Ja, o Gott, da du meinen Wunsch erhöret und mich meinen Kindern wieder geschenket hast, so ist es offenbar dein Wille, daß ich mich diesen ganz widmen, daß ich nun aus allen Kräften für sie arbei- ten und für ihr Bestes sorgen soll. Nun sey also meine Liebe zu denselben desto stärker und wirksamer. Nun sey mein Bestreben, sie zu verständigen, klugen, tugendhaften und brauchbaren Menschen und Christen zu erziehen, desto eifriger und anhaltender. Nun sey mir die Bildung ihres Verstandes und Herzens de- sto wichtiger und desto heiligere Pflicht. Nun müsse ich ihre Gesellschaft allen ausserhäuslichen Zerstreuun- gen und Lustbarkeiten desto lieber vorziehen. Nun müsse ich ihrem Unterrichte, ihrer Bildung und ihrem zukünftigen Glücke alles desto bereitwilliger schenken und aufopfern, was dieselben begünstigen oder verhin- dern kann. Nun müsse ich mich täglich bemühen, mein Versprechen zu halten und das zu thun und zu leisten, was ich dir auf meinem Krankenlager zu thun und zu leisten angelobet habe, wenn du mich aufs neue mit Gesundheit und Leben erfreuen würdest.
Und da du mich aufs neue mit Gesundheit und Leben erfreuet hast, o Gott, so kann ich deutlich dar- aus sehen, daß mein Daseyn für die Welt und meine Kinder noch brauchbar ist, und daß ich mit demselben noch fernerhin Nutzen stiften soll. Jn dieser Absicht forderst du von mir, daß ich mein Leben nicht als mein Eigenthum, sondern als ein Gut betrachten soll, das nicht mein ist, das du mir zu wichtigen Absichten
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Dankgebet der wiedergeneſenen Mutter.
Ja, o Gott, da du meinen Wunſch erhöret und mich meinen Kindern wieder geſchenket haſt, ſo iſt es offenbar dein Wille, daß ich mich dieſen ganz widmen, daß ich nun aus allen Kräften für ſie arbei- ten und für ihr Beſtes ſorgen ſoll. Nun ſey alſo meine Liebe zu denſelben deſto ſtärker und wirkſamer. Nun ſey mein Beſtreben, ſie zu verſtändigen, klugen, tugendhaften und brauchbaren Menſchen und Chriſten zu erziehen, deſto eifriger und anhaltender. Nun ſey mir die Bildung ihres Verſtandes und Herzens de- ſto wichtiger und deſto heiligere Pflicht. Nun müſſe ich ihre Geſellſchaft allen auſſerhäuslichen Zerſtreuun- gen und Luſtbarkeiten deſto lieber vorziehen. Nun müſſe ich ihrem Unterrichte, ihrer Bildung und ihrem zukünftigen Glücke alles deſto bereitwilliger ſchenken und aufopfern, was dieſelben begünſtigen oder verhin- dern kann. Nun müſſe ich mich täglich bemühen, mein Verſprechen zu halten und das zu thun und zu leiſten, was ich dir auf meinem Krankenlager zu thun und zu leiſten angelobet habe, wenn du mich aufs neue mit Geſundheit und Leben erfreuen würdeſt.
Und da du mich aufs neue mit Geſundheit und Leben erfreuet haſt, o Gott, ſo kann ich deutlich dar- aus ſehen, daß mein Daſeyn für die Welt und meine Kinder noch brauchbar iſt, und daß ich mit demſelben noch fernerhin Nutzen ſtiften ſoll. Jn dieſer Abſicht forderſt du von mir, daß ich mein Leben nicht als mein Eigenthum, ſondern als ein Gut betrachten ſoll, das nicht mein iſt, das du mir zu wichtigen Abſichten
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Dankgebet der wiedergeneſenen Mutter.
Ja, o Gott, da du meinen Wunſch erhöret
und mich meinen Kindern wieder geſchenket haſt, ſo
iſt es offenbar dein Wille, daß ich mich dieſen ganz
widmen, daß ich nun aus allen Kräften für ſie arbei-
ten und für ihr Beſtes ſorgen ſoll. Nun ſey alſo
meine Liebe zu denſelben deſto ſtärker und wirkſamer.
Nun ſey mein Beſtreben, ſie zu verſtändigen, klugen,
tugendhaften und brauchbaren Menſchen und Chriſten
zu erziehen, deſto eifriger und anhaltender. Nun
ſey mir die Bildung ihres Verſtandes und Herzens de-
ſto wichtiger und deſto heiligere Pflicht. Nun müſſe
ich ihre Geſellſchaft allen auſſerhäuslichen Zerſtreuun-
gen und Luſtbarkeiten deſto lieber vorziehen. Nun
müſſe ich ihrem Unterrichte, ihrer Bildung und ihrem
zukünftigen Glücke alles deſto bereitwilliger ſchenken
und aufopfern, was dieſelben begünſtigen oder verhin-
dern kann. Nun müſſe ich mich täglich bemühen,
mein Verſprechen zu halten und das zu thun und zu
leiſten, was ich dir auf meinem Krankenlager zu thun
und zu leiſten angelobet habe, wenn du mich aufs
neue mit Geſundheit und Leben erfreuen würdeſt.
Und da du mich aufs neue mit Geſundheit und
Leben erfreuet haſt, o Gott, ſo kann ich deutlich dar-
aus ſehen, daß mein Daſeyn für die Welt und meine
Kinder noch brauchbar iſt, und daß ich mit demſelben
noch fernerhin Nutzen ſtiften ſoll. Jn dieſer Abſicht
forderſt du von mir, daß ich mein Leben nicht als
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/272>, abgerufen am 30.06.2024.
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