Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Sechste Buch. Da war der Ilus und Assaracus zu schauen/Wie auch der Dardanus/ der Troens stamm zu bauen Der erste stiffter war: Er steht und wundert sich/ Daß ihr gewehr und zeug so liget schnödiglich/ Und daß die wagen da ohn streitern ledig stehen Die spiesse sticken da/ man kan die pferde sehen/ Wie sie gantz bloß und loß zu weyden gehn im graß; Denn die begier/ die man gehabt ohn unterlaß Zum waffen/ roß und zeug/ da man noch war im leben/ Scheint nach dem tode stets den seelen an zukleben. Auf beyden seiten sieht er sitzen in dem graß/ Viel andre/ da für sich ein jeder tranck und aß/ Und dem Apollo sang ein liedelein zu ehren In grünem Lorberwald/ da lieb und lust sich nehren Von edelem geruch/ da wo der grosse fluß Eridan fleust herab in wald mit strengem guß: Hier war das volck/ das für das vaterland gestritten/ Und für dasselbige viel wunden hatt gelitten; Es war auch da zu sehn der keuschen priester schaar/ So lang ein jeder noch in seinem leben war: Wie anch der tichter zunfft/ und die dem Gott zu ehren Apollo hatten sich gar trefflich lassen hören; Auch die durch lehr und kunst mit steter embsigkeit Geführt und zugebracht die kurtze lebenszeit; Und endlich/ welche viel durch wolthat ihnen haben Verpflichtet also fest/ daß sie derselben gaben Gedencken für und für. Den allen wird zum preiß Gesetzet auff das haupt/ ein haub/ als schnee/ so weiß: Als
Das Sechſte Buch. Da war der Ilus und Aſſaracus zu ſchauen/Wie auch der Dardanus/ der Troens ſtamm zu bauen Der erſte ſtiffter war: Er ſteht und wundert ſich/ Daß ihr gewehr und zeug ſo liget ſchnoͤdiglich/ Und daß die wagen da ohn ſtreitern ledig ſtehen Die ſpieſſe ſticken da/ man kan die pferde ſehen/ Wie ſie gantz bloß und loß zu weyden gehn im graß; Denn die begier/ die man gehabt ohn unterlaß Zum waffen/ roß und zeug/ da man noch war im leben/ Scheint nach dem tode ſtets den ſeelen an zukleben. Auf beyden ſeiten ſieht er ſitzen in dem graß/ Viel andre/ da fuͤr ſich ein jeder tranck und aß/ Und dem Apollo ſang ein liedelein zu ehren In gruͤnem Lorberwald/ da lieb und luſt ſich nehren Von edelem geruch/ da wo der groſſe fluß Eridan fleuſt herab in wald mit ſtrengem guß: Hier war das volck/ das fuͤr das vaterland geſtritten/ Und fuͤr daſſelbige viel wunden hatt gelitten; Es war auch da zu ſehn der keuſchen prieſter ſchaar/ So lang ein jeder noch in ſeinem leben war: Wie anch der tichter zunfft/ und die dem Gott zu ehren Apollo hatten ſich gar trefflich laſſen hoͤren; Auch die durch lehr und kunſt mit ſteter embſigkeit Gefuͤhrt und zugebracht die kurtze lebenszeit; Und endlich/ welche viel durch wolthat ihnen haben Verpflichtet alſo feſt/ daß ſie derſelben gaben Gedencken fuͤr und fuͤr. Den allen wird zum preiß Geſetzet auff das haupt/ ein haub/ als ſchnee/ ſo weiß: Als
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Das Sechſte Buch.
Da war der Ilus und Aſſaracus zu ſchauen/
Wie auch der Dardanus/ der Troens ſtamm zu bauen
Der erſte ſtiffter war: Er ſteht und wundert ſich/
Daß ihr gewehr und zeug ſo liget ſchnoͤdiglich/
Und daß die wagen da ohn ſtreitern ledig ſtehen
Die ſpieſſe ſticken da/ man kan die pferde ſehen/
Wie ſie gantz bloß und loß zu weyden gehn im graß;
Denn die begier/ die man gehabt ohn unterlaß
Zum waffen/ roß und zeug/ da man noch war im leben/
Scheint nach dem tode ſtets den ſeelen an zukleben.
Auf beyden ſeiten ſieht er ſitzen in dem graß/
Viel andre/ da fuͤr ſich ein jeder tranck und aß/
Und dem Apollo ſang ein liedelein zu ehren
In gruͤnem Lorberwald/ da lieb und luſt ſich nehren
Von edelem geruch/ da wo der groſſe fluß
Eridan fleuſt herab in wald mit ſtrengem guß:
Hier war das volck/ das fuͤr das vaterland geſtritten/
Und fuͤr daſſelbige viel wunden hatt gelitten;
Es war auch da zu ſehn der keuſchen prieſter ſchaar/
So lang ein jeder noch in ſeinem leben war:
Wie anch der tichter zunfft/ und die dem Gott zu ehren
Apollo hatten ſich gar trefflich laſſen hoͤren;
Auch die durch lehr und kunſt mit ſteter embſigkeit
Gefuͤhrt und zugebracht die kurtze lebenszeit;
Und endlich/ welche viel durch wolthat ihnen haben
Verpflichtet alſo feſt/ daß ſie derſelben gaben
Gedencken fuͤr und fuͤr. Den allen wird zum preiß
Geſetzet auff das haupt/ ein haub/ als ſchnee/ ſo weiß:
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/323>, abgerufen am 27.07.2024. |