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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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und Lehrerin des Kindes.
frühesten Jahren an in der Tugend üben und zur wahren
Frömmigkeit anführen. Jch muß dasselbe Gehorsam,
Fleiß, Arbeitsamkeit, Menschenliebe, Versöhnlich-
keit, Geduld, Gelassenheit, Demuth, Sanftmuth,
Mässigkeit, Vertrauen auf dich und deine Fürsorge
lehren und ihm die Schönheit, die Erhabenheit,
den unverkennbaren Nutzen dieser vortrefflichen Tu-
genden an ihm selbst und an andern versinnlichen.
Keine blendenden Grundsätze der so genannten großen
Welt, keine modische Erziehungskunst, kein angesehe-
nes und graues Vorurtheil, kein Spott und Tadel,
nichts darf mich von diesem Vorsatze abbringen.
Die guten Gesinnungen, zu welchen ich mein Kind
anführe, die edle Denkungsart, die ich ihm beybringe,
die sind mehr werth und bringen ungleich größern Vor-
theil als ein mit Kenntnissen angefüllter Verstand,
die sich aber dem Herzen nicht mittheilen und dasselbe
kalt und unempfindlich für das Gute lassen.

Will ich meinen mütterlichen Beruf erfüllen,
so muß ich mich bemühen, aus meinem Kinde ein
nützliches Glied des Staats zu machen und dasselbe
so zu erziehen, daß es für die Menschen, seine Brü-
der, brauchbar und gemeinnützig wird. Kein Ueber-
fluß an irrdischen Gütern kann den Menschen dieser
Pflicht, der Pflicht, der Welt zu nutzen, überheben.
Keine hohe Geburt, kein äusserer Glanz und Schim-
mer entschuldiget die Strafbarkeit eines geschäfftlosen
und unthätigen Lebens. Nein, ich will keine Ehre
darin suchen, wenn ich meinem Kinde einen Ueber-
fluß an Gold und einen berühmten Namen hinter-

lasse.
Q 3

und Lehrerin des Kindes.
früheſten Jahren an in der Tugend üben und zur wahren
Frömmigkeit anführen. Jch muß daſſelbe Gehorſam,
Fleiß, Arbeitſamkeit, Menſchenliebe, Verſöhnlich-
keit, Geduld, Gelaſſenheit, Demuth, Sanftmuth,
Mäſſigkeit, Vertrauen auf dich und deine Fürſorge
lehren und ihm die Schönheit, die Erhabenheit,
den unverkennbaren Nutzen dieſer vortrefflichen Tu-
genden an ihm ſelbſt und an andern verſinnlichen.
Keine blendenden Grundſätze der ſo genannten großen
Welt, keine modiſche Erziehungskunſt, kein angeſehe-
nes und graues Vorurtheil, kein Spott und Tadel,
nichts darf mich von dieſem Vorſatze abbringen.
Die guten Geſinnungen, zu welchen ich mein Kind
anführe, die edle Denkungsart, die ich ihm beybringe,
die ſind mehr werth und bringen ungleich größern Vor-
theil als ein mit Kenntniſſen angefüllter Verſtand,
die ſich aber dem Herzen nicht mittheilen und daſſelbe
kalt und unempfindlich für das Gute laſſen.

Will ich meinen mütterlichen Beruf erfüllen,
ſo muß ich mich bemühen, aus meinem Kinde ein
nützliches Glied des Staats zu machen und daſſelbe
ſo zu erziehen, daß es für die Menſchen, ſeine Brü-
der, brauchbar und gemeinnützig wird. Kein Ueber-
fluß an irrdiſchen Gütern kann den Menſchen dieſer
Pflicht, der Pflicht, der Welt zu nutzen, überheben.
Keine hohe Geburt, kein äuſſerer Glanz und Schim-
mer entſchuldiget die Strafbarkeit eines geſchäfftloſen
und unthätigen Lebens. Nein, ich will keine Ehre
darin ſuchen, wenn ich meinem Kinde einen Ueber-
fluß an Gold und einen berühmten Namen hinter-

laſſe.
Q 3
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[245/0257] und Lehrerin des Kindes. früheſten Jahren an in der Tugend üben und zur wahren Frömmigkeit anführen. Jch muß daſſelbe Gehorſam, Fleiß, Arbeitſamkeit, Menſchenliebe, Verſöhnlich- keit, Geduld, Gelaſſenheit, Demuth, Sanftmuth, Mäſſigkeit, Vertrauen auf dich und deine Fürſorge lehren und ihm die Schönheit, die Erhabenheit, den unverkennbaren Nutzen dieſer vortrefflichen Tu- genden an ihm ſelbſt und an andern verſinnlichen. Keine blendenden Grundſätze der ſo genannten großen Welt, keine modiſche Erziehungskunſt, kein angeſehe- nes und graues Vorurtheil, kein Spott und Tadel, nichts darf mich von dieſem Vorſatze abbringen. Die guten Geſinnungen, zu welchen ich mein Kind anführe, die edle Denkungsart, die ich ihm beybringe, die ſind mehr werth und bringen ungleich größern Vor- theil als ein mit Kenntniſſen angefüllter Verſtand, die ſich aber dem Herzen nicht mittheilen und daſſelbe kalt und unempfindlich für das Gute laſſen. Will ich meinen mütterlichen Beruf erfüllen, ſo muß ich mich bemühen, aus meinem Kinde ein nützliches Glied des Staats zu machen und daſſelbe ſo zu erziehen, daß es für die Menſchen, ſeine Brü- der, brauchbar und gemeinnützig wird. Kein Ueber- fluß an irrdiſchen Gütern kann den Menſchen dieſer Pflicht, der Pflicht, der Welt zu nutzen, überheben. Keine hohe Geburt, kein äuſſerer Glanz und Schim- mer entſchuldiget die Strafbarkeit eines geſchäfftloſen und unthätigen Lebens. Nein, ich will keine Ehre darin ſuchen, wenn ich meinem Kinde einen Ueber- fluß an Gold und einen berühmten Namen hinter- laſſe. Q 3

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/257>, abgerufen am 22.11.2024.