nicht mehr lohnt. Sind die Capitalien der betreffenden Art leicht vergänglich, so wird sich ihre Menge bald vermindern und dadurch, insofern sie nicht eben durch einen billigern Ersatz ganz verdrängt zu werden bestimmt sind, wieder in Verhältniß zum Begehr setzen; erhalten sie sich dagegen fort, so muß ihr Werth im Verhältniß zur Verminderung des Zinsertrags abnehmen. Der Gefahr, eine Zinseinbuße zu erleiden, sind Capitalien um so mehr ausgesetzt, einerseits je geringer die Zahl der Bedürf- nisse ist, denen sie zu dienen vermögen, und je weniger ver- breitet und je wandelbarer diese Bedürfnisse sind; andererseits, wenn sie dringenden und in weiten Kreisen empfundenen Be- dürfnissen abhelfen, je zufälliger ihre Entstehung und je unwirth- schaftlicher und mangelhafter die Art ist, in welcher sie die be- treffenden Bedürfnisse befriedigen; denn um so energischer wird im letztern Falle das Bestreben sein, einen wohlfeileren oder ausgiebigeren Ersatz für sie zu finden, und um so mehr wird es Aussicht auf Erfolg haben. Am sichersten verhältnißmäßig sind solche Capitalien, die überwiegend das Erzeugniß einer rationell geleiteten Arbeit sind und die selbst in rationeller Weise zur Erzeugung von Producten mitwirken, welche ein allgemein ver- breitetes und tiefwurzelndes, aber nicht übermäßig dringliches Bedürfniß befriedigen. Der allgemeine Fortschritt befördert die Zinseinbuße durch die Vermehrung des stehenden Capitals und durch den Charakter der Specialisirung, welchen er der Güter- welt überhaupt verleiht, in Verbindung mit der Regsamkeit, die er in die Bestrebungen nach technischen Verbesserungen aller Art bringt; er tritt ihr aber entgegen dadurch, daß er die Bedürf- nisse verallgemeinert und stetiger macht, sowie indem er ihrer Befriedigung eine immer rationellere Grundlage giebt. Perioden eines plötzlichen Aufschwungs der Volkswirthschaft aus Trägheit und Schlendrian zu einem wissenschaftlich begründeten Betrieb
nicht mehr lohnt. Sind die Capitalien der betreffenden Art leicht vergaͤnglich, ſo wird ſich ihre Menge bald vermindern und dadurch, inſofern ſie nicht eben durch einen billigern Erſatz ganz verdraͤngt zu werden beſtimmt ſind, wieder in Verhaͤltniß zum Begehr ſetzen; erhalten ſie ſich dagegen fort, ſo muß ihr Werth im Verhaͤltniß zur Verminderung des Zinsertrags abnehmen. Der Gefahr, eine Zinseinbuße zu erleiden, ſind Capitalien um ſo mehr ausgeſetzt, einerſeits je geringer die Zahl der Beduͤrf- niſſe iſt, denen ſie zu dienen vermoͤgen, und je weniger ver- breitet und je wandelbarer dieſe Beduͤrfniſſe ſind; andererſeits, wenn ſie dringenden und in weiten Kreiſen empfundenen Be- duͤrfniſſen abhelfen, je zufaͤlliger ihre Entſtehung und je unwirth- ſchaftlicher und mangelhafter die Art iſt, in welcher ſie die be- treffenden Beduͤrfniſſe befriedigen; denn um ſo energiſcher wird im letztern Falle das Beſtreben ſein, einen wohlfeileren oder ausgiebigeren Erſatz fuͤr ſie zu finden, und um ſo mehr wird es Ausſicht auf Erfolg haben. Am ſicherſten verhaͤltnißmaͤßig ſind ſolche Capitalien, die uͤberwiegend das Erzeugniß einer rationell geleiteten Arbeit ſind und die ſelbſt in rationeller Weiſe zur Erzeugung von Producten mitwirken, welche ein allgemein ver- breitetes und tiefwurzelndes, aber nicht uͤbermaͤßig dringliches Beduͤrfniß befriedigen. Der allgemeine Fortſchritt befoͤrdert die Zinseinbuße durch die Vermehrung des ſtehenden Capitals und durch den Charakter der Specialiſirung, welchen er der Guͤter- welt uͤberhaupt verleiht, in Verbindung mit der Regſamkeit, die er in die Beſtrebungen nach techniſchen Verbeſſerungen aller Art bringt; er tritt ihr aber entgegen dadurch, daß er die Beduͤrf- niſſe verallgemeinert und ſtetiger macht, ſowie indem er ihrer Befriedigung eine immer rationellere Grundlage giebt. Perioden eines ploͤtzlichen Aufſchwungs der Volkswirthſchaft aus Traͤgheit und Schlendrian zu einem wiſſenſchaftlich begruͤndeten Betrieb
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nicht mehr lohnt. Sind die Capitalien der betreffenden Art
leicht vergaͤnglich, ſo wird ſich ihre Menge bald vermindern und
dadurch, inſofern ſie nicht eben durch einen billigern Erſatz ganz
verdraͤngt zu werden beſtimmt ſind, wieder in Verhaͤltniß zum
Begehr ſetzen; erhalten ſie ſich dagegen fort, ſo muß ihr Werth
im Verhaͤltniß zur Verminderung des Zinsertrags abnehmen.
Der Gefahr, eine Zinseinbuße zu erleiden, ſind Capitalien um
ſo mehr ausgeſetzt, einerſeits je geringer die Zahl der Beduͤrf-
niſſe iſt, denen ſie zu dienen vermoͤgen, und je weniger ver-
breitet und je wandelbarer dieſe Beduͤrfniſſe ſind; andererſeits,
wenn ſie dringenden und in weiten Kreiſen empfundenen Be-
duͤrfniſſen abhelfen, je zufaͤlliger ihre Entſtehung und je unwirth-
ſchaftlicher und mangelhafter die Art iſt, in welcher ſie die be-
treffenden Beduͤrfniſſe befriedigen; denn um ſo energiſcher wird
im letztern Falle das Beſtreben ſein, einen wohlfeileren oder
ausgiebigeren Erſatz fuͤr ſie zu finden, und um ſo mehr wird es
Ausſicht auf Erfolg haben. Am ſicherſten verhaͤltnißmaͤßig ſind
ſolche Capitalien, die uͤberwiegend das Erzeugniß einer rationell
geleiteten Arbeit ſind und die ſelbſt in rationeller Weiſe zur
Erzeugung von Producten mitwirken, welche ein allgemein ver-
breitetes und tiefwurzelndes, aber nicht uͤbermaͤßig dringliches
Beduͤrfniß befriedigen. Der allgemeine Fortſchritt befoͤrdert die
Zinseinbuße durch die Vermehrung des ſtehenden Capitals und
durch den Charakter der Specialiſirung, welchen er der Guͤter-
welt uͤberhaupt verleiht, in Verbindung mit der Regſamkeit, die
er in die Beſtrebungen nach techniſchen Verbeſſerungen aller Art
bringt; er tritt ihr aber entgegen dadurch, daß er die Beduͤrf-
niſſe verallgemeinert und ſtetiger macht, ſowie indem er ihrer
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und Schlendrian zu einem wiſſenſchaftlich begruͤndeten Betrieb
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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/160>, abgerufen am 08.07.2024.
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