Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Vierdte Buch. Erbarm dich/ schwester/ mein und thu mir das zu willen/Wenn du mir meinen wunsch willfährig wirst erfüllen/ Wil ich nicht eher ab-das leben-reissen mir/ Als bis ich dieses werck vergolten habe dir. Die schwester säumt sich nicht Eneen an zu tragen Der königin begehr und seufftzen-volles klagen: Er aber kehret sich an ihre zähren nicht/ Ist unerbittlich/ wil nicht hören/ was sie spricht. Der göttliche befehl steht dieser bitt entgegen/ Gott wil Eneens ohr und hertz hierzu nicht regen. Gleich wie ein eiche wird getrieben hin und her Von winden/ welche sich mit wehen mühen sehr Sie mit der wurtzel aus dem erden land zu ziehen; Es hilffet aber hier kein wehen noch bemühen/ Ob sie auch stürmen gleich mit macht und grimmigkeit Und decken mit dem laub die erde weit und breit. Sie stehet dennoch fest: Wie hoch sie in die lüffte Scheust auff/ so tieff wächst sie hinunter in die grüffte Mit ihrer wurtzel auch. So wurde dieser held Mit bitten angerannt/ nicht aber ümbgefällt. Er fühlt im hertzen zwar das eingepflantzte regen Bleibt aber für sich steiff und läst sich nicht bewegen/ Wie sehr die königin auch kläglich thut und weint! So steiff er wiederumb in seinem vorsatz scheint. Als sie nun kein gelück verspürt in ihren sachen/ Und daß die zeichen ihr so schrecken können machen/ Trägt sie verlangen nach dem tod/ und schöpfft verdruß Des lebens/ weil sie so erbärmlich leben muß. Sie M 5
Das Vierdte Buch. Erbarm dich/ ſchweſter/ mein und thu mir das zu willen/Wenn du mir meinen wunſch willfaͤhrig wirſt erfuͤllen/ Wil ich nicht eher ab-das leben-reiſſen mir/ Als bis ich dieſes werck vergolten habe dir. Die ſchweſter ſaͤumt ſich nicht Eneen an zu tragen Der koͤnigin begehr und ſeufftzen-volles klagen: Er aber kehret ſich an ihre zaͤhren nicht/ Iſt unerbittlich/ wil nicht hoͤren/ was ſie ſpricht. Der goͤttliche befehl ſteht dieſer bitt entgegen/ Gott wil Eneens ohr und hertz hierzu nicht regen. Gleich wie ein eiche wird getrieben hin und her Von winden/ welche ſich mit wehen muͤhen ſehr Sie mit der wurtzel aus dem erden land zu ziehen; Es hilffet aber hier kein wehen noch bemuͤhen/ Ob ſie auch ſtuͤrmen gleich mit macht und grimmigkeit Und decken mit dem laub die erde weit und breit. Sie ſtehet dennoch feſt: Wie hoch ſie in die luͤffte Scheuſt auff/ ſo tieff waͤchſt ſie hinunter in die gruͤffte Mit ihrer wurtzel auch. So wurde dieſer held Mit bitten angerannt/ nicht aber uͤmbgefaͤllt. Er fuͤhlt im hertzen zwar das eingepflantzte regen Bleibt aber fuͤr ſich ſteiff und laͤſt ſich nicht bewegen/ Wie ſehr die koͤnigin auch klaͤglich thut und weint! So ſteiff er wiederumb in ſeinem vorſatz ſcheint. Als ſie nun kein geluͤck verſpuͤrt in ihren ſachen/ Und daß die zeichen ihr ſo ſchrecken koͤnnen machen/ Traͤgt ſie verlangen nach dem tod/ und ſchoͤpfft verdruß Des lebens/ weil ſie ſo erbaͤrmlich leben muß. Sie M 5
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Das Vierdte Buch.
Erbarm dich/ ſchweſter/ mein und thu mir das zu willen/
Wenn du mir meinen wunſch willfaͤhrig wirſt erfuͤllen/
Wil ich nicht eher ab-das leben-reiſſen mir/
Als bis ich dieſes werck vergolten habe dir.
Die ſchweſter ſaͤumt ſich nicht Eneen an zu tragen
Der koͤnigin begehr und ſeufftzen-volles klagen:
Er aber kehret ſich an ihre zaͤhren nicht/
Iſt unerbittlich/ wil nicht hoͤren/ was ſie ſpricht.
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Gott wil Eneens ohr und hertz hierzu nicht regen.
Gleich wie ein eiche wird getrieben hin und her
Von winden/ welche ſich mit wehen muͤhen ſehr
Sie mit der wurtzel aus dem erden land zu ziehen;
Es hilffet aber hier kein wehen noch bemuͤhen/
Ob ſie auch ſtuͤrmen gleich mit macht und grimmigkeit
Und decken mit dem laub die erde weit und breit.
Sie ſtehet dennoch feſt: Wie hoch ſie in die luͤffte
Scheuſt auff/ ſo tieff waͤchſt ſie hinunter in die gruͤffte
Mit ihrer wurtzel auch. So wurde dieſer held
Mit bitten angerannt/ nicht aber uͤmbgefaͤllt.
Er fuͤhlt im hertzen zwar das eingepflantzte regen
Bleibt aber fuͤr ſich ſteiff und laͤſt ſich nicht bewegen/
Wie ſehr die koͤnigin auch klaͤglich thut und weint!
So ſteiff er wiederumb in ſeinem vorſatz ſcheint.
Als ſie nun kein geluͤck verſpuͤrt in ihren ſachen/
Und daß die zeichen ihr ſo ſchrecken koͤnnen machen/
Traͤgt ſie verlangen nach dem tod/ und ſchoͤpfft verdruß
Des lebens/ weil ſie ſo erbaͤrmlich leben muß.
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