Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Sechste Buch.
Sehr groß und wichtig ist/ und kansts für kurtzweil achten
So hör mich erstlich an/ was man hier zu betrachten
Und für zunehmen hat. Es steht auff einem baum/
Der wegen dicken laub begreifft fast weiten raum/
Ein güldner zweig/ ist schlang/ belaubet schön vom golde/
Weil Plutons ehegemahl demselben sehr ist holde/
Ist er gewidmet ihr/ und diesen baum bedeckt
Herumb der gantze wald und gleichsam ihn versteckt
In dunckel-grünem thal doch kan man nicht ehr kommen
In tieffen grund der erd/ man habe den genommen
Und abgebrochen vor den gold belaubten ast
Und zu der reis hinab gemachet sich gefast.
Diß edele geschenck/ daran sich sehr ergetzet
Die frau Proserpina/ hat sie auch ein gesetzet/
Daß mans ihr bringe dar/ und pfleget fort und fort
Ein andrer güldner zweig zu wachsen an dem orth/
Da er gebrochen ist. Drumb suche tieff darinnen/
Und sieh dich fleißig umb/ daß du ihn mögst gewinnen
Und mählich brechen ab; Deun er gibt leichtlich nach/
Und folget dir gar gern ohn müh und ungemach/
So Gott dich haben wil/ an diesen orth zuziehen:
Wo nicht/ wird keine krafft/ noch eimges bemühen
Gewinnen diesen zweig. Du kanst mit keinem keil
Ihn hauen von dem stamm noch mit gespitztem pfeil.
Zu dem ist noch dein freund Misenus nicht begraben:
(Ach leider! kanst du dis so gar vergessen haben?)
Und verunreiniget die schiff und gantzes heer
Mit seinem todten leib/ weil ihn noch hat das meer:
In
Das Sechſte Buch.
Sehr groß und wichtig iſt/ und kanſts fuͤr kurtzweil achtẽ
So hoͤr mich erſtlich an/ was man hier zu betrachten
Und fuͤr zunehmen hat. Es ſteht auff einem baum/
Der wegen dicken laub begreifft faſt weiten raum/
Ein guͤldner zweig/ iſt ſchlang/ belaubet ſchoͤn vom golde/
Weil Plutons ehegemahl demſelben ſehr iſt holde/
Iſt er gewidmet ihr/ und dieſen baum bedeckt
Herumb der gantze wald und gleichſam ihn verſteckt
In dunckel-gruͤnem thal doch kan man nicht ehr kom̃en
In tieffen grund der erd/ man habe den genommen
Und abgebrochen vor den gold belaubten aſt
Und zu der reiſ hinab gemachet ſich gefaſt.
Diß edele geſchenck/ daran ſich ſehr ergetzet
Die frau Proſerpina/ hat ſie auch ein geſetzet/
Daß mans ihr bringe dar/ und pfleget fort und fort
Ein andrer guͤldner zweig zu wachſen an dem orth/
Da er gebrochen iſt. Drumb ſuche tieff darinnen/
Und ſieh dich fleißig umb/ daß du ihn moͤgſt gewinnen
Und maͤhlich brechen ab; Deun er gibt leichtlich nach/
Und folget dir gar gern ohn muͤh und ungemach/
So Gott dich haben wil/ an dieſen orth zuziehen:
Wo nicht/ wird keine krafft/ noch eimges bemuͤhen
Gewinnen dieſen zweig. Du kanſt mit keinem keil
Ihn hauen von dem ſtamm noch mit geſpitztem pfeil.
Zu dem iſt noch dein freund Miſenus nicht begraben:
(Ach leider! kanſt du dis ſo gar vergeſſen haben?)
Und verunreiniget die ſchiff und gantzes heer
Mit ſeinem todten leib/ weil ihn noch hat das meer:
In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0291" n="269"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Sech&#x017F;te Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Sehr groß und wichtig i&#x017F;t/ und kan&#x017F;ts fu&#x0364;r kurtzweil achte&#x0303;</l><lb/>
          <l>So ho&#x0364;r mich er&#x017F;tlich an/ was man hier zu betrachten</l><lb/>
          <l>Und fu&#x0364;r zunehmen hat. Es &#x017F;teht auff einem baum/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>er wegen dicken laub begreifft fa&#x017F;t weiten raum/</l><lb/>
          <l>Ein gu&#x0364;ldner zweig/ i&#x017F;t &#x017F;chlang/ belaubet &#x017F;cho&#x0364;n vom golde/</l><lb/>
          <l>Weil Plutons ehegemahl dem&#x017F;elben &#x017F;ehr i&#x017F;t holde/</l><lb/>
          <l>I&#x017F;t er gewidmet ihr/ und die&#x017F;en baum bedeckt</l><lb/>
          <l>Herumb der gantze wald und gleich&#x017F;am ihn ver&#x017F;teckt</l><lb/>
          <l>In dunckel-gru&#x0364;nem thal doch kan man nicht ehr kom&#x0303;en</l><lb/>
          <l>In tieffen grund der erd/ man habe den genommen</l><lb/>
          <l>Und abgebrochen vor den gold belaubten a&#x017F;t</l><lb/>
          <l>Und zu der rei&#x017F; hinab gemachet &#x017F;ich gefa&#x017F;t.</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>iß edele ge&#x017F;chenck/ daran &#x017F;ich &#x017F;ehr ergetzet</l><lb/>
          <l>Die frau Pro&#x017F;erpina/ hat &#x017F;ie auch ein ge&#x017F;etzet/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>aß mans ihr bringe dar/ und pfleget fort und fort</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">E</hi>in andrer gu&#x0364;ldner zweig zu wach&#x017F;en an dem orth/</l><lb/>
          <l>Da er gebrochen i&#x017F;t. <hi rendition="#fr">D</hi>rumb &#x017F;uche tieff darinnen/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ieh dich fleißig umb/ daß du ihn mo&#x0364;g&#x017F;t gewinnen</l><lb/>
          <l>Und ma&#x0364;hlich brechen ab; Deun er gibt leichtlich nach/</l><lb/>
          <l>Und folget dir gar gern ohn mu&#x0364;h und ungemach/</l><lb/>
          <l>So Gott dich haben wil/ an die&#x017F;en orth zuziehen:</l><lb/>
          <l>Wo nicht/ wird keine krafft/ noch eimges bemu&#x0364;hen</l><lb/>
          <l>Gewinnen die&#x017F;en zweig. <hi rendition="#fr">D</hi>u kan&#x017F;t mit keinem keil</l><lb/>
          <l>Ihn hauen von dem &#x017F;tamm noch mit ge&#x017F;pitztem pfeil.</l><lb/>
          <l>Zu dem i&#x017F;t noch dein freund Mi&#x017F;enus nicht begraben:</l><lb/>
          <l>(Ach leider! kan&#x017F;t du dis &#x017F;o gar verge&#x017F;&#x017F;en haben?)</l><lb/>
          <l>Und verunreiniget die &#x017F;chiff und gantzes heer</l><lb/>
          <l>Mit &#x017F;einem todten leib/ weil ihn noch hat das meer:</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0291] Das Sechſte Buch. Sehr groß und wichtig iſt/ und kanſts fuͤr kurtzweil achtẽ So hoͤr mich erſtlich an/ was man hier zu betrachten Und fuͤr zunehmen hat. Es ſteht auff einem baum/ Der wegen dicken laub begreifft faſt weiten raum/ Ein guͤldner zweig/ iſt ſchlang/ belaubet ſchoͤn vom golde/ Weil Plutons ehegemahl demſelben ſehr iſt holde/ Iſt er gewidmet ihr/ und dieſen baum bedeckt Herumb der gantze wald und gleichſam ihn verſteckt In dunckel-gruͤnem thal doch kan man nicht ehr kom̃en In tieffen grund der erd/ man habe den genommen Und abgebrochen vor den gold belaubten aſt Und zu der reiſ hinab gemachet ſich gefaſt. Diß edele geſchenck/ daran ſich ſehr ergetzet Die frau Proſerpina/ hat ſie auch ein geſetzet/ Daß mans ihr bringe dar/ und pfleget fort und fort Ein andrer guͤldner zweig zu wachſen an dem orth/ Da er gebrochen iſt. Drumb ſuche tieff darinnen/ Und ſieh dich fleißig umb/ daß du ihn moͤgſt gewinnen Und maͤhlich brechen ab; Deun er gibt leichtlich nach/ Und folget dir gar gern ohn muͤh und ungemach/ So Gott dich haben wil/ an dieſen orth zuziehen: Wo nicht/ wird keine krafft/ noch eimges bemuͤhen Gewinnen dieſen zweig. Du kanſt mit keinem keil Ihn hauen von dem ſtamm noch mit geſpitztem pfeil. Zu dem iſt noch dein freund Miſenus nicht begraben: (Ach leider! kanſt du dis ſo gar vergeſſen haben?) Und verunreiniget die ſchiff und gantzes heer Mit ſeinem todten leib/ weil ihn noch hat das meer: In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/291
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/291>, abgerufen am 23.11.2024.