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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Bey der Versorgung eines Kindes.

O welche Freude habe ich darüber empfunden!
Wie groß fühlte ich mich! wie groß fühlte ich die
Würde, Mutter zu seyn! Welchen Antheil kann
und muß ich nicht an den glücklichen Schicksalen mei-
nes Kindes und an dem Guten nehmen, das durch
dasselbe gestiftet wird! Nun habe ich alle meine Ab-
sichten mit ihm erreicht. Nun hat es die Laufbahn
angetreten, auf welcher es ausharren soll, weil sie
zum Ziele führet. Nun haben die Mühe und Sorg-
falt, die wir auf die Erziehung und den Unterricht
dieses Kindes verwandten, Früchte getragen. Und
dieser Früchte sollte ich mich nicht freuen! Jch sollte
bey der Versorgung meines Kindes, die auch durch
mich und meine Bemühungen befördert worden ist,
nicht voll der innigsten Rührung, nicht voll des dank-
barsten Vergnügens seyn! Nein, diese Sache ist
schon an sich selbst zu wichtig und hat einen zu großen
und mannichfaltigen Einfluß auf meine Denkungsart
und auf die Denkungsart und das Glück anderer, als
daß ich nicht über die Absichten derselben nachdenken
sollte.

Ja, diese Freude, die ich über die Versorgung
meines Kindes empfinde, ist Belohnung für den
Fleiß und die Treue, womit ich an seiner Erziehung
und Bildung gearbeitet habe. Auch dieses ist ein
Beweis, daß in deinem Reiche und unter deiner Auf-
sicht nichts Gutes unbelohnt und ohne Wirkung bleibt.
Früher oder später müssen alle unsere wahrhaft nütz-
lichen Absichten sicher erreicht werden. Früher oder
später zeigen sich gewiß allemal die Folgen des Fleißes,

der
Bey der Verſorgung eines Kindes.

O welche Freude habe ich darüber empfunden!
Wie groß fühlte ich mich! wie groß fühlte ich die
Würde, Mutter zu ſeyn! Welchen Antheil kann
und muß ich nicht an den glücklichen Schickſalen mei-
nes Kindes und an dem Guten nehmen, das durch
daſſelbe geſtiftet wird! Nun habe ich alle meine Ab-
ſichten mit ihm erreicht. Nun hat es die Laufbahn
angetreten, auf welcher es ausharren ſoll, weil ſie
zum Ziele führet. Nun haben die Mühe und Sorg-
falt, die wir auf die Erziehung und den Unterricht
dieſes Kindes verwandten, Früchte getragen. Und
dieſer Früchte ſollte ich mich nicht freuen! Jch ſollte
bey der Verſorgung meines Kindes, die auch durch
mich und meine Bemühungen befördert worden iſt,
nicht voll der innigſten Rührung, nicht voll des dank-
barſten Vergnügens ſeyn! Nein, dieſe Sache iſt
ſchon an ſich ſelbſt zu wichtig und hat einen zu großen
und mannichfaltigen Einfluß auf meine Denkungsart
und auf die Denkungsart und das Glück anderer, als
daß ich nicht über die Abſichten derſelben nachdenken
ſollte.

Ja, dieſe Freude, die ich über die Verſorgung
meines Kindes empfinde, iſt Belohnung für den
Fleiß und die Treue, womit ich an ſeiner Erziehung
und Bildung gearbeitet habe. Auch dieſes iſt ein
Beweis, daß in deinem Reiche und unter deiner Auf-
ſicht nichts Gutes unbelohnt und ohne Wirkung bleibt.
Früher oder ſpäter müſſen alle unſere wahrhaft nütz-
lichen Abſichten ſicher erreicht werden. Früher oder
ſpäter zeigen ſich gewiß allemal die Folgen des Fleißes,

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[302/0314] Bey der Verſorgung eines Kindes. O welche Freude habe ich darüber empfunden! Wie groß fühlte ich mich! wie groß fühlte ich die Würde, Mutter zu ſeyn! Welchen Antheil kann und muß ich nicht an den glücklichen Schickſalen mei- nes Kindes und an dem Guten nehmen, das durch daſſelbe geſtiftet wird! Nun habe ich alle meine Ab- ſichten mit ihm erreicht. Nun hat es die Laufbahn angetreten, auf welcher es ausharren ſoll, weil ſie zum Ziele führet. Nun haben die Mühe und Sorg- falt, die wir auf die Erziehung und den Unterricht dieſes Kindes verwandten, Früchte getragen. Und dieſer Früchte ſollte ich mich nicht freuen! Jch ſollte bey der Verſorgung meines Kindes, die auch durch mich und meine Bemühungen befördert worden iſt, nicht voll der innigſten Rührung, nicht voll des dank- barſten Vergnügens ſeyn! Nein, dieſe Sache iſt ſchon an ſich ſelbſt zu wichtig und hat einen zu großen und mannichfaltigen Einfluß auf meine Denkungsart und auf die Denkungsart und das Glück anderer, als daß ich nicht über die Abſichten derſelben nachdenken ſollte. Ja, dieſe Freude, die ich über die Verſorgung meines Kindes empfinde, iſt Belohnung für den Fleiß und die Treue, womit ich an ſeiner Erziehung und Bildung gearbeitet habe. Auch dieſes iſt ein Beweis, daß in deinem Reiche und unter deiner Auf- ſicht nichts Gutes unbelohnt und ohne Wirkung bleibt. Früher oder ſpäter müſſen alle unſere wahrhaft nütz- lichen Abſichten ſicher erreicht werden. Früher oder ſpäter zeigen ſich gewiß allemal die Folgen des Fleißes, der

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/314>, abgerufen am 24.11.2024.