Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Gewöhnung zur Arbeitsamkeit heit ergiebt, der erniedriget sich selbst, der macht sichder edelsten Vorzüge seiner Natur verlustig. Auch den Kindern, o Gott, hast du gewisse Und dieser Gewinn ist in jeder Betrachtung ernst-
Gewöhnung zur Arbeitſamkeit heit ergiebt, der erniedriget ſich ſelbſt, der macht ſichder edelſten Vorzüge ſeiner Natur verluſtig. Auch den Kindern, o Gott, haſt du gewiſſe Und dieſer Gewinn iſt in jeder Betrachtung ernſt-
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="30"/><fw place="top" type="header">Gewöhnung zur Arbeitſamkeit</fw><lb/> heit ergiebt, der erniedriget ſich ſelbſt, der macht ſich<lb/> der edelſten Vorzüge ſeiner Natur verluſtig.</p><lb/> <p>Auch den Kindern, o Gott, haſt du gewiſſe<lb/> Verrichtungen und Geſchäffte aufgetragen. Du willſt,<lb/> daß ich mich ſchon in frühern Jahren zu dieſer Tu-<lb/> gend gewöhnen und arbeitſam werden ſoll. Mögen<lb/> dieſe meine Geſchäffte immer nur klein und unbedeu-<lb/> tend ſeyn; für mich ſind ſie groß und wichtig, weil<lb/> ſie meinen Kräften und Fähigkeiten angemeſſen und<lb/> mir in meiner Lage auf tauſendfache Art nützlich ſind.<lb/> Ich muß die leichtern Arbeiten, die mir itzt obliegen,<lb/> mit aller der Sorgfalt und Aemſigkeit verrichten, die<lb/> mir möglich iſt. Ich muß nicht ſowohl auf den Er-<lb/> folg, als auf die Abſicht derſelben ſehen. Ich muß<lb/> ihre Wichtigkeit nicht nach dem beurtheilen, was ich<lb/> durch ſie auſſer mir hervorbringe, ſondern nach dem,<lb/> was ich für mich ſelbſt dadurch gewinne.</p><lb/> <p>Und dieſer Gewinn iſt in jeder Betrachtung<lb/> groß. Ich lerne auf dieſe Weiſe meine Gedanken zu-<lb/> ſammennehmen und meine Aufmerkſamkeit auf eine<lb/> Sache feſthalten. Ich lerne nachdenken, Ueberle-<lb/> gungen anſtellen und die Dinge um mich herum von<lb/> mehr als einer Seite betrachten. Ich befreye mich<lb/> dadurch von der ſo drückenden und läſtigen Langenweile,<lb/> die jeden plagt, der mit ſeiner Zeit und ſeinen Kräf-<lb/> ten nichts anzufangen weiß. Ich verhüte tauſend<lb/> Thorheiten und Ungereimtheiten, worein ich gewiß<lb/> verfallen würde, wenn ich unbeſchäfftiget wäre. Ich<lb/> finde das ſicherſte und kräftigſte Mittel wider den<lb/> Leichtſinn darinnen. Ich bekomme Geſchmack an<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ernſt-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0042]
Gewöhnung zur Arbeitſamkeit
heit ergiebt, der erniedriget ſich ſelbſt, der macht ſich
der edelſten Vorzüge ſeiner Natur verluſtig.
Auch den Kindern, o Gott, haſt du gewiſſe
Verrichtungen und Geſchäffte aufgetragen. Du willſt,
daß ich mich ſchon in frühern Jahren zu dieſer Tu-
gend gewöhnen und arbeitſam werden ſoll. Mögen
dieſe meine Geſchäffte immer nur klein und unbedeu-
tend ſeyn; für mich ſind ſie groß und wichtig, weil
ſie meinen Kräften und Fähigkeiten angemeſſen und
mir in meiner Lage auf tauſendfache Art nützlich ſind.
Ich muß die leichtern Arbeiten, die mir itzt obliegen,
mit aller der Sorgfalt und Aemſigkeit verrichten, die
mir möglich iſt. Ich muß nicht ſowohl auf den Er-
folg, als auf die Abſicht derſelben ſehen. Ich muß
ihre Wichtigkeit nicht nach dem beurtheilen, was ich
durch ſie auſſer mir hervorbringe, ſondern nach dem,
was ich für mich ſelbſt dadurch gewinne.
Und dieſer Gewinn iſt in jeder Betrachtung
groß. Ich lerne auf dieſe Weiſe meine Gedanken zu-
ſammennehmen und meine Aufmerkſamkeit auf eine
Sache feſthalten. Ich lerne nachdenken, Ueberle-
gungen anſtellen und die Dinge um mich herum von
mehr als einer Seite betrachten. Ich befreye mich
dadurch von der ſo drückenden und läſtigen Langenweile,
die jeden plagt, der mit ſeiner Zeit und ſeinen Kräf-
ten nichts anzufangen weiß. Ich verhüte tauſend
Thorheiten und Ungereimtheiten, worein ich gewiß
verfallen würde, wenn ich unbeſchäfftiget wäre. Ich
finde das ſicherſte und kräftigſte Mittel wider den
Leichtſinn darinnen. Ich bekomme Geſchmack an
ernſt-
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