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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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man keiner nothwendigen Prosodie, wie einige Saal-
bader den Wahn haben/ die mit ihren krancken Vers-
sen vor Poeten wollen passiren/ und zun Reimen
lauffen/ wie der Esel zur Leyer/ damit sie nur möch-
ten ihre Lumpen-Gedichte für Castalische oder He-
liconi
sche Offenbahrungen ausgeben. Aber als Af-
fen-Menschen sind/ ob sie den Menschen viel nachthun/
und eine Glaß-Scheibe ein Spiegel wird/ ob sie schon
helle/ so wenig wird auch ein solcher vor einen ap-
probir
ten Poeten angenommen/ sondern nur wie
Mäuse-Koth unterm Pfeffer/ und Zitversaamen
unter Pulvern. Hat doch ein Esel auch ein Maul nebst
Zähnen/ und schreiet Ija/ gleichwohl erkennet ihn
Niemand vor einen Orator, noch eine Sau mit ei-
nem langen Rissel vor einen Indianischen Muscaten-
Leser. Die ohne Gedichte Reime machen/ sind nicht
Poeten/ sondern versificatores, Reimhencker/ wie sie
Hr. Opitz/ Tscherning und andere nennen. Vid. Ho-
ratius L. 1. sect. 4. Quintil. L. 10. c. l. Gerh. Joh.
Vossius L. 1. c. 2. §. 2. de arte Poetica.
Welche
klugen Leuten zum Gelächter dienen/ als die da wis-
sen/ quid distentaera lupinis. Weitzen und Unkraut
muß beysammen geduldet werden/ daß man wisse/
was gut oder böse sey/ also müssen auch böse Wort-
Schinder seyn/ damit man die guten unterscheiden
und erkennen lerne. Daher ist der Jesuit Jacob Balde
in seinen Gedichten de vanitate Mundi, nebst sei-
nen Spieß-Gesellen und Jesuiter/ Barthol. Christe-
lio
im lustigen Sterb-Jahr/ wie auch der Kayser-
liche Prediger und Baarfüsser/ Abraham a S. Clara

mit

man keiner nothwendigen Proſodie, wie einige Saal-
bader den Wahn haben/ die mit ihren krancken Verſ-
ſen vor Poeten wollen paſſiren/ und zun Reimen
lauffen/ wie der Eſel zur Leyer/ damit ſie nur moͤch-
ten ihre Lumpen-Gedichte fuͤr Caſtaliſche oder He-
liconi
ſche Offenbahrungen ausgeben. Aber als Af-
fen-Menſchen ſind/ ob ſie den Menſchen viel nachthun/
und eine Glaß-Scheibe ein Spiegel wird/ ob ſie ſchon
helle/ ſo wenig wird auch ein ſolcher vor einen ap-
probir
ten Poeten angenommen/ ſondern nur wie
Maͤuſe-Koth unterm Pfeffer/ und Zitverſaamen
unter Pulvern. Hat doch ein Eſel auch ein Maul nebſt
Zaͤhnen/ und ſchreiet Ija/ gleichwohl erkennet ihn
Niemand vor einen Orator, noch eine Sau mit ei-
nem langen Riſſel vor einen Indianiſchen Muſcaten-
Leſer. Die ohne Gedichte Reime machen/ ſind nicht
Poeten/ ſondern verſificatores, Reimhencker/ wie ſie
Hr. Opitz/ Tſcherning und andere nennen. Vid. Ho-
ratius L. 1. ſect. 4. Quintil. L. 10. c. l. Gerh. Joh.
Vosſius L. 1. c. 2. §. 2. de arte Poetica.
Welche
klugen Leuten zum Gelaͤchter dienen/ als die da wiſ-
ſen/ quid diſtentæra lupinis. Weitzen und Unkraut
muß beyſammen geduldet werden/ daß man wiſſe/
was gut oder boͤſe ſey/ alſo muͤſſen auch boͤſe Wort-
Schinder ſeyn/ damit man die guten unterſcheiden
und erkennen lerne. Daher iſt der Jeſuit Jacob Balde
in ſeinen Gedichten de vanitate Mundi, nebſt ſei-
nen Spieß-Geſellen und Jeſuiter/ Barthol. Chriſte-
lio
im luſtigen Sterb-Jahr/ wie auch der Kayſer-
liche Prediger und Baarfuͤſſer/ Abraham a S. Clara

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[29/0041] man keiner nothwendigen Proſodie, wie einige Saal- bader den Wahn haben/ die mit ihren krancken Verſ- ſen vor Poeten wollen paſſiren/ und zun Reimen lauffen/ wie der Eſel zur Leyer/ damit ſie nur moͤch- ten ihre Lumpen-Gedichte fuͤr Caſtaliſche oder He- liconiſche Offenbahrungen ausgeben. Aber als Af- fen-Menſchen ſind/ ob ſie den Menſchen viel nachthun/ und eine Glaß-Scheibe ein Spiegel wird/ ob ſie ſchon helle/ ſo wenig wird auch ein ſolcher vor einen ap- probirten Poeten angenommen/ ſondern nur wie Maͤuſe-Koth unterm Pfeffer/ und Zitverſaamen unter Pulvern. Hat doch ein Eſel auch ein Maul nebſt Zaͤhnen/ und ſchreiet Ija/ gleichwohl erkennet ihn Niemand vor einen Orator, noch eine Sau mit ei- nem langen Riſſel vor einen Indianiſchen Muſcaten- Leſer. Die ohne Gedichte Reime machen/ ſind nicht Poeten/ ſondern verſificatores, Reimhencker/ wie ſie Hr. Opitz/ Tſcherning und andere nennen. Vid. Ho- ratius L. 1. ſect. 4. Quintil. L. 10. c. l. Gerh. Joh. Vosſius L. 1. c. 2. §. 2. de arte Poetica. Welche klugen Leuten zum Gelaͤchter dienen/ als die da wiſ- ſen/ quid diſtentæra lupinis. Weitzen und Unkraut muß beyſammen geduldet werden/ daß man wiſſe/ was gut oder boͤſe ſey/ alſo muͤſſen auch boͤſe Wort- Schinder ſeyn/ damit man die guten unterſcheiden und erkennen lerne. Daher iſt der Jeſuit Jacob Balde in ſeinen Gedichten de vanitate Mundi, nebſt ſei- nen Spieß-Geſellen und Jeſuiter/ Barthol. Chriſte- lio im luſtigen Sterb-Jahr/ wie auch der Kayſer- liche Prediger und Baarfuͤſſer/ Abraham a S. Clara mit

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/41>, abgerufen am 27.11.2024.