Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.Liebe/ Wünschung nach dem Tode/ Erzehlung seines Reg. 4. In dieser Art ist der Versse gröste An- Reg. 5. Mir ist hierinnen zwar vergönnt/ ent- Ein Exempel giebt uns ein Leichen-Carmen auf einen Hülfft mehr kein Perlen-Tranck? nicht kräfftige As- phalten, Kein Nard und Cedern-Oel/ der Macis frische Krafft? Kan dich o Podalir! kein Balsam hier erhalten? Wie? reichet Memphis nicht den Socratiner-Safft? Soll die erfahrne Kunst im Grabe selbst verwesen? Ach daß der Artzt auch muß des Todes-Beute seyn! So ists/ der Blinde kan sein Recipe nicht lesen/ Er greifft der Freyheit selbst in dero Rechten ein Doch
Liebe/ Wuͤnſchung nach dem Tode/ Erzehlung ſeines Reg. 4. In dieſer Art iſt der Verſſe groͤſte An- Reg. 5. Mir iſt hierinnen zwar vergoͤnnt/ ent- Ein Exempel giebt uns ein Leichen-Carmen auf einen Huͤlfft mehr kein Perlen-Tranck? nicht kraͤfftige As- phalten, Kein Nard uñ Cedern-Oel/ der Macis friſche Krafft? Kan dich o Podalir! kein Balſam hier erhalten? Wie? reichet Memphis nicht den Socratiner-Safft? Soll die erfahrne Kunſt im Grabe ſelbſt verweſen? Ach daß der Artzt auch muß des Todes-Beute ſeyn! So iſts/ der Blinde kan ſein Recipe nicht leſen/ Er greifft der Freyheit ſelbſt in dero Rechten ein Doch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0119" n="107"/> Liebe/ Wuͤnſchung nach dem Tode/ Erzehlung ſeines<lb/> Lebens/ Beſchreibung einer Sache <hi rendition="#aq">ad vivum,</hi><lb/> Neujahrs-Wuͤnſche/ Hochzeit-Gedichte/ <hi rendition="#aq">Gratulatoria</hi><lb/> und was dergleichen mehr.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Reg.</hi> 4. In dieſer Art iſt der Verſſe groͤſte An-<lb/> muth/ wann ſie mit ſchoͤnen <hi rendition="#aq">Sententien, Exempeln</hi><lb/> Gleichniſſen und Hiſtorien ausgeſchmuͤckt/ welche kurtz<lb/> und <hi rendition="#aq">acuminös</hi> muͤſſen <hi rendition="#aq">adhibirt</hi> werden. Wobey die<lb/><hi rendition="#aq">Exclamationes, Apoſtrophæ, Proſopopæiæ</hi> und der-<lb/> gleichen ſehr wohl kommen. <hi rendition="#aq">Buchleri inſtitut. Poet.<lb/> pag.</hi> 72.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">R</hi>eg.</hi> 5. Mir iſt hierinnen zwar vergoͤnnt/ ent-<lb/> weder mit Maͤnnlichen oder Weiblichen Reimen an-<lb/> zufahen/ jedoch wil die Zierlichkeit es gleichſam an-<lb/> weiſen/ daß man vornehmlich mit Weiblichen Verſ-<lb/> ſen ſeinen Anfang mache/ und das <hi rendition="#aq">Genus Jambicum</hi><lb/> nehme.</p><lb/> <p>Ein <hi rendition="#aq">Exempel</hi> giebt uns ein Leichen-Carmen auf einen<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">Medicum:</hi></hi></p><lb/> <lg type="poem"> <l>Huͤlfft mehr kein Perlen-Tranck? nicht kraͤfftige <hi rendition="#aq">As-</hi></l><lb/> <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#et">phalten,</hi> </hi> </l><lb/> <l>Kein Nard uñ Cedern-Oel/ der <hi rendition="#aq">Macis</hi> friſche Krafft?</l><lb/> <l>Kan dich o <hi rendition="#aq">Podalir!</hi> kein Balſam hier erhalten?</l><lb/> <l>Wie? reichet <hi rendition="#aq">Memphis</hi> nicht den <hi rendition="#aq">Socratiner</hi>-Safft?</l><lb/> <l>Soll die erfahrne Kunſt im Grabe ſelbſt verweſen?</l><lb/> <l>Ach daß der Artzt auch muß des Todes-Beute ſeyn!</l><lb/> <l>So iſts/ der Blinde kan ſein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">R</hi>ecipe</hi> nicht leſen/</l><lb/> <l>Er greifft der Freyheit ſelbſt in dero Rechten ein</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0119]
Liebe/ Wuͤnſchung nach dem Tode/ Erzehlung ſeines
Lebens/ Beſchreibung einer Sache ad vivum,
Neujahrs-Wuͤnſche/ Hochzeit-Gedichte/ Gratulatoria
und was dergleichen mehr.
Reg. 4. In dieſer Art iſt der Verſſe groͤſte An-
muth/ wann ſie mit ſchoͤnen Sententien, Exempeln
Gleichniſſen und Hiſtorien ausgeſchmuͤckt/ welche kurtz
und acuminös muͤſſen adhibirt werden. Wobey die
Exclamationes, Apoſtrophæ, Proſopopæiæ und der-
gleichen ſehr wohl kommen. Buchleri inſtitut. Poet.
pag. 72.
Reg. 5. Mir iſt hierinnen zwar vergoͤnnt/ ent-
weder mit Maͤnnlichen oder Weiblichen Reimen an-
zufahen/ jedoch wil die Zierlichkeit es gleichſam an-
weiſen/ daß man vornehmlich mit Weiblichen Verſ-
ſen ſeinen Anfang mache/ und das Genus Jambicum
nehme.
Ein Exempel giebt uns ein Leichen-Carmen auf einen
Medicum:
Huͤlfft mehr kein Perlen-Tranck? nicht kraͤfftige As-
phalten,
Kein Nard uñ Cedern-Oel/ der Macis friſche Krafft?
Kan dich o Podalir! kein Balſam hier erhalten?
Wie? reichet Memphis nicht den Socratiner-Safft?
Soll die erfahrne Kunſt im Grabe ſelbſt verweſen?
Ach daß der Artzt auch muß des Todes-Beute ſeyn!
So iſts/ der Blinde kan ſein Recipe nicht leſen/
Er greifft der Freyheit ſelbſt in dero Rechten ein
Doch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/119 |
Zitationshilfe: | Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/119>, abgerufen am 16.07.2024. |