Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Andere Buch. Sie fället/ daß sie viel der bäume niederschläget:So war auch Troja gleich/ wenn man es recht erweget. Ich stieg herab und komm durch mütterlich geleit Durch feuer/ fchwerdt und feind in gute sicherheit. Als ich nun komme heim zu meines vaters schwelle Und lang bewohnten hauß der angenehmen stelle/ Trug ich den Vater auff zufassen wunsch und sinn Zutragen auff den berg/ und zu ihm gienge hin. Er aber wegert sich und wil nicht länger leben/ Noch mit verdrießligkeit in flucht und elend schweben Und leiden ungemach/ weil Troja ist zerstört. Für euch/ als junge pursch/ (sagt er) die flucht gehört. Ihr habet starcke bein/ und könnet noch viel tragen/ Ihr habt noch muth und blut/ und könnet euch frisch wagen: Wenn längre lebensfrist von Göttern wehre mir Gegeben/ würden sie mich lassen wol allhier. Sie würden diesen ort mir haben noch erhalten; Es ist genung/ daß ich die schreckliche gestalten Des kriegs und untergangs hab einmal müssen sehn/ Und überleben noch das unglück/ das geschehn. Gebt mir nur gute nacht und gehet eurer wege/ Daß mein fast todter leib zu seiner ruh sich lege. Ich wil mit eigner hand mir selbst den tod an thun/ Wo nicht/ wird doch der feind sich mein erbarmen schon: Nimmt er den leib gleich mit; Wer fraget nach dem grabe Und stattlichen gepräng; Wenn ich die erde habe/ Ist alles ander nur verächtlicher verlust/ Der keinem/ wenn er ligt gestorben/ ist bewust. Ich G
Das Andere Buch. Sie faͤllet/ daß ſie viel der baͤume niederſchlaͤget:So war auch Troja gleich/ wenn man es recht erweget. Ich ſtieg herab und komm durch muͤtterlich geleit Durch feuer/ fchwerdt und feind in gute ſicherheit. Als ich nun komme heim zu meines vaters ſchwelle Und lang bewohnten hauß der angenehmen ſtelle/ Trug ich den Vater auff zufaſſen wunſch und ſinn Zutragen auff den berg/ und zu ihm gienge hin. Er aber wegert ſich und wil nicht laͤnger leben/ Noch mit verdrießligkeit in flucht und elend ſchweben Und leiden ungemach/ weil Troja iſt zerſtoͤrt. Fuͤr euch/ als junge purſch/ (ſagt er) die flucht gehoͤrt. Ihr habet ſtarcke bein/ und koͤnnet noch viel tragen/ Ihr habt noch muth uñ blut/ und koͤñet euch friſch wagẽ: Wenn laͤngre lebensfriſt von Goͤttern wehre mir Gegeben/ wuͤrden ſie mich laſſen wol allhier. Sie wuͤrden dieſen ort mir haben noch erhalten; Es iſt genung/ daß ich die ſchreckliche geſtalten Des kriegs und untergangs hab einmal muͤſſen ſehn/ Und uͤberleben noch das ungluͤck/ das geſchehn. Gebt mir nur gute nacht und gehet eurer wege/ Daß mein faſt todter leib zu ſeiner ruh ſich lege. Ich wil mit eigner hand mir ſelbſt den tod an thun/ Wo nicht/ wird doch der feind ſich mein erbarmen ſchon: Nim̃t er den leib gleich mit; Wer fraget nach dem grabe Und ſtattlichen gepraͤng; Wenn ich die erde habe/ Iſt alles ander nur veraͤchtlicher verluſt/ Der keinem/ wenn er ligt geſtorben/ iſt bewuſt. Ich G
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Das Andere Buch.
Sie faͤllet/ daß ſie viel der baͤume niederſchlaͤget:
So war auch Troja gleich/ wenn man es recht erweget.
Ich ſtieg herab und komm durch muͤtterlich geleit
Durch feuer/ fchwerdt und feind in gute ſicherheit.
Als ich nun komme heim zu meines vaters ſchwelle
Und lang bewohnten hauß der angenehmen ſtelle/
Trug ich den Vater auff zufaſſen wunſch und ſinn
Zutragen auff den berg/ und zu ihm gienge hin.
Er aber wegert ſich und wil nicht laͤnger leben/
Noch mit verdrießligkeit in flucht und elend ſchweben
Und leiden ungemach/ weil Troja iſt zerſtoͤrt.
Fuͤr euch/ als junge purſch/ (ſagt er) die flucht gehoͤrt.
Ihr habet ſtarcke bein/ und koͤnnet noch viel tragen/
Ihr habt noch muth uñ blut/ und koͤñet euch friſch wagẽ:
Wenn laͤngre lebensfriſt von Goͤttern wehre mir
Gegeben/ wuͤrden ſie mich laſſen wol allhier.
Sie wuͤrden dieſen ort mir haben noch erhalten;
Es iſt genung/ daß ich die ſchreckliche geſtalten
Des kriegs und untergangs hab einmal muͤſſen ſehn/
Und uͤberleben noch das ungluͤck/ das geſchehn.
Gebt mir nur gute nacht und gehet eurer wege/
Daß mein faſt todter leib zu ſeiner ruh ſich lege.
Ich wil mit eigner hand mir ſelbſt den tod an thun/
Wo nicht/ wird doch der feind ſich mein erbarmen ſchon:
Nim̃t er den leib gleich mit; Wer fraget nach dem grabe
Und ſtattlichen gepraͤng; Wenn ich die erde habe/
Iſt alles ander nur veraͤchtlicher verluſt/
Der keinem/ wenn er ligt geſtorben/ iſt bewuſt.
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/119>, abgerufen am 29.07.2024. |