Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Sechste Buch. Es war ein hohlendach mit ungeheurem schlunde/Erschrecklich/ kiesicht/ groß mit tieff gedüfftem grunde Und schwartzem heilensee und finster düstern wald Verwahrt das flügel-volck/ das durch die lüffte schallt/ Kunt unbeschädigt nicht darüber sich erschwingen/ Weil aus dem schwefel-psuhl so böse dünste giengen Und stiegen hoch hinauf bis an die sternen lufft/ Daher nennt sie der Griech die vogel-leere grufft. Hier läßt Eneas erst vier schwartze farren schlachten; Der priester/ welches war hierbey auch zu betrachten/ Geust zwischen hörnern ein den wein/ wies bräuchlich war Und schneidet oben ab das dick geborste haar/ Das legt er in das feur als erstling/ rufft und thönet/ Damit die hellen-frau werd heilig ausgesöhnet Die grosse Hecate/ die alles regt und schreckt/ So weit der himmel sich und hellenreich erstreckt; Theils setzt die messer an/ und fänget auf in schaalen Das blut/ so warm es ist zum heilgen opffer mahlen. Eneas selbst geht dran/ und schlachtet beym altar ein schwartzes schaas und kuh/ die nit mehr fruchtbar war Sie fiel von einem streich durch seines armes stärcke; Er ehret aber doch mit diesem tapffern wercke Die mutter/ welche hat gebohrn die schwartze schaar/ Die nacht/ wie auch die erd/ die ihre schwester war/ Und dann Proserpinen die königin der geister. Nicht minder stellet er zuletzt dem obermeister Und könig Pluto an ein opffer bey der nacht/ Und schaffet/ daß es werd in heiligkeit verbracht. Er S 2
Das Sechſte Buch. Es war ein hohlendach mit ungeheurem ſchlunde/Erſchrecklich/ kieſicht/ groß mit tieff geduͤfftem grunde Und ſchwartzem heilenſee und finſter duͤſtern wald Verwahrt das fluͤgel-volck/ das durch die luͤffte ſchallt/ Kunt unbeſchaͤdigt nicht daruͤber ſich erſchwingen/ Weil aus dem ſchwefel-pſuhl ſo boͤſe duͤnſte giengen Und ſtiegen hoch hinauf bis an die ſternen lufft/ Daher nennt ſie der Griech die vogel-leere grufft. Hier laͤßt Eneas erſt vier ſchwartze farren ſchlachten; Der prieſter/ welches war hierbey auch zu betrachten/ Geuſt zwiſchẽ hoͤꝛnern ein den wein/ wies bꝛaͤuchlich waꝛ Und ſchneidet oben ab das dick geborſte haar/ Das legt er in das feur als erſtling/ rufft und thoͤnet/ Damit die hellen-frau werd heilig ausgeſoͤhnet Die groſſe Hecate/ die alles regt und ſchreckt/ So weit der himmel ſich und hellenreich erſtreckt; Theils ſetzt die meſſer an/ und faͤnget auf in ſchaalen Das blut/ ſo warm es iſt zum heilgen opffer mahlen. Eneas ſelbſt geht dran/ und ſchlachtet beym altar ein ſchwartzes ſchaaſ und kuh/ die nit mehr fruchtbar war Sie fiel von einem ſtreich durch ſeines armes ſtaͤrcke; Er ehret aber doch mit dieſem tapffern wercke Die mutter/ welche hat gebohrn die ſchwartze ſchaar/ Die nacht/ wie auch die erd/ die ihre ſchweſter war/ Und dann Proſerpinen die koͤnigin der geiſter. Nicht minder ſtellet er zuletzt dem obermeiſter Und koͤnig Pluto an ein opffer bey der nacht/ Und ſchaffet/ daß es werd in heiligkeit verbracht. Er S 2
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Das Sechſte Buch.
Es war ein hohlendach mit ungeheurem ſchlunde/
Erſchrecklich/ kieſicht/ groß mit tieff geduͤfftem grunde
Und ſchwartzem heilenſee und finſter duͤſtern wald
Verwahrt das fluͤgel-volck/ das durch die luͤffte ſchallt/
Kunt unbeſchaͤdigt nicht daruͤber ſich erſchwingen/
Weil aus dem ſchwefel-pſuhl ſo boͤſe duͤnſte giengen
Und ſtiegen hoch hinauf bis an die ſternen lufft/
Daher nennt ſie der Griech die vogel-leere grufft.
Hier laͤßt Eneas erſt vier ſchwartze farren ſchlachten;
Der prieſter/ welches war hierbey auch zu betrachten/
Geuſt zwiſchẽ hoͤꝛnern ein den wein/ wies bꝛaͤuchlich waꝛ
Und ſchneidet oben ab das dick geborſte haar/
Das legt er in das feur als erſtling/ rufft und thoͤnet/
Damit die hellen-frau werd heilig ausgeſoͤhnet
Die groſſe Hecate/ die alles regt und ſchreckt/
So weit der himmel ſich und hellenreich erſtreckt;
Theils ſetzt die meſſer an/ und faͤnget auf in ſchaalen
Das blut/ ſo warm es iſt zum heilgen opffer mahlen.
Eneas ſelbſt geht dran/ und ſchlachtet beym altar
ein ſchwartzes ſchaaſ und kuh/ die nit mehr fruchtbar war
Sie fiel von einem ſtreich durch ſeines armes ſtaͤrcke;
Er ehret aber doch mit dieſem tapffern wercke
Die mutter/ welche hat gebohrn die ſchwartze ſchaar/
Die nacht/ wie auch die erd/ die ihre ſchweſter war/
Und dann Proſerpinen die koͤnigin der geiſter.
Nicht minder ſtellet er zuletzt dem obermeiſter
Und koͤnig Pluto an ein opffer bey der nacht/
Und ſchaffet/ daß es werd in heiligkeit verbracht.
Er
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/297>, abgerufen am 30.07.2024. |