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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Zehende Buch.
Hat ein Mensch daran schuld? Das kan ja kejner reden:
Wer hat Latinum ihn bezwungen zu befehden:
Ja/ sagt man/ wenn man sol auff das verhängnüß sehn/
Ist er gezogen doch ins land Italien/
Auff göttlichen bescheid. Dem sey so! durch das rasen
Cassandrae haben das die götter zugelassen:
Cassandra hat sein hertz gereitzt durch prophecey/
Wie nemblich Welschland ihm zum sitzt verordnet sey'
Wer hat ihn angereitz von seinem heer zu ziehen/
Wer hat ihn angemahnt auff schiffen weg zu fliehen
Und trauen sich den wind? Wer hat ihn angeregt/
Daß er die kriegeslast auff einen knaben legt:
Solt er die feste stadt und mauren einem knaben/
Wie printz Jülus ist/ so leicht vertrauet haben?
Wer hat geheissen ihn mit den Tuscaneren
Zu halten überein und bündnß einzugehn.
Ja völcker wiegeln auff/ die still und ruhig sassen?
Was für ein Gott hat ihn geführet schlimmer massen
In ungelegenheit? Was für gestrenge macht
Hat ihn an unserm theil in solche noth gebracht?
Was hat doch Juno schuld? Was Iris die vom himmel
Geschicket worden ab ohn einigen getummel:
Ists deine meinung noch gantz wider billigkeit
Wenn sich das Welsche volck macht auff zum krieg und
Das neue Troja/ das sie nicht wol leiden können (streit
Zutilgen mit den schwerd/ mit feuer zuverbrennen:
Ist dir das wider recht/ wenn Turnus seinen stand
Behaupten wil/ und kämpfft getrost fürs vaterland?
Ist
Das Zehende Buch.
Hat ein Menſch daran ſchuld? Das kan ja kejner reden:
Wer hat Latinum ihn bezwungen zu befehden:
Ja/ ſagt man/ wenn man ſol auff das verhaͤngnuͤß ſehn/
Iſt er gezogen doch ins land Italien/
Auff goͤttlichen beſcheid. Dem ſey ſo! durch das raſen
Caſſandræ haben das die goͤtter zugelaſſen:
Caſſandra hat ſein hertz gereitzt durch prophecey/
Wie nemblich Welſchland ihm zum ſitzt verordnet ſey’
Wer hat ihn angereitz von ſeinem heer zu ziehen/
Wer hat ihn angemahnt auff ſchiffen weg zu fliehen
Und trauen ſich den wind? Wer hat ihn angeregt/
Daß er die kriegeslaſt auff einen knaben legt:
Solt er die feſte ſtadt und mauren einem knaben/
Wie printz Juͤlus iſt/ ſo leicht vertrauet haben?
Wer hat geheiſſen ihn mit den Tuſcaneren
Zu halten uͤberein und buͤndnß einzugehn.
Ja voͤlcker wiegeln auff/ die ſtill und ruhig ſaſſen?
Was fuͤr ein Gott hat ihn gefuͤhret ſchlimmer maſſen
In ungelegenheit? Was fuͤr geſtrenge macht
Hat ihn an unſerm theil in ſolche noth gebracht?
Was hat doch Juno ſchuld? Was Iris die vom himmel
Geſchicket worden ab ohn einigen getummel:
Iſts deine meinung noch gantz wider billigkeit
Wenn ſich das Welſche volck macht auff zum krieg und
Das neue Troja/ das ſie nicht wol leiden koͤnnen (ſtreit
Zutilgen mit den ſchwerd/ mit feuer zuverbrennen:
Iſt dir das wider recht/ wenn Turnus ſeinen ſtand
Behaupten wil/ und kaͤmpfft getroſt fuͤrs vaterland?
Iſt
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[475/0497] Das Zehende Buch. Hat ein Menſch daran ſchuld? Das kan ja kejner reden: Wer hat Latinum ihn bezwungen zu befehden: Ja/ ſagt man/ wenn man ſol auff das verhaͤngnuͤß ſehn/ Iſt er gezogen doch ins land Italien/ Auff goͤttlichen beſcheid. Dem ſey ſo! durch das raſen Caſſandræ haben das die goͤtter zugelaſſen: Caſſandra hat ſein hertz gereitzt durch prophecey/ Wie nemblich Welſchland ihm zum ſitzt verordnet ſey’ Wer hat ihn angereitz von ſeinem heer zu ziehen/ Wer hat ihn angemahnt auff ſchiffen weg zu fliehen Und trauen ſich den wind? Wer hat ihn angeregt/ Daß er die kriegeslaſt auff einen knaben legt: Solt er die feſte ſtadt und mauren einem knaben/ Wie printz Juͤlus iſt/ ſo leicht vertrauet haben? Wer hat geheiſſen ihn mit den Tuſcaneren Zu halten uͤberein und buͤndnß einzugehn. Ja voͤlcker wiegeln auff/ die ſtill und ruhig ſaſſen? Was fuͤr ein Gott hat ihn gefuͤhret ſchlimmer maſſen In ungelegenheit? Was fuͤr geſtrenge macht Hat ihn an unſerm theil in ſolche noth gebracht? Was hat doch Juno ſchuld? Was Iris die vom himmel Geſchicket worden ab ohn einigen getummel: Iſts deine meinung noch gantz wider billigkeit Wenn ſich das Welſche volck macht auff zum krieg und Das neue Troja/ das ſie nicht wol leiden koͤnnen (ſtreit Zutilgen mit den ſchwerd/ mit feuer zuverbrennen: Iſt dir das wider recht/ wenn Turnus ſeinen ſtand Behaupten wil/ und kaͤmpfft getroſt fuͤrs vaterland? Iſt

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/497>, abgerufen am 22.11.2024.