Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Bey der Krankheit des Vaters Ist es deinem heiligen Willen gemäs, o Gott, Freylich weiß ich es auch, daß deine Wege dungen,
Bey der Krankheit des Vaters Iſt es deinem heiligen Willen gemäs, o Gott, Freylich weiß ich es auch, daß deine Wege dungen,
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0048" n="36"/> <fw place="top" type="header">Bey der Krankheit des Vaters</fw><lb/> <p>Iſt es deinem heiligen Willen gemäs, o Gott,<lb/> kann es mit den Abſichten deiner höchſten Weisheit<lb/> und Güte beſtehen, o ſo erhalte mir den beſten Va-<lb/> ter (die beſte Mutter) und ſchenke mir ihn (ſie)<lb/> aufs neue! Wie froh, wie zufrieden bin ich bisher<lb/> an dieſer liebevollen Hand durch das Leben gegangen!<lb/> Wie ſicher hat ſie mich geleitet! von wie vielen Ab-<lb/> wegen und Gefahren zurückgezogen! wie ſanft und<lb/> treu der Rechtſchaffenheit und Tugend zugeführt! Wie<lb/> viel Gutes und Nützliches habe ich aus dem holden<lb/> Munde vernommen, der ſich vielleicht bald auf im-<lb/> mer ſchließen wird! Welche gute Lehren hat er mir<lb/> ertheilt! wie ſorgfältig mich gewarnt! wie freundſchaft-<lb/> lich unterrichtet! wie überzeugend mir die Schönheit<lb/> und Belohnung der Tugend dargeſtellt! wie unermü-<lb/> det mir die Schändlichkeit und die fürchterlichen Fol-<lb/> gen des Laſters geſchildert! O iſt es deinem heiligen<lb/> Willen gemäß, ſo erhalte mir das Glück, an einer<lb/> ſo treuen Hand meine jugendliche Laufbahn zu voll-<lb/> enden, und noch ferner aus dem mir ſo theuren Mun-<lb/> de unterrichtet zu werden!</p><lb/> <p>Freylich weiß ich es auch, daß deine Wege<lb/> nicht unſre Wege und deine Gedanken nicht unſre Ge-<lb/> danken ſind. Du ſieheſt und beurtheileſt alles ſo, wie<lb/> es iſt; du verbindeſt Gegenwart und Zukunft, das<lb/> Mögliche und Wirkliche mit einander; dir ſtellen ſich<lb/> alle Wirkungen und Folgen der Dinge und Begeben-<lb/> heiten in der Welt nach ihrem wahren und ganzen Zu-<lb/> ſammenhange dar; du ſieheſt in dem gegenwärtigen<lb/> Schmerze die Quelle zukünftiger angenehmer Empfin-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dungen,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0048]
Bey der Krankheit des Vaters
Iſt es deinem heiligen Willen gemäs, o Gott,
kann es mit den Abſichten deiner höchſten Weisheit
und Güte beſtehen, o ſo erhalte mir den beſten Va-
ter (die beſte Mutter) und ſchenke mir ihn (ſie)
aufs neue! Wie froh, wie zufrieden bin ich bisher
an dieſer liebevollen Hand durch das Leben gegangen!
Wie ſicher hat ſie mich geleitet! von wie vielen Ab-
wegen und Gefahren zurückgezogen! wie ſanft und
treu der Rechtſchaffenheit und Tugend zugeführt! Wie
viel Gutes und Nützliches habe ich aus dem holden
Munde vernommen, der ſich vielleicht bald auf im-
mer ſchließen wird! Welche gute Lehren hat er mir
ertheilt! wie ſorgfältig mich gewarnt! wie freundſchaft-
lich unterrichtet! wie überzeugend mir die Schönheit
und Belohnung der Tugend dargeſtellt! wie unermü-
det mir die Schändlichkeit und die fürchterlichen Fol-
gen des Laſters geſchildert! O iſt es deinem heiligen
Willen gemäß, ſo erhalte mir das Glück, an einer
ſo treuen Hand meine jugendliche Laufbahn zu voll-
enden, und noch ferner aus dem mir ſo theuren Mun-
de unterrichtet zu werden!
Freylich weiß ich es auch, daß deine Wege
nicht unſre Wege und deine Gedanken nicht unſre Ge-
danken ſind. Du ſieheſt und beurtheileſt alles ſo, wie
es iſt; du verbindeſt Gegenwart und Zukunft, das
Mögliche und Wirkliche mit einander; dir ſtellen ſich
alle Wirkungen und Folgen der Dinge und Begeben-
heiten in der Welt nach ihrem wahren und ganzen Zu-
ſammenhange dar; du ſieheſt in dem gegenwärtigen
Schmerze die Quelle zukünftiger angenehmer Empfin-
dungen,
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