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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die Liebe.
andern Absicht gegeben, als damit dasselbe das Glück
ihres Lebens machen soll. Du hast auch mein Ge-
schlecht so reizbar gegen diesen Trieb und des edelsten
Genusses desselben so fähig gemacht, daß unsre ganze
weibliche Bestimmung darauf beruhet. Die Liebe
soll eine Quelle der reinsten und unschuldigsten Freu-
den für uns seyn. Sie soll alle unsre übrigen Ver-
gnügungen erhöhen, verfeinern und veredeln. Sie
soll uns den hohen Werth der innigsten Freundschaft
fühlen lassen und derselben fähig machen. Sie kann
und soll uns die Widerwärtigkeiten des Lebens ver-
süssen und erleichtern. Sie kann und soll der Grund
der häuslichen Ordnung, der häuslichen Tugend,
des häuslichen Glücks für uns seyn. In ihr können
und sollen wir zugleich die Befriedigung unsrer mei-
sten und angelegentlichsten Wünsche finden. Die Ver-
hältnisse, in welche sie uns setzet, sollen und müssen
wir als die ersten, als die angenehmsten, als die vor-
züglichsten betrachten. Ihnen müssen wir stets ge-
mäs handeln, weil sich alle übrige nur auf sie bezie-
hen; weil wir nur in ihnen und durch sie so zufrie-
den und glücklich werden können, als wir zu seyn
wünschen.

Aber dieses Glück, diese Freuden und Annehm-
lichkeiten darf ich, deiner Anordnung gemäs, nur
dann von der Liebe erwarten, wenn sie eine Gefährtin
der Unschuld und eine Freundin der Tugend ist und
bleibt. Thöricht wäre es von mir, die Freuden der
Liebe allein oder vorzüglich in dem sinnlichen Genusse der-
selben zu suchen oder mir diesen Genuß zu einer Zeit zu

er-

Die Liebe.
andern Abſicht gegeben, als damit daſſelbe das Glück
ihres Lebens machen ſoll. Du haſt auch mein Ge-
ſchlecht ſo reizbar gegen dieſen Trieb und des edelſten
Genuſſes deſſelben ſo fähig gemacht, daß unſre ganze
weibliche Beſtimmung darauf beruhet. Die Liebe
ſoll eine Quelle der reinſten und unſchuldigſten Freu-
den für uns ſeyn. Sie ſoll alle unſre übrigen Ver-
gnügungen erhöhen, verfeinern und veredeln. Sie
ſoll uns den hohen Werth der innigſten Freundſchaft
fühlen laſſen und derſelben fähig machen. Sie kann
und ſoll uns die Widerwärtigkeiten des Lebens ver-
ſüſſen und erleichtern. Sie kann und ſoll der Grund
der häuslichen Ordnung, der häuslichen Tugend,
des häuslichen Glücks für uns ſeyn. In ihr können
und ſollen wir zugleich die Befriedigung unſrer mei-
ſten und angelegentlichſten Wünſche finden. Die Ver-
hältniſſe, in welche ſie uns ſetzet, ſollen und müſſen
wir als die erſten, als die angenehmſten, als die vor-
züglichſten betrachten. Ihnen müſſen wir ſtets ge-
mäs handeln, weil ſich alle übrige nur auf ſie bezie-
hen; weil wir nur in ihnen und durch ſie ſo zufrie-
den und glücklich werden können, als wir zu ſeyn
wünſchen.

Aber dieſes Glück, dieſe Freuden und Annehm-
lichkeiten darf ich, deiner Anordnung gemäs, nur
dann von der Liebe erwarten, wenn ſie eine Gefährtin
der Unſchuld und eine Freundin der Tugend iſt und
bleibt. Thöricht wäre es von mir, die Freuden der
Liebe allein oder vorzüglich in dem ſinnlichen Genuſſe der-
ſelben zu ſuchen oder mir dieſen Genuß zu einer Zeit zu

er-
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[106/0118] Die Liebe. andern Abſicht gegeben, als damit daſſelbe das Glück ihres Lebens machen ſoll. Du haſt auch mein Ge- ſchlecht ſo reizbar gegen dieſen Trieb und des edelſten Genuſſes deſſelben ſo fähig gemacht, daß unſre ganze weibliche Beſtimmung darauf beruhet. Die Liebe ſoll eine Quelle der reinſten und unſchuldigſten Freu- den für uns ſeyn. Sie ſoll alle unſre übrigen Ver- gnügungen erhöhen, verfeinern und veredeln. Sie ſoll uns den hohen Werth der innigſten Freundſchaft fühlen laſſen und derſelben fähig machen. Sie kann und ſoll uns die Widerwärtigkeiten des Lebens ver- ſüſſen und erleichtern. Sie kann und ſoll der Grund der häuslichen Ordnung, der häuslichen Tugend, des häuslichen Glücks für uns ſeyn. In ihr können und ſollen wir zugleich die Befriedigung unſrer mei- ſten und angelegentlichſten Wünſche finden. Die Ver- hältniſſe, in welche ſie uns ſetzet, ſollen und müſſen wir als die erſten, als die angenehmſten, als die vor- züglichſten betrachten. Ihnen müſſen wir ſtets ge- mäs handeln, weil ſich alle übrige nur auf ſie bezie- hen; weil wir nur in ihnen und durch ſie ſo zufrie- den und glücklich werden können, als wir zu ſeyn wünſchen. Aber dieſes Glück, dieſe Freuden und Annehm- lichkeiten darf ich, deiner Anordnung gemäs, nur dann von der Liebe erwarten, wenn ſie eine Gefährtin der Unſchuld und eine Freundin der Tugend iſt und bleibt. Thöricht wäre es von mir, die Freuden der Liebe allein oder vorzüglich in dem ſinnlichen Genuſſe der- ſelben zu ſuchen oder mir dieſen Genuß zu einer Zeit zu er-

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/118>, abgerufen am 24.11.2024.