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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Um weise Führung
nachdenke, wie ich jeden Tag und jeden Theil des Ta-
ges recht gut anwenden, wie ich durch Pünktlichkeit
und Ordnung den Wohlstand meiner Familie am besten
und sichersten befördern will.

Was kann in meinem Stande und in meinen
Verhältnissen Tugend seyn, wenn es nicht die Spar-
samkeit ist? Worin kann die große Kunst bestehen,
das Glück einer Familie zu befördern und blühend zu
erhalten, wenn sie nicht in der Sparsamkeit besteht?
Welcher Einsichten und Kenntnisse kann ich mich mit
größerm Rechte rühmen als der Kenntnis dieser Tu-
gend, die vorzüglich in unsern Tagen einen so hohen
Werth erhält? Wenn Leichtsinn, Verschwendung und
Unwissenheit in dem Gebrauche der irrdischen Güter
das ansehnlichste Vermögen in kurzer Zeit verringern
und endlich ganz zerstreuen können, so gereicht es der
Sparsamkeit zum Ruhme, daß sie bey einem mittel-
mäßigen Vorrathe stets der Dürftigkeit vorbauet und
das geringste Einkommen beträchtlich vermehret. Ja,
o Gott, da du mir einmal diese Stelle angewiesen
und solche Geschäffte aufgetragen hast, so kenne ich
keine Tugend, die belohnender für mich und andere
und mit sichtbarern guten Folgen verbunden wäre, als
die vernünftige Sparsamkeit, eine Kunst, die durch
den herrschenden Ton des Zeitalters immer mehr ver-
nachlässiget und den entgegengesetzten Fehlern aufge-
opfert wird.

Und wie viel ist nicht bey der glücklichen Füh-
rung meiner häuslichen Geschäffte daran gelegen, daß
ich meine Gehülfen und Untergebenen auf die gehörige

Art

Um weiſe Führung
nachdenke, wie ich jeden Tag und jeden Theil des Ta-
ges recht gut anwenden, wie ich durch Pünktlichkeit
und Ordnung den Wohlſtand meiner Familie am beſten
und ſicherſten befördern will.

Was kann in meinem Stande und in meinen
Verhältniſſen Tugend ſeyn, wenn es nicht die Spar-
ſamkeit iſt? Worin kann die große Kunſt beſtehen,
das Glück einer Familie zu befördern und blühend zu
erhalten, wenn ſie nicht in der Sparſamkeit beſteht?
Welcher Einſichten und Kenntniſſe kann ich mich mit
größerm Rechte rühmen als der Kenntnis dieſer Tu-
gend, die vorzüglich in unſern Tagen einen ſo hohen
Werth erhält? Wenn Leichtſinn, Verſchwendung und
Unwiſſenheit in dem Gebrauche der irrdiſchen Güter
das anſehnlichſte Vermögen in kurzer Zeit verringern
und endlich ganz zerſtreuen können, ſo gereicht es der
Sparſamkeit zum Ruhme, daß ſie bey einem mittel-
mäßigen Vorrathe ſtets der Dürftigkeit vorbauet und
das geringſte Einkommen beträchtlich vermehret. Ja,
o Gott, da du mir einmal dieſe Stelle angewieſen
und ſolche Geſchäffte aufgetragen haſt, ſo kenne ich
keine Tugend, die belohnender für mich und andere
und mit ſichtbarern guten Folgen verbunden wäre, als
die vernünftige Sparſamkeit, eine Kunſt, die durch
den herrſchenden Ton des Zeitalters immer mehr ver-
nachläſſiget und den entgegengeſetzten Fehlern aufge-
opfert wird.

Und wie viel iſt nicht bey der glücklichen Füh-
rung meiner häuslichen Geſchäffte daran gelegen, daß
ich meine Gehülfen und Untergebenen auf die gehörige

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[188/0200] Um weiſe Führung nachdenke, wie ich jeden Tag und jeden Theil des Ta- ges recht gut anwenden, wie ich durch Pünktlichkeit und Ordnung den Wohlſtand meiner Familie am beſten und ſicherſten befördern will. Was kann in meinem Stande und in meinen Verhältniſſen Tugend ſeyn, wenn es nicht die Spar- ſamkeit iſt? Worin kann die große Kunſt beſtehen, das Glück einer Familie zu befördern und blühend zu erhalten, wenn ſie nicht in der Sparſamkeit beſteht? Welcher Einſichten und Kenntniſſe kann ich mich mit größerm Rechte rühmen als der Kenntnis dieſer Tu- gend, die vorzüglich in unſern Tagen einen ſo hohen Werth erhält? Wenn Leichtſinn, Verſchwendung und Unwiſſenheit in dem Gebrauche der irrdiſchen Güter das anſehnlichſte Vermögen in kurzer Zeit verringern und endlich ganz zerſtreuen können, ſo gereicht es der Sparſamkeit zum Ruhme, daß ſie bey einem mittel- mäßigen Vorrathe ſtets der Dürftigkeit vorbauet und das geringſte Einkommen beträchtlich vermehret. Ja, o Gott, da du mir einmal dieſe Stelle angewieſen und ſolche Geſchäffte aufgetragen haſt, ſo kenne ich keine Tugend, die belohnender für mich und andere und mit ſichtbarern guten Folgen verbunden wäre, als die vernünftige Sparſamkeit, eine Kunſt, die durch den herrſchenden Ton des Zeitalters immer mehr ver- nachläſſiget und den entgegengeſetzten Fehlern aufge- opfert wird. Und wie viel iſt nicht bey der glücklichen Füh- rung meiner häuslichen Geſchäffte daran gelegen, daß ich meine Gehülfen und Untergebenen auf die gehörige Art

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/200>, abgerufen am 22.11.2024.