Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583.

Bild:
<< vorherige Seite

andere wesentliche Form erfolget / daß ein solch Indiuiduum oder Creatur nicht bleibe / sondern gantz vergehe. Als zum Exempel / wann die wesentliche Form eines Lewen verwandelt würde in etwas anders / so bliebe der Lewe kein Lewe mehr. Bekeme er aber eine andere wesentliche Form / so wer er etwas anders oder widerwertiges als der vorige Lewe. So lange aber der Lew seine wesentliche Form behält / so lang bleibt er auch derselbige Lewe / vnd ist vnd wirdt nichts anders. Solte nun Adam / durch den Fall / seine wesentliche Form verlohren haben / so müst er ein newe species worden seyn / vnd nicht mehr der vorige Adam / der Natur vnd Wesen nach / gewest seyn. Das ist aber falsch. Solte auch Adams Seele insonderheit durch den Fall / jhre wesentliche Form / Art oder Gestallt verloren haben / vnd eine andere wesentliche Form oder Art vberkommen haben / so müst die Seele sterblich seyn / müste auch nicht mehr die vorige Seele seyn / welche Gott in Adam selbst erschaffen / sondern eine ander vnd newe Seel / welchs auch falsch ist.

Darumb kan die Erbsünde / die wesentliche Form deß Menschen oder die Seele nit seyn. Zu deme daß offenbar / daß der Sünde im Menschen / wenn er zu Gott bekehret wirdt / Gerechtigkeit folget / in welcher die seeligen Menschen in jener Welt leuchten werden wie die Sonne / vnd darzu in der selbigen Seelen / vnd demselbigen Leibe / die sie in dieser Welt gehabt haben. Darumb muß nothwendig folgen / daß die Erbsünde vnd die Gerechtigkeit nicht wesentliche / sondern zufällige Formen seyn. Dann in dem einigen vnd bleibenden Menschen / kan eine der andern folgen / welchs nicht geschehen köndte / wenn / deß Gegentheils Grillen nach / die Erbsünde die wesentliche Form deß Menschen oder der Seelen were. Dann so offt der Mensch von der Bekerung zu Gott vnnd von der Gerechtigkeit abtrette / müst er wesentlich verwandelt vnd ein ander Mensch werden / auch wesentlich ein andere Seele bekommen / vnd wenn er wider zu Gott bekehret würde / müst er abermals eine andere newe Seele / dem Wesen nach von der vorigen vnderscheiden / bekommen.

andere wesentliche Form erfolget / daß ein solch Indiuiduum oder Creatur nicht bleibe / sondern gantz vergehe. Als zum Exempel / wann die wesentliche Form eines Lewen verwandelt würde in etwas anders / so bliebe der Lewe kein Lewe mehr. Bekeme er aber eine andere wesentliche Form / so wer er etwas anders oder widerwertiges als der vorige Lewe. So lange aber der Lew seine wesentliche Form behält / so lang bleibt er auch derselbige Lewe / vnd ist vnd wirdt nichts anders. Solte nun Adam / durch den Fall / seine wesentliche Form verlohren haben / so müst er ein newe species worden seyn / vnd nicht mehr der vorige Adam / der Natur vnd Wesen nach / gewest seyn. Das ist aber falsch. Solte auch Adams Seele insonderheit durch den Fall / jhre wesentliche Form / Art oder Gestallt verloren haben / vnd eine andere wesentliche Form oder Art vberkommen haben / so müst die Seele sterblich seyn / müste auch nicht mehr die vorige Seele seyn / welche Gott in Adam selbst erschaffen / sondern eine ander vnd newe Seel / welchs auch falsch ist.

Darumb kan die Erbsünde / die wesentliche Form deß Menschen oder die Seele nit seyn. Zu deme daß offenbar / daß der Sünde im Menschen / wenn er zu Gott bekehret wirdt / Gerechtigkeit folget / in welcher die seeligen Menschen in jener Welt leuchten werden wie die Sonne / vnd darzu in der selbigen Seelen / vnd demselbigen Leibe / die sie in dieser Welt gehabt haben. Darumb muß nothwendig folgen / daß die Erbsünde vñ die Gerechtigkeit nicht wesentliche / sondern zufällige Formen seyn. Dann in dem einigen vnd bleibenden Menschen / kan eine der andern folgen / welchs nicht geschehen köndte / wenn / deß Gegentheils Grillen nach / die Erbsünde die wesentliche Form deß Menschen oder der Seelen were. Dann so offt der Mensch von der Bekerung zu Gott vnnd von der Gerechtigkeit abtrette / müst er wesentlich verwandelt vnd ein ander Mensch werden / auch wesentlich ein andere Seele bekom̃en / vnd wenn er wider zu Gott bekehret würde / müst er abermals eine andere newe Seele / dem Wesen nach von der vorigen vnderscheiden / bekommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0201" n="95"/>
andere wesentliche Form                      erfolget / daß ein solch Indiuiduum oder Creatur nicht bleibe / sondern gantz                      vergehe. Als zum Exempel / wann die wesentliche Form eines Lewen verwandelt                      würde in etwas anders / so bliebe der Lewe kein Lewe mehr. Bekeme er aber eine                      andere wesentliche Form / so wer er etwas anders oder widerwertiges als der                      vorige Lewe. So lange aber der Lew seine wesentliche Form behält / so lang                      bleibt er auch derselbige Lewe / vnd ist vnd wirdt nichts anders. Solte nun Adam                      / durch den Fall / seine wesentliche Form verlohren haben / so müst er ein newe                      species worden seyn / vnd nicht mehr der vorige Adam / der Natur vnd Wesen nach                      / gewest seyn. Das ist aber falsch. Solte auch Adams Seele insonderheit durch                      den Fall / jhre wesentliche Form / Art oder Gestallt verloren haben / vnd eine                      andere wesentliche Form oder Art vberkommen haben / so müst die Seele sterblich                      seyn / müste auch nicht mehr die vorige Seele seyn / welche Gott in Adam selbst                      erschaffen / sondern eine ander vnd newe Seel / welchs auch falsch ist.</p>
        <p>Darumb kan die Erbsünde / die wesentliche Form deß Menschen oder die Seele nit                      seyn. Zu deme daß offenbar / daß der Sünde im Menschen / wenn er zu Gott                      bekehret wirdt / Gerechtigkeit folget / in welcher die seeligen Menschen in                      jener Welt leuchten werden wie die Sonne / vnd darzu in der selbigen Seelen /                      vnd demselbigen Leibe / die sie in dieser Welt gehabt haben. Darumb muß                      nothwendig folgen / daß die Erbsünde vn&#x0303; die Gerechtigkeit nicht                      wesentliche / sondern zufällige Formen seyn. Dann in dem einigen vnd bleibenden                      Menschen / kan eine der andern folgen / welchs nicht geschehen köndte / wenn /                      deß Gegentheils Grillen nach / die Erbsünde die wesentliche Form deß Menschen                      oder der Seelen were. Dann so offt der Mensch von der Bekerung zu Gott vnnd von                      der Gerechtigkeit abtrette / müst er wesentlich verwandelt vnd ein ander Mensch                      werden / auch wesentlich ein andere Seele bekom&#x0303;en / vnd wenn er                      wider zu Gott bekehret würde / müst er abermals eine andere newe Seele / dem                      Wesen nach von der vorigen vnderscheiden / bekommen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0201] andere wesentliche Form erfolget / daß ein solch Indiuiduum oder Creatur nicht bleibe / sondern gantz vergehe. Als zum Exempel / wann die wesentliche Form eines Lewen verwandelt würde in etwas anders / so bliebe der Lewe kein Lewe mehr. Bekeme er aber eine andere wesentliche Form / so wer er etwas anders oder widerwertiges als der vorige Lewe. So lange aber der Lew seine wesentliche Form behält / so lang bleibt er auch derselbige Lewe / vnd ist vnd wirdt nichts anders. Solte nun Adam / durch den Fall / seine wesentliche Form verlohren haben / so müst er ein newe species worden seyn / vnd nicht mehr der vorige Adam / der Natur vnd Wesen nach / gewest seyn. Das ist aber falsch. Solte auch Adams Seele insonderheit durch den Fall / jhre wesentliche Form / Art oder Gestallt verloren haben / vnd eine andere wesentliche Form oder Art vberkommen haben / so müst die Seele sterblich seyn / müste auch nicht mehr die vorige Seele seyn / welche Gott in Adam selbst erschaffen / sondern eine ander vnd newe Seel / welchs auch falsch ist. Darumb kan die Erbsünde / die wesentliche Form deß Menschen oder die Seele nit seyn. Zu deme daß offenbar / daß der Sünde im Menschen / wenn er zu Gott bekehret wirdt / Gerechtigkeit folget / in welcher die seeligen Menschen in jener Welt leuchten werden wie die Sonne / vnd darzu in der selbigen Seelen / vnd demselbigen Leibe / die sie in dieser Welt gehabt haben. Darumb muß nothwendig folgen / daß die Erbsünde vñ die Gerechtigkeit nicht wesentliche / sondern zufällige Formen seyn. Dann in dem einigen vnd bleibenden Menschen / kan eine der andern folgen / welchs nicht geschehen köndte / wenn / deß Gegentheils Grillen nach / die Erbsünde die wesentliche Form deß Menschen oder der Seelen were. Dann so offt der Mensch von der Bekerung zu Gott vnnd von der Gerechtigkeit abtrette / müst er wesentlich verwandelt vnd ein ander Mensch werden / auch wesentlich ein andere Seele bekom̃en / vnd wenn er wider zu Gott bekehret würde / müst er abermals eine andere newe Seele / dem Wesen nach von der vorigen vnderscheiden / bekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583/201
Zitationshilfe: Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583/201>, abgerufen am 22.11.2024.