des Capitals; vielmehr ist uns die Lohnrente nur der Mehr- betrag, den gewisse Leistungen über das Maß hinaus erhalten, das ihnen im Verhältniß ihrer Quantität und Qualität zu an- dern Leistungen zukäme. Hieraus folgt, daß niemals die Arbeit im Allgemeinen, sondern immer nur bestimmte Arten von Ar- beiten eine Lohnrente beziehen können. Der Grund dieses Be- zugs ist die Seltenheit der betreffenden disponiblen Arbeitskräfte, und diese Seltenheit kann wiederum sowohl in äußeren als in inneren Ursachen begründet sein. Der Einfluß der ersteren, welche die an sich zu einer bestimmten Arbeit befähigten Per- sonen, von deren Ergreifung zurückhalten, ist nicht gering, nimmt aber mit der steigenden Cultur mehr und mehr ab. Von den gesetzlichen Bestimmungen kommen in dieser Beziehung weniger die nur mehr vereinzelt auftretenden und dann meistens nur von der Sitte bereits festgestellte Verhältnisse zur formellen Geltung bringenden in Betracht, welche einzelne Classen und Personen von der Betreibung bestimmter Arbeiten ausschließen, als die- jenigen, welche die Anzahl der Arbeiter einer bestimmten Gat- tung auf ein festes Maß beschränken. Allein eine fortschreitende Entwickelung führt nicht nur manichfache Umgehungen dieser Vorschriften herbei, sondern beseitigt sie auch wohl ganz und gar oder umgiebt sie doch mit mehr oder weniger erfolgreichen Garantieen gegen eine Benachtheiligung des Publicums, so daß das Gesetz den Arbeitern kaum mehr die Gelegenheit eines Rentenbezugs sichert. Aehnlich wirkt der allgemeine Fortschritt auf die Hindernisse, welche die Sitte vielfach einer Vermehrung der Arbeiter einer bestimmten Art entgegengesetzt, indem er die Schranken, welche die verschiedenen Classen der Gesellschaft von einander getrennt halten, mehr und mehr beseitigt -- und einer großen Anzahl von Arbeiten einen immer geistigeren Charakter verleiht. Wenn z. B. gebildete Männer heutzutage sich auch so
des Capitals; vielmehr iſt uns die Lohnrente nur der Mehr- betrag, den gewiſſe Leiſtungen uͤber das Maß hinaus erhalten, das ihnen im Verhaͤltniß ihrer Quantitaͤt und Qualitaͤt zu an- dern Leiſtungen zukaͤme. Hieraus folgt, daß niemals die Arbeit im Allgemeinen, ſondern immer nur beſtimmte Arten von Ar- beiten eine Lohnrente beziehen koͤnnen. Der Grund dieſes Be- zugs iſt die Seltenheit der betreffenden disponiblen Arbeitskraͤfte, und dieſe Seltenheit kann wiederum ſowohl in aͤußeren als in inneren Urſachen begruͤndet ſein. Der Einfluß der erſteren, welche die an ſich zu einer beſtimmten Arbeit befaͤhigten Per- ſonen, von deren Ergreifung zuruͤckhalten, iſt nicht gering, nimmt aber mit der ſteigenden Cultur mehr und mehr ab. Von den geſetzlichen Beſtimmungen kommen in dieſer Beziehung weniger die nur mehr vereinzelt auftretenden und dann meiſtens nur von der Sitte bereits feſtgeſtellte Verhaͤltniſſe zur formellen Geltung bringenden in Betracht, welche einzelne Claſſen und Perſonen von der Betreibung beſtimmter Arbeiten ausſchließen, als die- jenigen, welche die Anzahl der Arbeiter einer beſtimmten Gat- tung auf ein feſtes Maß beſchraͤnken. Allein eine fortſchreitende Entwickelung fuͤhrt nicht nur manichfache Umgehungen dieſer Vorſchriften herbei, ſondern beſeitigt ſie auch wohl ganz und gar oder umgiebt ſie doch mit mehr oder weniger erfolgreichen Garantieen gegen eine Benachtheiligung des Publicums, ſo daß das Geſetz den Arbeitern kaum mehr die Gelegenheit eines Rentenbezugs ſichert. Aehnlich wirkt der allgemeine Fortſchritt auf die Hinderniſſe, welche die Sitte vielfach einer Vermehrung der Arbeiter einer beſtimmten Art entgegengeſetzt, indem er die Schranken, welche die verſchiedenen Claſſen der Geſellſchaft von einander getrennt halten, mehr und mehr beſeitigt — und einer großen Anzahl von Arbeiten einen immer geiſtigeren Charakter verleiht. Wenn z. B. gebildete Maͤnner heutzutage ſich auch ſo
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des Capitals; vielmehr iſt uns die Lohnrente nur der Mehr-
betrag, den gewiſſe Leiſtungen uͤber das Maß hinaus erhalten,
das ihnen im Verhaͤltniß ihrer Quantitaͤt und Qualitaͤt zu an-
dern Leiſtungen zukaͤme. Hieraus folgt, daß niemals die Arbeit
im Allgemeinen, ſondern immer nur beſtimmte Arten von Ar-
beiten eine Lohnrente beziehen koͤnnen. Der Grund dieſes Be-
zugs iſt die Seltenheit der betreffenden disponiblen Arbeitskraͤfte,
und dieſe Seltenheit kann wiederum ſowohl in aͤußeren als in
inneren Urſachen begruͤndet ſein. Der Einfluß der erſteren,
welche die an ſich zu einer beſtimmten Arbeit befaͤhigten Per-
ſonen, von deren Ergreifung zuruͤckhalten, iſt nicht gering,
nimmt aber mit der ſteigenden Cultur mehr und mehr ab. Von
den geſetzlichen Beſtimmungen kommen in dieſer Beziehung weniger
die nur mehr vereinzelt auftretenden und dann meiſtens nur von
der Sitte bereits feſtgeſtellte Verhaͤltniſſe zur formellen Geltung
bringenden in Betracht, welche einzelne Claſſen und Perſonen
von der Betreibung beſtimmter Arbeiten ausſchließen, als die-
jenigen, welche die Anzahl der Arbeiter einer beſtimmten Gat-
tung auf ein feſtes Maß beſchraͤnken. Allein eine fortſchreitende
Entwickelung fuͤhrt nicht nur manichfache Umgehungen dieſer
Vorſchriften herbei, ſondern beſeitigt ſie auch wohl ganz und
gar oder umgiebt ſie doch mit mehr oder weniger erfolgreichen
Garantieen gegen eine Benachtheiligung des Publicums, ſo daß
das Geſetz den Arbeitern kaum mehr die Gelegenheit eines
Rentenbezugs ſichert. Aehnlich wirkt der allgemeine Fortſchritt
auf die Hinderniſſe, welche die Sitte vielfach einer Vermehrung
der Arbeiter einer beſtimmten Art entgegengeſetzt, indem er die
Schranken, welche die verſchiedenen Claſſen der Geſellſchaft von
einander getrennt halten, mehr und mehr beſeitigt — und einer
großen Anzahl von Arbeiten einen immer geiſtigeren Charakter
verleiht. Wenn z. B. gebildete Maͤnner heutzutage ſich auch ſo
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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/129>, abgerufen am 01.08.2024.
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