Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Siebende Buch. Durch ihre glieder hin: Und als das erste gifftSich schleicht den sinnen ein und das gebeine trifft/ Und noch nicht die vernunfft in gantzer brust empfunde Die tolle rasenheit/ und schwere hertzenswunde: Da sie weint umb ihr kind/ und umb das hochzeitfest/ Das dem Eneas schon man zubereit en läßt O vater (schreyet sie) sol unsere Lavine Den Troern werden heimgeführet/ daß sie diene Den flüchtigen zum raub? Erbarmest du dich nicht der tochter und dein selbst? Hör/ was die mutter spricht. Erbarm dich ihrer doch! wie ehrvergessner massen Wird mich der räuber bald mit ehstem wind verlassen/ Und führen auff dem meer das fräwelein davon: Wie würde deinem reich dis bringen schimpff und hohn? Ist nicht der hirtenknecht von Troja auch so kommen/ Und hat von Sparta weg die Helenam genommen/ Und durch das wilde meer geführt nach Troja hin? Was nützt dein heilge treu/ und sorgen treuer sinn Für dein selbst eigen hauß? Wie offt hast du gegeben Dem Turno deine hand/ daß er mit ihr sol leben In unverrückter eh? Sie ist ihm ja erkiest Für seine wehrte braut/ der sonst dein blutsreund ist. So aus den fremoden wird ein tochtermann begehret/ Und dich des Fauni spruch und anbefehl beschweret/ Und du hierauff beruhst/ gilt meine meinung schlecht/ Daß jedes land/ so nicht erkennet unser recht Noch scepter/ frembde sey: So wollens auch verstehen Die Götter ingesampt: Wil man nun weiter gehen Der Y 2
Das Siebende Buch. Durch ihre glieder hin: Und als das erſte gifftSich ſchleicht den ſinnen ein und das gebeine trifft/ Und noch nicht die vernunfft in gantzer bruſt empfunde Die tolle raſenheit/ und ſchwere hertzenswunde: Da ſie weint umb ihr kind/ und umb das hochzeitfeſt/ Das dem Eneas ſchon man zubereit en laͤßt O vater (ſchreyet ſie) ſol unſere Lavine Den Troern werden heimgefuͤhret/ daß ſie diene Den fluͤchtigen zum raub? Erbarmeſt du dich nicht der tochter und dein ſelbſt? Hoͤr/ was die mutter ſpricht. Erbarm dich ihrer doch! wie ehrvergeſſner maſſen Wird mich der raͤuber bald mit ehſtem wind verlaſſen/ Und fuͤhren auff dem meer das fraͤwelein davon: Wie wuͤrde deinem reich dis bringen ſchimpff und hohn? Iſt nicht der hirtenknecht von Troja auch ſo kommen/ Und hat von Sparta weg die Helenam genommen/ Und durch das wilde meer gefuͤhrt nach Troja hin? Was nuͤtzt dein heilge treu/ und ſorgen treuer ſinn Fuͤr dein ſelbſt eigen hauß? Wie offt haſt du gegeben Dem Turno deine hand/ daß er mit ihr ſol leben In unverruͤckter eh? Sie iſt ihm ja erkieſt Fuͤr ſeine wehrte braut/ der ſonſt dein blutſreund iſt. So aus den fremoden wird ein tochtermann begehret/ Und dich des Fauni ſpruch und anbefehl beſchweret/ Und du hierauff beruhſt/ gilt meine meinung ſchlecht/ Daß jedes land/ ſo nicht erkennet unſer recht Noch ſcepter/ frembde ſey: So wollens auch verſtehen Die Goͤtter ingeſampt: Wil man nun weiter gehen Der Y 2
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Das Siebende Buch.
Durch ihre glieder hin: Und als das erſte gifft
Sich ſchleicht den ſinnen ein und das gebeine trifft/
Und noch nicht die vernunfft in gantzer bruſt empfunde
Die tolle raſenheit/ und ſchwere hertzenswunde:
Da ſie weint umb ihr kind/ und umb das hochzeitfeſt/
Das dem Eneas ſchon man zubereit en laͤßt
O vater (ſchreyet ſie) ſol unſere Lavine
Den Troern werden heimgefuͤhret/ daß ſie diene
Den fluͤchtigen zum raub? Erbarmeſt du dich nicht
der tochter und dein ſelbſt? Hoͤr/ was die mutter ſpricht.
Erbarm dich ihrer doch! wie ehrvergeſſner maſſen
Wird mich der raͤuber bald mit ehſtem wind verlaſſen/
Und fuͤhren auff dem meer das fraͤwelein davon:
Wie wuͤrde deinem reich dis bringen ſchimpff und hohn?
Iſt nicht der hirtenknecht von Troja auch ſo kommen/
Und hat von Sparta weg die Helenam genommen/
Und durch das wilde meer gefuͤhrt nach Troja hin?
Was nuͤtzt dein heilge treu/ und ſorgen treuer ſinn
Fuͤr dein ſelbſt eigen hauß? Wie offt haſt du gegeben
Dem Turno deine hand/ daß er mit ihr ſol leben
In unverruͤckter eh? Sie iſt ihm ja erkieſt
Fuͤr ſeine wehrte braut/ der ſonſt dein blutſreund iſt.
So aus den fremoden wird ein tochtermann begehret/
Und dich des Fauni ſpruch und anbefehl beſchweret/
Und du hierauff beruhſt/ gilt meine meinung ſchlecht/
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/361>, abgerufen am 28.07.2024. |