friedigung erhöhter Bedürfnisse bekannt gemacht haben. Der Anblick des Comforts der Reichen weckt die Aermern erst zu nacheifernder Thätigkeit, u. s. w. Der Unternehmungsgeist ist es, welcher die Mehrzahl dieser Erscheinungen erklärt; er wirkt der Kraft der Trägheit entgegen, welche die Menschen bei dem jeweilig gegebenen Zustande der wirthschaftlichen Befriedigung festzuhalten strebt. Von den nur erwähnten Beispielen, wo die Production dem Bedürfnisse zuvorkommt, sind die beiden erste- ren nichts Anderes, als Erscheinungen des Unternehmungsgeistes, das letztere dagegen weist noch auf einen andern Hebel gegen die bezeichnete Kraft der Trägheit hin, nämlich die Ungleichheit des Besitzes. Aber diese scheint an Bedeutung doch weit hinter dem Unternehmungsgeiste zurückzustehen. Sie wirkt einmal nur unter mannichfache Abstufungen darbietenden Besitzverhältnissen, sowie unter der Voraussetzung einer möglichst wenig beschränkten Freiheit des Erwerbs und auch dann nur so weit, daß sie die verhältnißmäßig Aermern nach den Genüssen trachten läßt, wie sie sich die Reichern in dem jeweilig gegebenen Zustande verschaf- fen können. Aber sie hebt über diesen Zustand nicht hinaus. Je mächtiger sie wirkt, je mehr also die Aermern den Reichern nahe kommen, desto mehr verliert sie an Kraft und hebt sich end- lich selbst auf. Wie wenig aber dabei darauf zu rechnen ist, daß der Reichthum aus sich selbst heraus Fortschritte der Pro- duction hervorrufe, darüber belehrt uns beispielsweise die Ver- legenheit der Höchstvermögenden, den Genüssen, über welche sie verfügen können, neue noch nicht dagewesene Elemente hinzuzu- fügen, ohne in widersinnige Verschwendung zu gerathen. Wie wenig neue Gattungen von Producten hat der Reichthum her- vorgerufen, wie viele dagegen der Unternehmungsgeist! Und das ist erklärlich genug. Der reiche Mann wird durch die Genüsse, die ihm zu Gebote stehen, meistens so in Anspruch genommen,
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friedigung erhoͤhter Beduͤrfniſſe bekannt gemacht haben. Der Anblick des Comforts der Reichen weckt die Aermern erſt zu nacheifernder Thaͤtigkeit, u. ſ. w. Der Unternehmungsgeiſt iſt es, welcher die Mehrzahl dieſer Erſcheinungen erklaͤrt; er wirkt der Kraft der Traͤgheit entgegen, welche die Menſchen bei dem jeweilig gegebenen Zuſtande der wirthſchaftlichen Befriedigung feſtzuhalten ſtrebt. Von den nur erwaͤhnten Beiſpielen, wo die Production dem Beduͤrfniſſe zuvorkommt, ſind die beiden erſte- ren nichts Anderes, als Erſcheinungen des Unternehmungsgeiſtes, das letztere dagegen weiſt noch auf einen andern Hebel gegen die bezeichnete Kraft der Traͤgheit hin, naͤmlich die Ungleichheit des Beſitzes. Aber dieſe ſcheint an Bedeutung doch weit hinter dem Unternehmungsgeiſte zuruͤckzuſtehen. Sie wirkt einmal nur unter mannichfache Abſtufungen darbietenden Beſitzverhaͤltniſſen, ſowie unter der Vorausſetzung einer moͤglichſt wenig beſchraͤnkten Freiheit des Erwerbs und auch dann nur ſo weit, daß ſie die verhaͤltnißmaͤßig Aermern nach den Genuͤſſen trachten laͤßt, wie ſie ſich die Reichern in dem jeweilig gegebenen Zuſtande verſchaf- fen koͤnnen. Aber ſie hebt uͤber dieſen Zuſtand nicht hinaus. Je maͤchtiger ſie wirkt, je mehr alſo die Aermern den Reichern nahe kommen, deſto mehr verliert ſie an Kraft und hebt ſich end- lich ſelbſt auf. Wie wenig aber dabei darauf zu rechnen iſt, daß der Reichthum aus ſich ſelbſt heraus Fortſchritte der Pro- duction hervorrufe, daruͤber belehrt uns beiſpielsweiſe die Ver- legenheit der Hoͤchſtvermoͤgenden, den Genuͤſſen, uͤber welche ſie verfuͤgen koͤnnen, neue noch nicht dageweſene Elemente hinzuzu- fuͤgen, ohne in widerſinnige Verſchwendung zu gerathen. Wie wenig neue Gattungen von Producten hat der Reichthum her- vorgerufen, wie viele dagegen der Unternehmungsgeiſt! Und das iſt erklaͤrlich genug. Der reiche Mann wird durch die Genuͤſſe, die ihm zu Gebote ſtehen, meiſtens ſo in Anſpruch genommen,
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friedigung erhoͤhter Beduͤrfniſſe bekannt gemacht haben. Der
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nacheifernder Thaͤtigkeit, u. ſ. w. Der Unternehmungsgeiſt iſt
es, welcher die Mehrzahl dieſer Erſcheinungen erklaͤrt; er wirkt
der Kraft der Traͤgheit entgegen, welche die Menſchen bei dem
jeweilig gegebenen Zuſtande der wirthſchaftlichen Befriedigung
feſtzuhalten ſtrebt. Von den nur erwaͤhnten Beiſpielen, wo die
Production dem Beduͤrfniſſe zuvorkommt, ſind die beiden erſte-
ren nichts Anderes, als Erſcheinungen des Unternehmungsgeiſtes,
das letztere dagegen weiſt noch auf einen andern Hebel gegen
die bezeichnete Kraft der Traͤgheit hin, naͤmlich die Ungleichheit
des Beſitzes. Aber dieſe ſcheint an Bedeutung doch weit hinter
dem Unternehmungsgeiſte zuruͤckzuſtehen. Sie wirkt einmal nur
unter mannichfache Abſtufungen darbietenden Beſitzverhaͤltniſſen,
ſowie unter der Vorausſetzung einer moͤglichſt wenig beſchraͤnkten
Freiheit des Erwerbs und auch dann nur ſo weit, daß ſie die
verhaͤltnißmaͤßig Aermern nach den Genuͤſſen trachten laͤßt, wie
ſie ſich die Reichern in dem jeweilig gegebenen Zuſtande verſchaf-
fen koͤnnen. Aber ſie hebt uͤber dieſen Zuſtand nicht hinaus.
Je maͤchtiger ſie wirkt, je mehr alſo die Aermern den Reichern
nahe kommen, deſto mehr verliert ſie an Kraft und hebt ſich end-
lich ſelbſt auf. Wie wenig aber dabei darauf zu rechnen iſt,
daß der Reichthum aus ſich ſelbſt heraus Fortſchritte der Pro-
duction hervorrufe, daruͤber belehrt uns beiſpielsweiſe die Ver-
legenheit der Hoͤchſtvermoͤgenden, den Genuͤſſen, uͤber welche ſie
verfuͤgen koͤnnen, neue noch nicht dageweſene Elemente hinzuzu-
fuͤgen, ohne in widerſinnige Verſchwendung zu gerathen. Wie
wenig neue Gattungen von Producten hat der Reichthum her-
vorgerufen, wie viele dagegen der Unternehmungsgeiſt! Und das
iſt erklaͤrlich genug. Der reiche Mann wird durch die Genuͤſſe,
die ihm zu Gebote ſtehen, meiſtens ſo in Anſpruch genommen,
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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/79>, abgerufen am 31.07.2024.
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