Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Andere Buch.
Ich nur war übrig noch. Ich geh herein mit sorgen/
Da treff ich Helenen fein lauschend im verborgen
In vestens tempel an zu hinders beym altar/
Ich wuste nicht/ ob ich irrt/ oder ob sies war.
Ich liesse hin und her die augen sorgsam schiessen/
Kunt aber nicht gewiß/ wer sie seyn möchte/ schliefsen:
Da aber Trojens feur an tempel näher kam/
Und alles schiene klar/ alsdann ich erst vernam/
Daß es war Helene: Sie hatte sich verstecket
Der scheusal beim Altar; Die furcht ihr hertze schrecket/
Daß sie sich gutes nichts zum Troern mehr versieht
Noch zu den Danaern: Drumb sie für beyde flieht.
Weil Troja ist zerstört so unerhörter massen/
Sie muß des ehmans zorn und grimm/ den sie verlassen/
Noch schewen für und für/ die beydes unsre stadt
Und dann ihr vaterland in grund verderbet hat.
Ich wurde stracks beflammt von zorn und toller wüte/
So ging mein vaterland mir damals zugemüthe/
Desselben untergang und grundverderbte sach
Erregten mich zuziehn den losen balg zur rach.
Ey freylich! (sprach ich so bey mir) sol sie Mycenen
Und Sparta schauen an/ Kan sie sich wieder sehnen
Zukommen wiederheim? Soll ihrs so gehen hin?
Sol sie mit siegespracht/ alß eine königin/
Gedencken ein zuziehn? Bey ihren ehman wohnen?
Ja wol/ er würde sie nach ihrer treu belohnen!
Mit was für stirn wolt sie für ihren eltern stehn?
Könt sie die kinder wol mit liebe wieder sehn?
Wil
Das Andere Buch.
Ich nur war uͤbrig noch. Ich geh herein mit ſorgen/
Da treff ich Helenen fein lauſchend im verborgen
In veſtens tempel an zu hinders beym altar/
Ich wuſte nicht/ ob ich irrt/ oder ob ſies war.
Ich lieſſe hin und her die augen ſorgſam ſchieſſen/
Kunt aber nicht gewiß/ wer ſie ſeyn moͤchte/ ſchliefſen:
Da aber Trojens feur an tempel naͤher kam/
Und alles ſchiene klar/ alsdann ich erſt vernam/
Daß es war Helene: Sie hatte ſich verſtecket
Der ſcheuſal beim Altar; Die furcht ihr heꝛtze ſchrecket/
Daß ſie ſich gutes nichts zum Troern mehr verſieht
Noch zu den Danaern: Drumb ſie fuͤr beyde flieht.
Weil Troja iſt zerſtoͤrt ſo unerhoͤrter maſſen/
Sie muß des ehmans zorn und grimm/ den ſie verlaſſen/
Noch ſchewen fuͤr und fuͤr/ die beydes unſre ſtadt
Und dann ihr vaterland in grund verderbet hat.
Ich wurde ſtracks beflammt von zorn und toller wuͤte/
So ging mein vaterland mir damals zugemuͤthe/
Deſſelben untergang und grundverderbte ſach
Erregten mich zuziehn den loſen balg zur rach.
Ey freylich! (ſprach ich ſo bey mir) ſol ſie Mycenen
Und Sparta ſchauen an/ Kan ſie ſich wieder ſehnen
Zukommen wiederheim? Soll ihrs ſo gehen hin?
Sol ſie mit ſiegespracht/ alß eine koͤnigin/
Gedencken ein zuziehn? Bey ihren ehman wohnen?
Ja wol/ er wuͤrde ſie nach ihrer treu belohnen!
Mit was fuͤr ſtirn wolt ſie fuͤr ihren eltern ſtehn?
Koͤnt ſie die kinder wol mit liebe wieder ſehn?
Wil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0115" n="93"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Andere Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Ich nur war u&#x0364;brig noch. Ich geh herein mit &#x017F;orgen/</l><lb/>
          <l>Da treff ich Helenen fein lau&#x017F;chend im verborgen</l><lb/>
          <l>In ve&#x017F;tens tempel an zu hinders beym altar/</l><lb/>
          <l>Ich wu&#x017F;te nicht/ ob ich irrt/ oder ob &#x017F;ies war.</l><lb/>
          <l>Ich lie&#x017F;&#x017F;e hin und her die augen &#x017F;org&#x017F;am &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Kunt aber nicht gewiß/ wer &#x017F;ie &#x017F;eyn mo&#x0364;chte/ &#x017F;chlief&#x017F;en:</l><lb/>
          <l>Da aber Trojens feur an tempel na&#x0364;her kam/</l><lb/>
          <l>Und alles &#x017F;chiene klar/ alsdann ich er&#x017F;t vernam/</l><lb/>
          <l>Daß es war Helene: Sie hatte &#x017F;ich ver&#x017F;tecket</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;cheu&#x017F;al beim Altar; Die furcht ihr he&#xA75B;tze &#x017F;chrecket/</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie &#x017F;ich gutes nichts zum Troern mehr ver&#x017F;ieht</l><lb/>
          <l>Noch zu den Danaern: Drumb &#x017F;ie fu&#x0364;r beyde flieht.</l><lb/>
          <l>Weil Troja i&#x017F;t zer&#x017F;to&#x0364;rt &#x017F;o unerho&#x0364;rter ma&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Sie muß des ehmans zorn und grimm/ den &#x017F;ie verla&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Noch &#x017F;chewen fu&#x0364;r und fu&#x0364;r/ die beydes un&#x017F;re &#x017F;tadt</l><lb/>
          <l>Und dann ihr vaterland in grund verderbet hat.</l><lb/>
          <l>Ich wurde &#x017F;tracks beflammt von zorn und toller wu&#x0364;te/</l><lb/>
          <l>So ging mein vaterland mir damals zugemu&#x0364;the/</l><lb/>
          <l>De&#x017F;&#x017F;elben untergang und grundverderbte &#x017F;ach</l><lb/>
          <l>Erregten mich zuziehn den lo&#x017F;en balg zur rach.</l><lb/>
          <l>Ey freylich! (&#x017F;prach ich &#x017F;o bey mir) &#x017F;ol &#x017F;ie Mycenen</l><lb/>
          <l>Und Sparta &#x017F;chauen an/ Kan &#x017F;ie &#x017F;ich wieder &#x017F;ehnen</l><lb/>
          <l>Zukommen wiederheim? Soll ihrs &#x017F;o gehen hin<hi rendition="#i">?</hi></l><lb/>
          <l>Sol &#x017F;ie mit &#x017F;iegespracht/ alß eine ko&#x0364;nigin/</l><lb/>
          <l>Gedencken ein zuziehn<hi rendition="#i">?</hi> Bey ihren ehman wohnen?</l><lb/>
          <l>Ja wol/ er wu&#x0364;rde &#x017F;ie nach ihrer treu belohnen!</l><lb/>
          <l>Mit was fu&#x0364;r &#x017F;tirn wolt &#x017F;ie fu&#x0364;r ihren eltern &#x017F;tehn?</l><lb/>
          <l>Ko&#x0364;nt &#x017F;ie die kinder wol mit liebe wieder &#x017F;ehn?</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wil</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0115] Das Andere Buch. Ich nur war uͤbrig noch. Ich geh herein mit ſorgen/ Da treff ich Helenen fein lauſchend im verborgen In veſtens tempel an zu hinders beym altar/ Ich wuſte nicht/ ob ich irrt/ oder ob ſies war. Ich lieſſe hin und her die augen ſorgſam ſchieſſen/ Kunt aber nicht gewiß/ wer ſie ſeyn moͤchte/ ſchliefſen: Da aber Trojens feur an tempel naͤher kam/ Und alles ſchiene klar/ alsdann ich erſt vernam/ Daß es war Helene: Sie hatte ſich verſtecket Der ſcheuſal beim Altar; Die furcht ihr heꝛtze ſchrecket/ Daß ſie ſich gutes nichts zum Troern mehr verſieht Noch zu den Danaern: Drumb ſie fuͤr beyde flieht. Weil Troja iſt zerſtoͤrt ſo unerhoͤrter maſſen/ Sie muß des ehmans zorn und grimm/ den ſie verlaſſen/ Noch ſchewen fuͤr und fuͤr/ die beydes unſre ſtadt Und dann ihr vaterland in grund verderbet hat. Ich wurde ſtracks beflammt von zorn und toller wuͤte/ So ging mein vaterland mir damals zugemuͤthe/ Deſſelben untergang und grundverderbte ſach Erregten mich zuziehn den loſen balg zur rach. Ey freylich! (ſprach ich ſo bey mir) ſol ſie Mycenen Und Sparta ſchauen an/ Kan ſie ſich wieder ſehnen Zukommen wiederheim? Soll ihrs ſo gehen hin? Sol ſie mit ſiegespracht/ alß eine koͤnigin/ Gedencken ein zuziehn? Bey ihren ehman wohnen? Ja wol/ er wuͤrde ſie nach ihrer treu belohnen! Mit was fuͤr ſtirn wolt ſie fuͤr ihren eltern ſtehn? Koͤnt ſie die kinder wol mit liebe wieder ſehn? Wil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/115
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/115>, abgerufen am 24.11.2024.