Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

stärkerem Maße vermindert sich die Füglichkeit, ihn in der ge-
gebenen Beschränkung zu benutzen; nur die wirklich hervorragende
Persönlichkeit zieht aus der größeren Leichtigkeit, Capital aufzu-
nehmen, Vortheil. Wenn bei minder entwickelter Cultur die
Zahl der größeren Unternehmer trotz des in Aussicht stehenden
höheren Gewinns sich nicht vermehrt, so beruht dieß auf der
geringen Zahl derjenigen, die im eigenen Vermögensbesitz eine
genügende Dispositionsfähigkeit haben; wenn das Gleiche unter
entwickelteren Culturverhältnissen geschieht, so ist es zum größten
Theile eine Folge der Seltenheit solcher persönlicher Eigenschaften,
die Credit in dem verlangten Umfange eröffnen. Dieser Theil
der Rente der Unternehmer und mit ihr der höhere Preis der
Producte fällt dort weg, wenn sich die wohlhabenden Besitzer,
hier, wenn sich die fähigen Persönlichkeiten vermehren. Was
nun die Credit verleihenden persönlichen Eigenschaften betrifft,
so ist schon bemerkt, daß dieselben wesentlich doppelter Art sind,
nämlich Erwerbs- und Wirthschaftsfähigkeit und Rechtschaffen-
heit; hier sei nur noch auf Eines aufmerksam gemacht. Man
könnte glauben, bei höherer Cultur müsse die Bedeutung der
Rechtschaffenheit für den Credit hinter der der Erwerbs- und
Wirthschaftsfähigkeit zurücktreten, da die größere Ausbildung des
Rechtes den Gläubiger vor Betrügereien sicher stellen müsse.
Dem ist jedoch nicht so, und nirgends ist die persönliche Solidität
wichtiger für den Credit, als auf den höchsten Culturstufen. Die
Ursache ist wohl hauptsächlich darin zu suchen, daß die größere
Complication der Unternehmungen für nicht Sachverständige eine
genaue Einsicht in dieselben erschwert und juristischer Vorsichts-
maßregeln spottet, sowie darin, daß der gesteigerte Verkehr ein
immer coulanteres Verfahren erfordert.

Die Höhe dieses Theils der Unternehmerrente, die wir
Großunternehmerrente nennen können, bestimmt sich einer-

ſtaͤrkerem Maße vermindert ſich die Fuͤglichkeit, ihn in der ge-
gebenen Beſchraͤnkung zu benutzen; nur die wirklich hervorragende
Perſoͤnlichkeit zieht aus der groͤßeren Leichtigkeit, Capital aufzu-
nehmen, Vortheil. Wenn bei minder entwickelter Cultur die
Zahl der groͤßeren Unternehmer trotz des in Ausſicht ſtehenden
hoͤheren Gewinns ſich nicht vermehrt, ſo beruht dieß auf der
geringen Zahl derjenigen, die im eigenen Vermoͤgensbeſitz eine
genuͤgende Dispoſitionsfaͤhigkeit haben; wenn das Gleiche unter
entwickelteren Culturverhaͤltniſſen geſchieht, ſo iſt es zum groͤßten
Theile eine Folge der Seltenheit ſolcher perſoͤnlicher Eigenſchaften,
die Credit in dem verlangten Umfange eroͤffnen. Dieſer Theil
der Rente der Unternehmer und mit ihr der hoͤhere Preis der
Producte faͤllt dort weg, wenn ſich die wohlhabenden Beſitzer,
hier, wenn ſich die faͤhigen Perſoͤnlichkeiten vermehren. Was
nun die Credit verleihenden perſoͤnlichen Eigenſchaften betrifft,
ſo iſt ſchon bemerkt, daß dieſelben weſentlich doppelter Art ſind,
naͤmlich Erwerbs- und Wirthſchaftsfaͤhigkeit und Rechtſchaffen-
heit; hier ſei nur noch auf Eines aufmerkſam gemacht. Man
koͤnnte glauben, bei hoͤherer Cultur muͤſſe die Bedeutung der
Rechtſchaffenheit fuͤr den Credit hinter der der Erwerbs- und
Wirthſchaftsfaͤhigkeit zuruͤcktreten, da die groͤßere Ausbildung des
Rechtes den Glaͤubiger vor Betruͤgereien ſicher ſtellen muͤſſe.
Dem iſt jedoch nicht ſo, und nirgends iſt die perſoͤnliche Soliditaͤt
wichtiger fuͤr den Credit, als auf den hoͤchſten Culturſtufen. Die
Urſache iſt wohl hauptſaͤchlich darin zu ſuchen, daß die groͤßere
Complication der Unternehmungen fuͤr nicht Sachverſtaͤndige eine
genaue Einſicht in dieſelben erſchwert und juriſtiſcher Vorſichts-
maßregeln ſpottet, ſowie darin, daß der geſteigerte Verkehr ein
immer coulanteres Verfahren erfordert.

Die Hoͤhe dieſes Theils der Unternehmerrente, die wir
Großunternehmerrente nennen koͤnnen, beſtimmt ſich einer-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="133"/>
&#x017F;ta&#x0364;rkerem Maße vermindert &#x017F;ich die Fu&#x0364;glichkeit, ihn in der ge-<lb/>
gebenen Be&#x017F;chra&#x0364;nkung zu benutzen; nur die wirklich hervorragende<lb/>
Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit zieht aus der gro&#x0364;ßeren Leichtigkeit, Capital aufzu-<lb/>
nehmen, Vortheil. Wenn bei minder entwickelter Cultur die<lb/>
Zahl der gro&#x0364;ßeren Unternehmer trotz des in Aus&#x017F;icht &#x017F;tehenden<lb/>
ho&#x0364;heren Gewinns &#x017F;ich nicht vermehrt, &#x017F;o beruht dieß auf der<lb/>
geringen Zahl derjenigen, die im eigenen Vermo&#x0364;gensbe&#x017F;itz eine<lb/>
genu&#x0364;gende Dispo&#x017F;itionsfa&#x0364;higkeit haben; wenn das Gleiche unter<lb/>
entwickelteren Culturverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chieht, &#x017F;o i&#x017F;t es zum gro&#x0364;ßten<lb/>
Theile eine Folge der Seltenheit &#x017F;olcher per&#x017F;o&#x0364;nlicher Eigen&#x017F;chaften,<lb/>
die Credit in dem verlangten Umfange ero&#x0364;ffnen. Die&#x017F;er Theil<lb/>
der Rente der Unternehmer und mit ihr der ho&#x0364;here Preis der<lb/>
Producte fa&#x0364;llt dort weg, wenn &#x017F;ich die wohlhabenden Be&#x017F;itzer,<lb/>
hier, wenn &#x017F;ich die fa&#x0364;higen Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeiten vermehren. Was<lb/>
nun die Credit verleihenden per&#x017F;o&#x0364;nlichen Eigen&#x017F;chaften betrifft,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;chon bemerkt, daß die&#x017F;elben we&#x017F;entlich doppelter Art &#x017F;ind,<lb/>
na&#x0364;mlich Erwerbs- und Wirth&#x017F;chaftsfa&#x0364;higkeit und Recht&#x017F;chaffen-<lb/>
heit; hier &#x017F;ei nur noch auf Eines aufmerk&#x017F;am gemacht. Man<lb/>
ko&#x0364;nnte glauben, bei ho&#x0364;herer Cultur mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die Bedeutung der<lb/>
Recht&#x017F;chaffenheit fu&#x0364;r den Credit hinter der der Erwerbs- und<lb/>
Wirth&#x017F;chaftsfa&#x0364;higkeit zuru&#x0364;cktreten, da die gro&#x0364;ßere Ausbildung des<lb/>
Rechtes den Gla&#x0364;ubiger vor Betru&#x0364;gereien &#x017F;icher &#x017F;tellen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
Dem i&#x017F;t jedoch nicht &#x017F;o, und nirgends i&#x017F;t die per&#x017F;o&#x0364;nliche Solidita&#x0364;t<lb/>
wichtiger fu&#x0364;r den Credit, als auf den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Cultur&#x017F;tufen. Die<lb/>
Ur&#x017F;ache i&#x017F;t wohl haupt&#x017F;a&#x0364;chlich darin zu &#x017F;uchen, daß die gro&#x0364;ßere<lb/>
Complication der Unternehmungen fu&#x0364;r nicht Sachver&#x017F;ta&#x0364;ndige eine<lb/>
genaue Ein&#x017F;icht in die&#x017F;elben er&#x017F;chwert und juri&#x017F;ti&#x017F;cher Vor&#x017F;ichts-<lb/>
maßregeln &#x017F;pottet, &#x017F;owie darin, daß der ge&#x017F;teigerte Verkehr ein<lb/>
immer coulanteres Verfahren erfordert.</p><lb/>
          <p>Die Ho&#x0364;he die&#x017F;es Theils der Unternehmerrente, die wir<lb/><hi rendition="#g">Großunternehmerrente</hi> nennen ko&#x0364;nnen, be&#x017F;timmt &#x017F;ich einer-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0145] ſtaͤrkerem Maße vermindert ſich die Fuͤglichkeit, ihn in der ge- gebenen Beſchraͤnkung zu benutzen; nur die wirklich hervorragende Perſoͤnlichkeit zieht aus der groͤßeren Leichtigkeit, Capital aufzu- nehmen, Vortheil. Wenn bei minder entwickelter Cultur die Zahl der groͤßeren Unternehmer trotz des in Ausſicht ſtehenden hoͤheren Gewinns ſich nicht vermehrt, ſo beruht dieß auf der geringen Zahl derjenigen, die im eigenen Vermoͤgensbeſitz eine genuͤgende Dispoſitionsfaͤhigkeit haben; wenn das Gleiche unter entwickelteren Culturverhaͤltniſſen geſchieht, ſo iſt es zum groͤßten Theile eine Folge der Seltenheit ſolcher perſoͤnlicher Eigenſchaften, die Credit in dem verlangten Umfange eroͤffnen. Dieſer Theil der Rente der Unternehmer und mit ihr der hoͤhere Preis der Producte faͤllt dort weg, wenn ſich die wohlhabenden Beſitzer, hier, wenn ſich die faͤhigen Perſoͤnlichkeiten vermehren. Was nun die Credit verleihenden perſoͤnlichen Eigenſchaften betrifft, ſo iſt ſchon bemerkt, daß dieſelben weſentlich doppelter Art ſind, naͤmlich Erwerbs- und Wirthſchaftsfaͤhigkeit und Rechtſchaffen- heit; hier ſei nur noch auf Eines aufmerkſam gemacht. Man koͤnnte glauben, bei hoͤherer Cultur muͤſſe die Bedeutung der Rechtſchaffenheit fuͤr den Credit hinter der der Erwerbs- und Wirthſchaftsfaͤhigkeit zuruͤcktreten, da die groͤßere Ausbildung des Rechtes den Glaͤubiger vor Betruͤgereien ſicher ſtellen muͤſſe. Dem iſt jedoch nicht ſo, und nirgends iſt die perſoͤnliche Soliditaͤt wichtiger fuͤr den Credit, als auf den hoͤchſten Culturſtufen. Die Urſache iſt wohl hauptſaͤchlich darin zu ſuchen, daß die groͤßere Complication der Unternehmungen fuͤr nicht Sachverſtaͤndige eine genaue Einſicht in dieſelben erſchwert und juriſtiſcher Vorſichts- maßregeln ſpottet, ſowie darin, daß der geſteigerte Verkehr ein immer coulanteres Verfahren erfordert. Die Hoͤhe dieſes Theils der Unternehmerrente, die wir Großunternehmerrente nennen koͤnnen, beſtimmt ſich einer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/145
Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/145>, abgerufen am 04.12.2024.