Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583.Der ander Grundt / welchen vnser Gegentheil fürbringt / ist dieser: Das Concordi Buch gestchet an vielen Orten / daß deß Men schen Natur vnd Wesen so gantz vnd gar verderbt sey / daß in geistlichen Sachen nichts gutes oder gesundes / auch nicht ein Füncklein gutes mehr an derselben vbrig sey / etc. Ergo, so muß es auch gestehen / daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd der Erbsünde selbst sey. Sünde vnd Schande ist es für Gott / daß man in dieser grossen Sach also spielen soll. Dann menniglich sihet / daß es vnderschiedene Ding sindt / gantz verderbt seyn / vnd die Verderbung selbst seyn. Daß die Menschliche Natur durch vnd durch gantz vnd gar verderbt sey / das lehren vnd bekennen wir im Concordi Buch beständig vnd von Hertzen. Daß wir aber darumb vnd daher mit diesen Leuhten schliessen vnd schwermen solten / die gantz verderbte Natur sey die Verderbung oder Erbsünde selbst / können wir nit thun / wir wolten dann der öffentlichen vnd greifflichen Warheit widersprechen / vnd Lügen Warheit heissen. Gleichfalls gestehen wir gerne / daß der gantze Mensch in seinem ersten Fall mit Leib vnd Seele gesündiget habe. Item / daß der gantze Mensch geistlich zum Guten erstorben sey / Daß durch Adams Fall Menschlich Natur vnd Wesen gantz verderbt sey / etc. Aber darauß folgt nicht / wie das Gegentheil gern erzwingen wolte / daß das verderbte Wesen odverderbte Natur deß Menschen / die Verderbung oder Erbsünde selbst sey. Dz folgt wol / der gantz Mensch hat gesündiget: Ergo, so ist er gantz sündig oder vnrein vnd verderbt. Aber nicht die Sünde / Vnreinigkeit vnd Verderbung selbst wesentlich. Dann viel ein anders ist gantz sündigen mit Leib vnd Seelen / vnd wesentlich gantz die Sünde vnd Vnreinigkeit selbst seyn. Das ist recht geredt: Der gantze Mensch sey geistlich zum Guten erstorben: Aber das schleust nicht. Ergo, so ist der Mensch wesentlich zur Sünde selbst worden. Zum Guten erstorben / vnd wesentlich die Erbsünde selbst worden seyn / sindt so weit von einand vnterschieden / als der Auffgang vom Nidergang. Der ander Grundt / welchen vnser Gegentheil fürbringt / ist dieser: Das Concordi Buch gestchet an vielen Orten / daß deß Men schen Natur vnd Wesen so gantz vnd gar verderbt sey / daß in geistlichen Sachen nichts gutes oder gesundes / auch nicht ein Füncklein gutes mehr an derselben vbrig sey / etc. Ergo, so muß es auch gestehen / daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd der Erbsünde selbst sey. Sünde vnd Schande ist es für Gott / daß man in dieser grossen Sach also spielen soll. Dann menniglich sihet / daß es vnderschiedene Ding sindt / gantz verderbt seyn / vnd die Verderbung selbst seyn. Daß die Menschliche Natur durch vnd durch gantz vñ gar verderbt sey / das lehren vnd bekennen wir im Concordi Buch beständig vnd von Hertzen. Daß wir aber darumb vnd daher mit diesen Leuhten schliessen vnd schwermen solten / die gantz verderbte Natur sey die Verderbung oder Erbsünde selbst / können wir nit thun / wir wolten dann der öffentlichen vnd greifflichen Warheit widersprechen / vnd Lügen Warheit heissen. Gleichfalls gestehen wir gerne / daß der gantze Mensch in seinem ersten Fall mit Leib vñ Seele gesündiget habe. Item / daß der gantze Mensch geistlich zum Guten erstorben sey / Daß durch Adams Fall Menschlich Natur vnd Wesen gantz verderbt sey / etc. Aber darauß folgt nicht / wie das Gegentheil gern erzwingen wolte / daß das verderbte Wesen oďverderbte Natur deß Menschen / die Verderbung oder Erbsünde selbst sey. Dz folgt wol / der gantz Mensch hat gesündiget: Ergo, so ist er gantz sündig oder vnrein vñ verderbt. Aber nicht die Sünde / Vnreinigkeit vnd Verderbung selbst wesentlich. Dañ viel ein anders ist gantz sündigen mit Leib vñ Seelen / vnd wesentlich gantz die Sünde vnd Vnreinigkeit selbst seyn. Das ist recht geredt: Der gantze Mensch sey geistlich zum Guten erstorben: Aber das schleust nicht. Ergo, so ist der Mensch wesentlich zur Sünde selbst worden. 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Der ander Grundt / welchen vnser Gegentheil fürbringt / ist dieser: Das Concordi Buch gestchet an vielen Orten / daß deß Men schen Natur vnd Wesen so gantz vnd gar verderbt sey / daß in geistlichen Sachen nichts gutes oder gesundes / auch nicht ein Füncklein gutes mehr an derselben vbrig sey / etc. Ergo, so muß es auch gestehen / daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd der Erbsünde selbst sey.
Sünde vnd Schande ist es für Gott / daß man in dieser grossen Sach also spielen soll. Dann menniglich sihet / daß es vnderschiedene Ding sindt / gantz verderbt seyn / vnd die Verderbung selbst seyn. Daß die Menschliche Natur durch vnd durch gantz vñ gar verderbt sey / das lehren vnd bekennen wir im Concordi Buch beständig vnd von Hertzen. Daß wir aber darumb vnd daher mit diesen Leuhten schliessen vnd schwermen solten / die gantz verderbte Natur sey die Verderbung oder Erbsünde selbst / können wir nit thun / wir wolten dann der öffentlichen vnd greifflichen Warheit widersprechen / vnd Lügen Warheit heissen.
Gleichfalls gestehen wir gerne / daß der gantze Mensch in seinem ersten Fall mit Leib vñ Seele gesündiget habe. Item / daß der gantze Mensch geistlich zum Guten erstorben sey / Daß durch Adams Fall Menschlich Natur vnd Wesen gantz verderbt sey / etc. Aber darauß folgt nicht / wie das Gegentheil gern erzwingen wolte / daß das verderbte Wesen oďverderbte Natur deß Menschen / die Verderbung oder Erbsünde selbst sey. Dz folgt wol / der gantz Mensch hat gesündiget: Ergo, so ist er gantz sündig oder vnrein vñ verderbt. Aber nicht die Sünde / Vnreinigkeit vnd Verderbung selbst wesentlich. Dañ viel ein anders ist gantz sündigen mit Leib vñ Seelen / vnd wesentlich gantz die Sünde vnd Vnreinigkeit selbst seyn.
Das ist recht geredt: Der gantze Mensch sey geistlich zum Guten erstorben: Aber das schleust nicht. Ergo, so ist der Mensch wesentlich zur Sünde selbst worden. Zum Guten erstorben / vnd wesentlich die Erbsünde selbst worden seyn / sindt so weit von einanď vnterschieden / als der Auffgang vom Nidergang.
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Zitationshilfe: | Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583/32>, abgerufen am 16.02.2025. |