Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.Viertes Kapitel. schaft darbietet, so bietet jedes noch so kleine Stückder Curve dieselbe Eigenschaft dar. 2) So wie die Nachbarwerthe des Maximal- oder Minimalwerthes einer Grösse für unendlich kleine Aenderungen der unabhängig Variablen dem Maximal- oder Minimalwerthe gleich werden, so behält jene Grösse, welche für die gesuchte Curve ein Maximum oder Minimum werden soll, für die unendlich nahen Nachbarcurven denselben Werth. 3) Ausserdem wird für den besondern Fall der Brachystochrone nur noch angenommen, dass die er- langte Fallgeschwindigkeit [Formel 1] sei, wobei h die Falltiefe bedeutet. Denkt man sich ein sehr kleines Stück ABC der [Abbildung]
Fig. 225. fraglichen Curve gegeben, ziehtdurch B eine Horizontale, und lässt das Curvenstück in ADC übergehen, so erhält man durch ganz analoge Betrachtungen, wie wir dieselben bei Be- sprechung des Fermat'schen Gesetzes angestellt haben, die bereits bekannte Beziehung zwischen den Sinusen der Neigungswinkel der Curvenelemente gegen die Verticale und den Fallgeschwindigkeiten. Hierbei hat man nach 1 vorauszusetzen, dass auch das Stück ABC brachy- stochron sei, und nach 2, dass ADC in derselben Zeit durchfallen werde wie ABC. Die Rechnung Ber- noulli's ist sehr umständlich, das Wesen derselben liegt aber auf der Hand, und mit den angedeuteten Sätzen ist die Aufgabe gelöst. Mit der Lösung der Aufgabe der Brachystochrone "Unter allen zwischen denselben zwei festen Punkten Viertes Kapitel. schaft darbietet, so bietet jedes noch so kleine Stückder Curve dieselbe Eigenschaft dar. 2) So wie die Nachbarwerthe des Maximal- oder Minimalwerthes einer Grösse für unendlich kleine Aenderungen der unabhängig Variablen dem Maximal- oder Minimalwerthe gleich werden, so behält jene Grösse, welche für die gesuchte Curve ein Maximum oder Minimum werden soll, für die unendlich nahen Nachbarcurven denselben Werth. 3) Ausserdem wird für den besondern Fall der Brachystochrone nur noch angenommen, dass die er- langte Fallgeschwindigkeit [Formel 1] sei, wobei h die Falltiefe bedeutet. Denkt man sich ein sehr kleines Stück ABC der [Abbildung]
Fig. 225. fraglichen Curve gegeben, ziehtdurch B eine Horizontale, und lässt das Curvenstück in ADC übergehen, so erhält man durch ganz analoge Betrachtungen, wie wir dieselben bei Be- sprechung des Fermat’schen Gesetzes angestellt haben, die bereits bekannte Beziehung zwischen den Sinusen der Neigungswinkel der Curvenelemente gegen die Verticale und den Fallgeschwindigkeiten. Hierbei hat man nach 1 vorauszusetzen, dass auch das Stück ABC brachy- stochron sei, und nach 2, dass ADC in derselben Zeit durchfallen werde wie ABC. Die Rechnung Ber- noulli’s ist sehr umständlich, das Wesen derselben liegt aber auf der Hand, und mit den angedeuteten Sätzen ist die Aufgabe gelöst. Mit der Lösung der Aufgabe der Brachystochrone „Unter allen zwischen denselben zwei festen Punkten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <list> <item><pb facs="#f0416" n="404"/><fw place="top" type="header">Viertes Kapitel.</fw><lb/> schaft darbietet, so bietet jedes noch so kleine Stück<lb/> der Curve dieselbe Eigenschaft dar.</item><lb/> <item>2) So wie die Nachbarwerthe des Maximal- oder<lb/> Minimalwerthes einer Grösse für unendlich kleine<lb/> Aenderungen der unabhängig Variablen dem Maximal-<lb/> oder Minimalwerthe <hi rendition="#g">gleich werden,</hi> so behält jene<lb/> Grösse, welche für die gesuchte Curve ein Maximum<lb/> oder Minimum werden soll, für die unendlich nahen<lb/> Nachbarcurven <hi rendition="#g">denselben</hi> Werth.</item><lb/> <item>3) Ausserdem wird für den besondern Fall der<lb/> Brachystochrone nur noch angenommen, dass die er-<lb/> langte Fallgeschwindigkeit <formula/> sei, wobei <hi rendition="#i">h</hi> die<lb/> Falltiefe bedeutet.</item> </list><lb/> <p>Denkt man sich ein sehr kleines Stück <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">ABC</hi></hi> der<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 225.</hi></head></figure><lb/> fraglichen Curve gegeben, zieht<lb/> durch <hi rendition="#i">B</hi> eine Horizontale, und<lb/> lässt das Curvenstück in <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">ADC</hi></hi><lb/> übergehen, so erhält man durch<lb/> ganz analoge Betrachtungen,<lb/> wie wir dieselben bei Be-<lb/> sprechung des Fermat’schen<lb/> Gesetzes angestellt haben, die<lb/> bereits bekannte Beziehung<lb/> zwischen den Sinusen der<lb/> Neigungswinkel der Curvenelemente gegen die Verticale<lb/> und den Fallgeschwindigkeiten. Hierbei hat man nach<lb/> 1 vorauszusetzen, dass auch das <hi rendition="#g">Stück <hi rendition="#i">ABC</hi></hi> brachy-<lb/> stochron sei, und nach 2, dass <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">ADC</hi></hi> in derselben Zeit<lb/> durchfallen werde wie <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">ABC</hi></hi>. Die Rechnung Ber-<lb/> noulli’s ist sehr umständlich, das Wesen derselben liegt<lb/> aber auf der Hand, und mit den angedeuteten Sätzen ist<lb/> die Aufgabe gelöst.</p><lb/> <p>Mit der Lösung der Aufgabe der Brachystochrone<lb/> legte Jakob Bernoulli nach der damaligen Sitte der<lb/> Mathematiker folgende allgemeinere „<hi rendition="#g">Isoperimeter-<lb/> aufgabe</hi>‟ vor:</p><lb/> <p>„Unter allen zwischen denselben zwei festen Punkten<lb/> gelegenen isoperimetrischen Curven (d. h. Curven von<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [404/0416]
Viertes Kapitel.
schaft darbietet, so bietet jedes noch so kleine Stück
der Curve dieselbe Eigenschaft dar.
2) So wie die Nachbarwerthe des Maximal- oder
Minimalwerthes einer Grösse für unendlich kleine
Aenderungen der unabhängig Variablen dem Maximal-
oder Minimalwerthe gleich werden, so behält jene
Grösse, welche für die gesuchte Curve ein Maximum
oder Minimum werden soll, für die unendlich nahen
Nachbarcurven denselben Werth.
3) Ausserdem wird für den besondern Fall der
Brachystochrone nur noch angenommen, dass die er-
langte Fallgeschwindigkeit [FORMEL] sei, wobei h die
Falltiefe bedeutet.
Denkt man sich ein sehr kleines Stück ABC der
[Abbildung Fig. 225.]
fraglichen Curve gegeben, zieht
durch B eine Horizontale, und
lässt das Curvenstück in ADC
übergehen, so erhält man durch
ganz analoge Betrachtungen,
wie wir dieselben bei Be-
sprechung des Fermat’schen
Gesetzes angestellt haben, die
bereits bekannte Beziehung
zwischen den Sinusen der
Neigungswinkel der Curvenelemente gegen die Verticale
und den Fallgeschwindigkeiten. Hierbei hat man nach
1 vorauszusetzen, dass auch das Stück ABC brachy-
stochron sei, und nach 2, dass ADC in derselben Zeit
durchfallen werde wie ABC. Die Rechnung Ber-
noulli’s ist sehr umständlich, das Wesen derselben liegt
aber auf der Hand, und mit den angedeuteten Sätzen ist
die Aufgabe gelöst.
Mit der Lösung der Aufgabe der Brachystochrone
legte Jakob Bernoulli nach der damaligen Sitte der
Mathematiker folgende allgemeinere „Isoperimeter-
aufgabe‟ vor:
„Unter allen zwischen denselben zwei festen Punkten
gelegenen isoperimetrischen Curven (d. h. Curven von
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