Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

brauch desto lieblicher klinget; Also ist auch diese
Kunst durch die Fortpflantzung je mehr und mehr ge-
läutert worden/ daß sie itzund unter den Wissenschaff-
ten diß ist/ was das Siebengestirne unter den Ster-
nen.

3. Die Fabeln und Gedichte waren nichts an-
ders/ als der Mantel der Alten/ worein sie ihre Sa-
chen wickelten/ und wer etwas verborgnes wolte vor-
stellen/ der that es in Verssen/ in welchen die War-
heit verborgen lag/ wie Socrates im Bronne. Und
gleich wie eine vergoldte Pille die Bitterkeit verdeckt/
also verdeckte man den Nachdruck seiner Rede/ mit
dieser Art zu schreiben/ wie Georgius Sabinus redet.
Weilen keine andere Kunst die Freyheit liebet und
hat/ so ihr diese nimmt; Ja ich halte davor/ spricht
Natalis Comes L. 9. Mytholog. c. 18. p. 863. daß man
keinen leichtern Weg hat finden können/ die Jugend
zur Philosophie anzuführen/ als hiedurch. Sie heist
der Spiegel/ so den Menschen im geist- und weltlichen
Leben alles vorstellet/ was ihnen zur Sitten- und
Tugend-Lehre/ ja selbst zur Gottesfurcht von nöhten
kan seyn. Mayfart. Mellific. Orat. P. 1. pag. 623. 625.
Dietricus Antiquit. Bibl. pag.
33. 34. und die Poeten
sind die ersten Väter der Weißheit/ Heins. III. eleg. 3.

4. Die Vorwelt/ welche die Dichterey ver-privi-
legi
ren wolte/ schrieb durch Horatii Feder de arte
Poetica v.
9. also von ihr

-- -- Pictoribus atque Poetis
Quidlibet audendi semper fuit aequa Potestas.

Den Mahlern muß es hin und den Poeten gehen/
Wenn sie was mehrers sich vor andern unterstehen.
Dar-

brauch deſto lieblicher klinget; Alſo iſt auch dieſe
Kunſt durch die Fortpflantzung je mehr und mehr ge-
laͤutert worden/ daß ſie itzund unter den Wiſſenſchaff-
ten diß iſt/ was das Siebengeſtirne unter den Ster-
nen.

3. Die Fabeln und Gedichte waren nichts an-
ders/ als der Mantel der Alten/ worein ſie ihre Sa-
chen wickelten/ und wer etwas verborgnes wolte vor-
ſtellen/ der that es in Verſſen/ in welchen die War-
heit verborgen lag/ wie Socrates im Bronne. Und
gleich wie eine vergoldte Pille die Bitterkeit verdeckt/
alſo verdeckte man den Nachdruck ſeiner Rede/ mit
dieſer Art zu ſchreiben/ wie Georgius Sabinus redet.
Weilen keine andere Kunſt die Freyheit liebet und
hat/ ſo ihr dieſe nimmt; Ja ich halte davor/ ſpricht
Natalis Comes L. 9. Mytholog. c. 18. p. 863. daß man
keinen leichtern Weg hat finden koͤnnen/ die Jugend
zur Philoſophie anzufuͤhren/ als hiedurch. Sie heiſt
der Spiegel/ ſo den Menſchen im geiſt- und weltlichen
Leben alles vorſtellet/ was ihnen zur Sitten- und
Tugend-Lehre/ ja ſelbſt zur Gottesfurcht von noͤhten
kan ſeyn. Mayfart. Mellific. Orat. P. 1. pag. 623. 625.
Dietricus Antiquit. Bibl. pag.
33. 34. und die Poeten
ſind die erſten Vaͤter der Weißheit/ Heinſ. III. eleg. 3.

4. Die Vorwelt/ welche die Dichterey ver-privi-
legi
ren wolte/ ſchrieb durch Horatii Feder de arte
Poetica v.
9. alſo von ihr

‒‒ ‒‒ Pictoribus atque Poetis
Quidlibet audendi ſemper fuit æqua Poteſtas.

Den Mahlern muß es hin und den Poeten gehen/
Wenn ſie was mehrers ſich vor andern unterſtehen.
Dar-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0014" n="2"/>
brauch de&#x017F;to lieblicher klinget; Al&#x017F;o i&#x017F;t auch die&#x017F;e<lb/>
Kun&#x017F;t durch die Fortpflantzung je mehr und mehr ge-<lb/>
la&#x0364;utert worden/ daß &#x017F;ie itzund unter den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaff-<lb/>
ten diß i&#x017F;t/ was das Siebenge&#x017F;tirne unter den Ster-<lb/>
nen.</p><lb/>
          <p>3. Die Fabeln und Gedichte waren nichts an-<lb/>
ders/ als der Mantel der Alten/ worein &#x017F;ie ihre Sa-<lb/>
chen wickelten/ und wer etwas verborgnes wolte vor-<lb/>
&#x017F;tellen/ der that es in Ver&#x017F;&#x017F;en/ in welchen die War-<lb/>
heit verborgen lag/ wie <hi rendition="#aq">Socrates</hi> im Bronne. Und<lb/>
gleich wie eine vergoldte Pille die Bitterkeit verdeckt/<lb/>
al&#x017F;o verdeckte man den Nachdruck &#x017F;einer Rede/ mit<lb/>
die&#x017F;er Art zu &#x017F;chreiben/ wie <hi rendition="#aq">Georgius Sabinus</hi> redet.<lb/>
Weilen keine andere Kun&#x017F;t die Freyheit liebet und<lb/>
hat/ &#x017F;o ihr die&#x017F;e nimmt; Ja ich halte davor/ &#x017F;pricht<lb/><hi rendition="#aq">Natalis Comes L. 9. Mytholog. c. 18. p.</hi> 863. daß man<lb/>
keinen leichtern Weg hat finden ko&#x0364;nnen/ die Jugend<lb/>
zur <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> anzufu&#x0364;hren/ als hiedurch. Sie hei&#x017F;t<lb/>
der Spiegel/ &#x017F;o den Men&#x017F;chen im gei&#x017F;t- und weltlichen<lb/>
Leben alles vor&#x017F;tellet/ was ihnen zur Sitten- und<lb/>
Tugend-Lehre/ ja &#x017F;elb&#x017F;t zur Gottesfurcht von no&#x0364;hten<lb/>
kan &#x017F;eyn. <hi rendition="#aq">Mayfart. Mellific. Orat. P. 1. pag. 623. 625.<lb/>
Dietricus Antiquit. Bibl. pag.</hi> 33. 34. und die Poeten<lb/>
&#x017F;ind die er&#x017F;ten Va&#x0364;ter der Weißheit/ <hi rendition="#aq">Hein&#x017F;. III. eleg.</hi> 3.</p><lb/>
          <p>4. Die Vorwelt/ welche die Dichterey ver-<hi rendition="#aq">privi-<lb/>
legi</hi>ren wolte/ &#x017F;chrieb durch <hi rendition="#aq">Horatii</hi> Feder <hi rendition="#aq">de arte<lb/>
Poetica v.</hi> 9. al&#x017F;o von ihr</p><lb/>
          <cit>
            <quote>&#x2012;&#x2012; &#x2012;&#x2012; <hi rendition="#aq">Pictoribus atque Poetis<lb/>
Quidlibet audendi &#x017F;emper fuit æqua Pote&#x017F;tas.</hi></quote>
            <bibl/>
          </cit><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Den Mahlern muß es hin und den Poeten gehen/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie was mehrers &#x017F;ich vor andern unter&#x017F;tehen.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Dar-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0014] brauch deſto lieblicher klinget; Alſo iſt auch dieſe Kunſt durch die Fortpflantzung je mehr und mehr ge- laͤutert worden/ daß ſie itzund unter den Wiſſenſchaff- ten diß iſt/ was das Siebengeſtirne unter den Ster- nen. 3. Die Fabeln und Gedichte waren nichts an- ders/ als der Mantel der Alten/ worein ſie ihre Sa- chen wickelten/ und wer etwas verborgnes wolte vor- ſtellen/ der that es in Verſſen/ in welchen die War- heit verborgen lag/ wie Socrates im Bronne. Und gleich wie eine vergoldte Pille die Bitterkeit verdeckt/ alſo verdeckte man den Nachdruck ſeiner Rede/ mit dieſer Art zu ſchreiben/ wie Georgius Sabinus redet. Weilen keine andere Kunſt die Freyheit liebet und hat/ ſo ihr dieſe nimmt; Ja ich halte davor/ ſpricht Natalis Comes L. 9. Mytholog. c. 18. p. 863. daß man keinen leichtern Weg hat finden koͤnnen/ die Jugend zur Philoſophie anzufuͤhren/ als hiedurch. Sie heiſt der Spiegel/ ſo den Menſchen im geiſt- und weltlichen Leben alles vorſtellet/ was ihnen zur Sitten- und Tugend-Lehre/ ja ſelbſt zur Gottesfurcht von noͤhten kan ſeyn. Mayfart. Mellific. Orat. P. 1. pag. 623. 625. Dietricus Antiquit. Bibl. pag. 33. 34. und die Poeten ſind die erſten Vaͤter der Weißheit/ Heinſ. III. eleg. 3. 4. Die Vorwelt/ welche die Dichterey ver-privi- legiren wolte/ ſchrieb durch Horatii Feder de arte Poetica v. 9. alſo von ihr ‒‒ ‒‒ Pictoribus atque Poetis Quidlibet audendi ſemper fuit æqua Poteſtas. Den Mahlern muß es hin und den Poeten gehen/ Wenn ſie was mehrers ſich vor andern unterſtehen. Dar-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/14
Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/14>, abgerufen am 24.11.2024.