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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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in das Verhältniß von Productionsübernehmern. Es bildet sich
das sogenannte Kaufsystem, das freilich auch nur in den wenig-
sten Fällen die Bedingungen längeren Fortbestehens in sich trägt
und meistens später durch das Fabriksystem verdrängt wird 1).
Und nicht minder wirkt gerade die höhere Entwickelung der Pro-
ductionsverhältnisse dahin, einen Theil der vollkommenen Unter-
nehmer in gewisser Beziehung wieder in unvollkommene zu ver-
wandeln. Durch die Erweiterung der Production und das Da-
zwischentreten der en gros Händler zwischen die Producenten und
die Ausnutzer werden nämlich die großen periodischen Central-
anstalten für den Absatz der Producte aus Waarenmärkten immer
mehr zu Mustermärkten 1), und die Inhaber umfangreicher In-
dustrieetablissements vertauschen die Production auf Vorrath mehr
oder minder wieder mit der auf Bestellung; doch unterscheiden
sie sich von den gewöhnlichen unvollkommenen Unternehmern in
so fern, als sie meistens eben selbst die Anregung zu dem zu
bestellenden Producte gegeben haben müssen.

Die in der Vertheilung der Güter bestehende Production,
der Handel, tritt als eine regelmäßige selbständige Erscheinung
erst später hervor, als die Occupation, die Stoffproduction und

1) Das Kaufsystem entsteht freilich auch häufig durch die Verwandlung
industrieller Nebenbeschäftigungen in Hauptbeschäftigungen. Von dieser Seite
wird es namentlich in den lesenswerthen Artikeln (von Weinlig?) des Dresdner
Journals von 1851: Was haben wir in London gelernt? aufgefaßt, in deren
zweitem auch eine vortreffliche Darstellung des Uebergangsprocesses vom
Kauf- zum Fabriksystem gegeben ist.
1) Vergl. hierüber und über die Bedeutung, welche die Industrieaus-
stellungen in dieser Beziehung haben: Knies, Die Eisenbahnen und ihre
Wirkungen, Braunschweig 1853. S. 112, und meine Abhandlung: Münchner
Ergebnisse, in Gutzkow's Unterhaltungen am häuslichen Herd. Jahrgang III.
Nr. 4.

in das Verhaͤltniß von Productionsuͤbernehmern. Es bildet ſich
das ſogenannte Kaufſyſtem, das freilich auch nur in den wenig-
ſten Faͤllen die Bedingungen laͤngeren Fortbeſtehens in ſich traͤgt
und meiſtens ſpaͤter durch das Fabrikſyſtem verdraͤngt wird 1).
Und nicht minder wirkt gerade die hoͤhere Entwickelung der Pro-
ductionsverhaͤltniſſe dahin, einen Theil der vollkommenen Unter-
nehmer in gewiſſer Beziehung wieder in unvollkommene zu ver-
wandeln. Durch die Erweiterung der Production und das Da-
zwiſchentreten der en gros Haͤndler zwiſchen die Producenten und
die Ausnutzer werden naͤmlich die großen periodiſchen Central-
anſtalten fuͤr den Abſatz der Producte aus Waarenmaͤrkten immer
mehr zu Muſtermaͤrkten 1), und die Inhaber umfangreicher In-
duſtrieetabliſſements vertauſchen die Production auf Vorrath mehr
oder minder wieder mit der auf Beſtellung; doch unterſcheiden
ſie ſich von den gewoͤhnlichen unvollkommenen Unternehmern in
ſo fern, als ſie meiſtens eben ſelbſt die Anregung zu dem zu
beſtellenden Producte gegeben haben muͤſſen.

Die in der Vertheilung der Guͤter beſtehende Production,
der Handel, tritt als eine regelmaͤßige ſelbſtaͤndige Erſcheinung
erſt ſpaͤter hervor, als die Occupation, die Stoffproduction und

1) Das Kaufſyſtem entſteht freilich auch häufig durch die Verwandlung
induſtrieller Nebenbeſchäftigungen in Hauptbeſchäftigungen. Von dieſer Seite
wird es namentlich in den leſenswerthen Artikeln (von Weinlig?) des Dresdner
Journals von 1851: Was haben wir in London gelernt? aufgefaßt, in deren
zweitem auch eine vortreffliche Darſtellung des Uebergangsproceſſes vom
Kauf- zum Fabrikſyſtem gegeben iſt.
1) Vergl. hierüber und über die Bedeutung, welche die Induſtrieaus-
ſtellungen in dieſer Beziehung haben: Knies, Die Eiſenbahnen und ihre
Wirkungen, Braunſchweig 1853. S. 112, und meine Abhandlung: Münchner
Ergebniſſe, in Gutzkow’s Unterhaltungen am häuslichen Herd. Jahrgang III.
Nr. 4.
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[76/0088] in das Verhaͤltniß von Productionsuͤbernehmern. Es bildet ſich das ſogenannte Kaufſyſtem, das freilich auch nur in den wenig- ſten Faͤllen die Bedingungen laͤngeren Fortbeſtehens in ſich traͤgt und meiſtens ſpaͤter durch das Fabrikſyſtem verdraͤngt wird 1). Und nicht minder wirkt gerade die hoͤhere Entwickelung der Pro- ductionsverhaͤltniſſe dahin, einen Theil der vollkommenen Unter- nehmer in gewiſſer Beziehung wieder in unvollkommene zu ver- wandeln. Durch die Erweiterung der Production und das Da- zwiſchentreten der en gros Haͤndler zwiſchen die Producenten und die Ausnutzer werden naͤmlich die großen periodiſchen Central- anſtalten fuͤr den Abſatz der Producte aus Waarenmaͤrkten immer mehr zu Muſtermaͤrkten 1), und die Inhaber umfangreicher In- duſtrieetabliſſements vertauſchen die Production auf Vorrath mehr oder minder wieder mit der auf Beſtellung; doch unterſcheiden ſie ſich von den gewoͤhnlichen unvollkommenen Unternehmern in ſo fern, als ſie meiſtens eben ſelbſt die Anregung zu dem zu beſtellenden Producte gegeben haben muͤſſen. Die in der Vertheilung der Guͤter beſtehende Production, der Handel, tritt als eine regelmaͤßige ſelbſtaͤndige Erſcheinung erſt ſpaͤter hervor, als die Occupation, die Stoffproduction und 1) Das Kaufſyſtem entſteht freilich auch häufig durch die Verwandlung induſtrieller Nebenbeſchäftigungen in Hauptbeſchäftigungen. Von dieſer Seite wird es namentlich in den leſenswerthen Artikeln (von Weinlig?) des Dresdner Journals von 1851: Was haben wir in London gelernt? aufgefaßt, in deren zweitem auch eine vortreffliche Darſtellung des Uebergangsproceſſes vom Kauf- zum Fabrikſyſtem gegeben iſt. 1) Vergl. hierüber und über die Bedeutung, welche die Induſtrieaus- ſtellungen in dieſer Beziehung haben: Knies, Die Eiſenbahnen und ihre Wirkungen, Braunſchweig 1853. S. 112, und meine Abhandlung: Münchner Ergebniſſe, in Gutzkow’s Unterhaltungen am häuslichen Herd. Jahrgang III. Nr. 4.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/88>, abgerufen am 27.11.2024.