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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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An den wolgeneigten Leser.

DEr fürtreffliche geschichtschreiber Diodor Si-
culus/ der in verfertigung seiner historischen bü-
cherey (davon sieben stücken durch gewalt der zeit
verfallen/ und noch drey und dreyßig vorhanden sind/)
dreyßig jahr mit außstehung vieler beschwer/ gefahr und
reisen durch Asten und Europa zugebracht/ schreibet im
26. buche von gelehrten schrifftverfassern und kunstver-
ständigen freyer und unfreyer art also: Kein Poet/ noch
geschichtschreiber/ noch einiger künstler kan allerdings
dem leser und schawer gefallen; Es kan auch nicht ge-
schehen/ daß die sterbliche natur/ ob sie schon den zweck
erreichet hat/ männigliches gutachten erlange. Denn
weder Phidias/ der wegen seiner geschnitzten helffenbei-
nern bildern in grosser achtung und verwunderung ge-
halten worden/ noch Praxiteles/ der seinen steinernen
wercken einige gemühtsbewegung sinnreicher weise mit
untergemischet/ noch Apelles/ noch Parrhasius/ welche
die mahlerkunst mit geschicklicher vermischung der far-
ben auf das höchste gebracht/ haben in ihrem thun und
wercken solch groß glück erfahren/ daß sie in ihrer kunst
eine durchaus untadeliche verfertigung fürzeigen könten.
Denn wer ist fürtrefflicher und berühmter/ als Home-
rus? etc. Wenn nun Diodor/ der gleichfalls zur zeit des
käysers Augusti gelebet hat/ des Virgilij werck von den
Trojanischen geschichten/ das damals noch nicht an das
licht gekommen war/ hätte lesen und betrachten sollen/

würde


An den wolgeneigten Leſer.

DEr fuͤrtreffliche geſchichtſchreiber Diodor Si-
culus/ der in verfertigung ſeiner hiſtoriſchen buͤ-
cherey (davon ſieben ſtuͤcken durch gewalt der zeit
verfallen/ und noch drey und dreyßig vorhanden ſind/)
dreyßig jahr mit außſtehung vieler beſchwer/ gefahr und
reiſen durch Aſten und Europa zugebracht/ ſchreibet im
26. buche von gelehrten ſchrifftverfaſſern und kunſtver-
ſtaͤndigen freyer und unfreyer art alſo: Kein Poet/ noch
geſchichtſchreiber/ noch einiger kuͤnſtler kan allerdings
dem leſer und ſchawer gefallen; Es kan auch nicht ge-
ſchehen/ daß die ſterbliche natur/ ob ſie ſchon den zweck
erreichet hat/ maͤnnigliches gutachten erlange. Denn
weder Phidias/ der wegen ſeiner geſchnitzten helffenbei-
nern bildern in groſſer achtung und verwunderung ge-
halten worden/ noch Praxiteles/ der ſeinen ſteinernen
wercken einige gemuͤhtsbewegung ſinnreicher weiſe mit
untergemiſchet/ noch Apelles/ noch Parrhaſius/ welche
die mahlerkunſt mit geſchicklicher vermiſchung der far-
ben auf das hoͤchſte gebracht/ haben in ihrem thun und
wercken ſolch groß gluͤck erfahren/ daß ſie in ihrer kunſt
eine durchaus untadeliche verfertigung fuͤrzeigen koͤnten.
Denn wer iſt fuͤrtrefflicher und beruͤhmter/ als Home-
rus? ꝛc. Wenn nun Diodor/ der gleichfalls zur zeit des
kaͤyſers Auguſti gelebet hat/ des Virgilij werck von den
Trojaniſchen geſchichten/ das damals noch nicht an das
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[0016] An den wolgeneigten Leſer. DEr fuͤrtreffliche geſchichtſchreiber Diodor Si- culus/ der in verfertigung ſeiner hiſtoriſchen buͤ- cherey (davon ſieben ſtuͤcken durch gewalt der zeit verfallen/ und noch drey und dreyßig vorhanden ſind/) dreyßig jahr mit außſtehung vieler beſchwer/ gefahr und reiſen durch Aſten und Europa zugebracht/ ſchreibet im 26. buche von gelehrten ſchrifftverfaſſern und kunſtver- ſtaͤndigen freyer und unfreyer art alſo: Kein Poet/ noch geſchichtſchreiber/ noch einiger kuͤnſtler kan allerdings dem leſer und ſchawer gefallen; Es kan auch nicht ge- ſchehen/ daß die ſterbliche natur/ ob ſie ſchon den zweck erreichet hat/ maͤnnigliches gutachten erlange. Denn weder Phidias/ der wegen ſeiner geſchnitzten helffenbei- nern bildern in groſſer achtung und verwunderung ge- halten worden/ noch Praxiteles/ der ſeinen ſteinernen wercken einige gemuͤhtsbewegung ſinnreicher weiſe mit untergemiſchet/ noch Apelles/ noch Parrhaſius/ welche die mahlerkunſt mit geſchicklicher vermiſchung der far- ben auf das hoͤchſte gebracht/ haben in ihrem thun und wercken ſolch groß gluͤck erfahren/ daß ſie in ihrer kunſt eine durchaus untadeliche verfertigung fuͤrzeigen koͤnten. Denn wer iſt fuͤrtrefflicher und beruͤhmter/ als Home- rus? ꝛc. Wenn nun Diodor/ der gleichfalls zur zeit des kaͤyſers Auguſti gelebet hat/ des Virgilij werck von den Trojaniſchen geſchichten/ das damals noch nicht an das licht gekommen war/ haͤtte leſen und betrachten ſollen/ wuͤrde

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/16>, abgerufen am 09.11.2024.