größere Glückseligkeit und Vollkommenheit und ewiges Leben ankündiget.
Und diesen Freund sollte ich fürchten! Und vor diesem Friedensboten sollte ich zurückbeben! Nein, dieß thut nur der Lastersclave, nur der vorsätzliche, beharr- liche Sünder, nur der Mensch, der dich und seine Brü- der und die Tugend nicht liebet und dem es sein Ge- wissen saget, daß er keiner Freude und Glückseligkeit in jenem Leben fähig ist. Ja, die Sünde ist der Stachel des Todes. Die Sünde ist es, die dem Tode seine schreck- liche und fürchterliche Gestalt giebt. Die Sünde ist es, die ihre Sclaven mit Angst und Schrecken wegen der Zu- kunft erfüllet und das Sterben zur Strafe für sie machet. Die Sünde ist es, die den leichtsinnigen, den üppi- gen, den stolzen, den wollüstigen, den ganz sinnlichen und niedrig denkenden Menschen eben deßwegen, weil er dieses ist, so sehr ans Leben fesselt, daß er seine un- edlen, thierischen Vergnügungen gern ewig sortgenies- sen möchte. Die Sünde ist es, die dem Menschen das Gefühl seiner Würde und seiner Unsterblichkeit benimmt, oder doch dasselbe schwächet und unwirksam machet. Die Sünde, das böse Gewissen des Men- schen ist es, das ihn so klein und niedrig von dir den- ken, das ihn einen strengen, unerbittlichen Richter in dir fürchten und den liebevollen und weisen Vater ver- kennen läßt.
Wohl mir, o Gott, daß die Sünde nicht so in mir und über mich herrschet, daß sie mich zwar über- eilen, aber nicht zu ihrer Sklavin machen kann! Wohl mir, daß du meine Vorbereitungsjahre auf die Ewig- keit so sehr verlängert und mir so viele Gelegenheiten
und
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einer Betagten und Schwachen.
größere Glückſeligkeit und Vollkommenheit und ewiges Leben ankündiget.
Und dieſen Freund ſollte ich fürchten! Und vor dieſem Friedensboten ſollte ich zurückbeben! Nein, dieß thut nur der Laſterſclave, nur der vorſätzliche, beharr- liche Sünder, nur der Menſch, der dich und ſeine Brü- der und die Tugend nicht liebet und dem es ſein Ge- wiſſen ſaget, daß er keiner Freude und Glückſeligkeit in jenem Leben fähig iſt. Ja, die Sünde iſt der Stachel des Todes. Die Sünde iſt es, die dem Tode ſeine ſchreck- liche und fürchterliche Geſtalt giebt. Die Sünde iſt es, die ihre Sclaven mit Angſt und Schrecken wegen der Zu- kunft erfüllet und das Sterben zur Strafe für ſie machet. Die Sünde iſt es, die den leichtſinnigen, den üppi- gen, den ſtolzen, den wollüſtigen, den ganz ſinnlichen und niedrig denkenden Menſchen eben deßwegen, weil er dieſes iſt, ſo ſehr ans Leben feſſelt, daß er ſeine un- edlen, thieriſchen Vergnügungen gern ewig ſortgenieſ- ſen möchte. Die Sünde iſt es, die dem Menſchen das Gefühl ſeiner Würde und ſeiner Unſterblichkeit benimmt, oder doch daſſelbe ſchwächet und unwirkſam machet. Die Sünde, das böſe Gewiſſen des Men- ſchen iſt es, das ihn ſo klein und niedrig von dir den- ken, das ihn einen ſtrengen, unerbittlichen Richter in dir fürchten und den liebevollen und weiſen Vater ver- kennen läßt.
Wohl mir, o Gott, daß die Sünde nicht ſo in mir und über mich herrſchet, daß ſie mich zwar über- eilen, aber nicht zu ihrer Sklavin machen kann! Wohl mir, daß du meine Vorbereitungsjahre auf die Ewig- keit ſo ſehr verlängert und mir ſo viele Gelegenheiten
und
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einer Betagten und Schwachen.
größere Glückſeligkeit und Vollkommenheit und ewiges
Leben ankündiget.
Und dieſen Freund ſollte ich fürchten! Und vor
dieſem Friedensboten ſollte ich zurückbeben! Nein, dieß
thut nur der Laſterſclave, nur der vorſätzliche, beharr-
liche Sünder, nur der Menſch, der dich und ſeine Brü-
der und die Tugend nicht liebet und dem es ſein Ge-
wiſſen ſaget, daß er keiner Freude und Glückſeligkeit
in jenem Leben fähig iſt. Ja, die Sünde iſt der Stachel
des Todes. Die Sünde iſt es, die dem Tode ſeine ſchreck-
liche und fürchterliche Geſtalt giebt. Die Sünde iſt es, die
ihre Sclaven mit Angſt und Schrecken wegen der Zu-
kunft erfüllet und das Sterben zur Strafe für ſie machet.
Die Sünde iſt es, die den leichtſinnigen, den üppi-
gen, den ſtolzen, den wollüſtigen, den ganz ſinnlichen
und niedrig denkenden Menſchen eben deßwegen, weil
er dieſes iſt, ſo ſehr ans Leben feſſelt, daß er ſeine un-
edlen, thieriſchen Vergnügungen gern ewig ſortgenieſ-
ſen möchte. Die Sünde iſt es, die dem Menſchen
das Gefühl ſeiner Würde und ſeiner Unſterblichkeit
benimmt, oder doch daſſelbe ſchwächet und unwirkſam
machet. Die Sünde, das böſe Gewiſſen des Men-
ſchen iſt es, das ihn ſo klein und niedrig von dir den-
ken, das ihn einen ſtrengen, unerbittlichen Richter in
dir fürchten und den liebevollen und weiſen Vater ver-
kennen läßt.
Wohl mir, o Gott, daß die Sünde nicht ſo in
mir und über mich herrſchet, daß ſie mich zwar über-
eilen, aber nicht zu ihrer Sklavin machen kann! Wohl
mir, daß du meine Vorbereitungsjahre auf die Ewig-
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/381>, abgerufen am 28.06.2024.
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