Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Sechste Buch. Und greulich zugericht. Es waren da zuschauenViel wunden an dem kopff/ die ohren abgehauen Darzu die beyden händ/ und/ das gar schändlich war/ So sahe man die nas zerstümmelt gantz und gar/ Er bebte voller furcht/ war voller angst und schrecken/ Und wolte sorgsamlich den schaden gerne decken. Eneas spricht ihm zu/ und redet ihn so an; Daß er ihn an der sprach/ und rede kennen kan. Deiphobe/ o held/ der du mit glück und rechte Führst von den Troern her dein ankunfft und geschlechte/ Wer hat sein grausam hertz an dir so aus geübt/ Wer hat dich so zerhackt/ verwundet und betrübt? Als itzt die letzte nacht zu Troja war gekommen/ Da hab ich durchs gerücht/ das laut erscholl/ vernommen/ Du wärest endlich auch/ als du mit grosser schlacht Die Griechen hier und da zerstreut und ümgebracht/ Gefallen überhin auff der erschlagnen hauffen Nach lang gewehretem gefechte/ mord und rauffen/ Da hab ich dir gesetzt ein leeres grab und stein Am Räetischen gestad/ das solt ein denckmal seyn. Ich habe dreymahl auch an deines grabes höhle Mit überlauter stimm geruffen deine seele; Dein name/ schild und helm steht da geleget bey/ Damit es deines ruhms ein stetes denckmal sey. Dein leib/ o werther freund/ hat mir nicht mögen werden/ Daß ich ihn hätte bracht gebührlich zu der erden In deinem vaterland: Drauff sagt Deiphobus: Eneas/ werther freund/ des treu ich rühmen muß/ Dn T 2
Das Sechſte Buch. Und greulich zugericht. Es waren da zuſchauenViel wunden an dem kopff/ die ohren abgehauen Darzu die beyden haͤnd/ und/ das gar ſchaͤndlich war/ So ſahe man die naſ zerſtuͤmmelt gantz und gar/ Er bebte voller furcht/ war voller angſt und ſchrecken/ Und wolte ſorgſamlich den ſchaden gerne decken. Eneas ſpricht ihm zu/ und redet ihn ſo an; Daß er ihn an der ſprach/ und rede kennen kan. Deiphobe/ o held/ der du mit gluͤck und rechte Fuͤhrſt von den Troern her dein ankunfft und geſchlechte/ Wer hat ſein grauſam hertz an dir ſo aus geuͤbt/ Wer hat dich ſo zerhackt/ verwundet und betruͤbt? Als itzt die letzte nacht zu Troja war gekommen/ Da hab ich durchs geruͤcht/ das laut erſcholl/ vernommẽ/ Du waͤreſt endlich auch/ als du mit groſſer ſchlacht Die Griechen hier und da zerſtreut und uͤmgebracht/ Gefallen uͤberhin auff der erſchlagnen hauffen Nach lang gewehretem gefechte/ mord und rauffen/ Da hab ich dir geſetzt ein leeres grab und ſtein Am Raͤetiſchen geſtad/ das ſolt ein denckmal ſeyn. Ich habe dreymahl auch an deines grabes hoͤhle Mit uͤberlauter ſtimm geruffen deine ſeele; Dein name/ ſchild und helm ſteht da geleget bey/ Damit es deines ruhms ein ſtetes denckmal ſey. Dein leib/ o werther freund/ hat mir nicht moͤgen werdẽ/ Daß ich ihn haͤtte bracht gebuͤhrlich zu der erden In deinem vaterland: Drauff ſagt Deiphobus: Eneas/ werther freund/ des treu ich ruͤhmen muß/ Dn T 2
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Das Sechſte Buch.
Und greulich zugericht. Es waren da zuſchauen
Viel wunden an dem kopff/ die ohren abgehauen
Darzu die beyden haͤnd/ und/ das gar ſchaͤndlich war/
So ſahe man die naſ zerſtuͤmmelt gantz und gar/
Er bebte voller furcht/ war voller angſt und ſchrecken/
Und wolte ſorgſamlich den ſchaden gerne decken.
Eneas ſpricht ihm zu/ und redet ihn ſo an;
Daß er ihn an der ſprach/ und rede kennen kan.
Deiphobe/ o held/ der du mit gluͤck und rechte
Fuͤhrſt von den Troern her dein ankunfft und geſchlechte/
Wer hat ſein grauſam hertz an dir ſo aus geuͤbt/
Wer hat dich ſo zerhackt/ verwundet und betruͤbt?
Als itzt die letzte nacht zu Troja war gekommen/
Da hab ich durchs geruͤcht/ das laut erſcholl/ vernommẽ/
Du waͤreſt endlich auch/ als du mit groſſer ſchlacht
Die Griechen hier und da zerſtreut und uͤmgebracht/
Gefallen uͤberhin auff der erſchlagnen hauffen
Nach lang gewehretem gefechte/ mord und rauffen/
Da hab ich dir geſetzt ein leeres grab und ſtein
Am Raͤetiſchen geſtad/ das ſolt ein denckmal ſeyn.
Ich habe dreymahl auch an deines grabes hoͤhle
Mit uͤberlauter ſtimm geruffen deine ſeele;
Dein name/ ſchild und helm ſteht da geleget bey/
Damit es deines ruhms ein ſtetes denckmal ſey.
Dein leib/ o werther freund/ hat mir nicht moͤgen werdẽ/
Daß ich ihn haͤtte bracht gebuͤhrlich zu der erden
In deinem vaterland: Drauff ſagt Deiphobus:
Eneas/ werther freund/ des treu ich ruͤhmen muß/
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/313>, abgerufen am 16.02.2025. |