Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Neunde Buch. Ward also kalt und bebt der bauch ihm etwas lange/Sie sehen hier und da sich umb/ daß manchem bange Von diesem wurffpfeil wird. Nach diesem wurde Nis Viel muthiger und schwung noch einen andern spieß. Dahinden von dem ohr: Als sie nun stehn und murren Mit feigheit/ kömmt der schweiß und fleugt mit grossem schnurren/ Dem Tagus durch den schlaff/ daß er im Hirne law Und warm blieb stecken fest: Der Volscens fienge rauh Im zorn zu wüten an/ und kan doch nirgend schen Den man/ von den der schuß zum zweitenmal geschehen/ Noch wo er sol im grimm sich endlich wenden hin: Dein blut sey unterdes mein vortheil und gewinn/ Du folt hinwiederumb für diese beyde büssen/ Und jtzt dein junges blut durch meinen zorn vergiessen: So sagt er/ und zugleich zoch er den blancken stahl Von seiner seit/ und gieng stracks auff den Euryal. Da kam den Nisus an ein plötzliches erschrecken/ Und wolte länger sich im walde nicht verstecken? Schrie laut/ wie einer/ der geräth in rasenheit/ Und kunte länger nicht erdulden solches leid. Mich/ mich/ ich bin/ der euch diß hat gethan zu leyde; Stoßt euer schwerd in mich und in mein eingeweyde/ O ihr Rutulier! der schade kömmt von mir/ Er hat gehandelt nicht zuwider der gebühr; Er hat auch nicht gekunt: Das wird mir zeugnüß geben Der himmel und die stern/ die alles wissen eben/ Nicht anders/ als wir selbst. So lieb war ihm der freund/ So gut/ ja gar zu gut hat ers mit ihm gemeint. So
Das Neunde Buch. Ward alſo kalt und bebt der bauch ihm etwas lange/Sie ſehen hier und da ſich umb/ daß manchem bange Von dieſem wurffpfeil wird. Nach dieſem wurde Niſ Viel muthiger und ſchwung noch einen andern ſpieß. Dahinden von dem ohr: Als ſie nun ſtehn und murren Mit feigheit/ koͤmmt der ſchweiß und fleugt mit groſſem ſchnurren/ Dem Tagus durch den ſchlaff/ daß er im Hirne law Und warm blieb ſtecken feſt: Der Volſcens fienge rauh Im zorn zu wuͤten an/ und kan doch nirgend ſchen Den man/ von den der ſchuß zum zweitenmal geſchehen/ Noch wo er ſol im grimm ſich endlich wenden hin: Dein blut ſey unterdes mein vortheil und gewinn/ Du folt hinwiederumb fuͤr dieſe beyde buͤſſen/ Und jtzt dein junges blut durch meinen zorn vergieſſen: So ſagt er/ und zugleich zoch er den blancken ſtahl Von ſeiner ſeit/ und gieng ſtracks auff den Euryal. Da kam den Niſus an ein ploͤtzliches erſchrecken/ Und wolte laͤnger ſich im walde nicht verſtecken? Schrie laut/ wie einer/ der geraͤth in raſenheit/ Und kunte laͤnger nicht erdulden ſolches leid. Mich/ mich/ ich bin/ der euch diß hat gethan zu leyde; Stoßt euer ſchwerd in mich und in mein eingeweyde/ O ihr Rutulier! der ſchade koͤmmt von mir/ Er hat gehandelt nicht zuwider der gebuͤhr; Er hat auch nicht gekunt: Das wird mir zeugnuͤß geben Der himmel und die ſtern/ die alles wiſſen eben/ Nicht anders/ als wir ſelbſt. So lieb war ihm der freund/ So gut/ ja gar zu gut hat ers mit ihm gemeint. So
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Das Neunde Buch.
Ward alſo kalt und bebt der bauch ihm etwas lange/
Sie ſehen hier und da ſich umb/ daß manchem bange
Von dieſem wurffpfeil wird. Nach dieſem wurde Niſ
Viel muthiger und ſchwung noch einen andern ſpieß.
Dahinden von dem ohr: Als ſie nun ſtehn und murren
Mit feigheit/ koͤmmt der ſchweiß und fleugt mit groſſem
ſchnurren/
Dem Tagus durch den ſchlaff/ daß er im Hirne law
Und warm blieb ſtecken feſt: Der Volſcens fienge rauh
Im zorn zu wuͤten an/ und kan doch nirgend ſchen
Den man/ von den der ſchuß zum zweitenmal geſchehen/
Noch wo er ſol im grimm ſich endlich wenden hin:
Dein blut ſey unterdes mein vortheil und gewinn/
Du folt hinwiederumb fuͤr dieſe beyde buͤſſen/
Und jtzt dein junges blut durch meinen zorn vergieſſen:
So ſagt er/ und zugleich zoch er den blancken ſtahl
Von ſeiner ſeit/ und gieng ſtracks auff den Euryal.
Da kam den Niſus an ein ploͤtzliches erſchrecken/
Und wolte laͤnger ſich im walde nicht verſtecken?
Schrie laut/ wie einer/ der geraͤth in raſenheit/
Und kunte laͤnger nicht erdulden ſolches leid.
Mich/ mich/ ich bin/ der euch diß hat gethan zu leyde;
Stoßt euer ſchwerd in mich und in mein eingeweyde/
O ihr Rutulier! der ſchade koͤmmt von mir/
Er hat gehandelt nicht zuwider der gebuͤhr;
Er hat auch nicht gekunt: Das wird mir zeugnuͤß geben
Der himmel und die ſtern/ die alles wiſſen eben/
Nicht anders/ als wir ſelbſt. So lieb war ihm der freund/
So gut/ ja gar zu gut hat ers mit ihm gemeint.
So
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/465>, abgerufen am 27.07.2024. |