclens groſſe ſtadt:
Gleich wie Egeon war der ungeheure rieſe
Der (wie man giebet vor) aus funfftzig haͤlſen blieſe
Und ſo viel bruͤſten auch/ viel feuer rauch und dampff;
Als er mit ſo viel ſchild- und ſchwerdtrn botte kampff
Dem groſſen Jupiter/ und wider ihn ſich machte
Wenn er von himmel plitzt und mit dem donner krachte
Gleich alſo wuͤtete Eneas auff dem Plan/
Und ſiegte manchem held mit groſſem eyffer an. (worden
So bald ihm nur das ſchwerdt war einmahl warm ge.
Da fuhr er zornig fort mit wuͤrgen und mit morden/
Ja gieng Niphæo auch/ der anff ihn war gericht
Und mit vier roſſen fuhr/ recht unters angeſicht.
Als nun die pferde ſahn vom weiten ihn herſchreiten/
Und hoͤrten wie er brauſt aus eiffersſucht zu ſtreiten/
Da lieffen ſie zuruͤck und warffen ungeſtuͤm
Fuͤr groſſer furcht und ſcheu den mann und wagen uͤm/
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/532>, abgerufen am 16.02.2025. |