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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
die Bemerkung dar, dass sich die sonderbarsten
Folgerungen ergeben würden, wenn die Flüssigkeit, mit
Hülfe ihrer aufwärts gekehrten Ausflussgeschwindigkeit
sich über den Spiegel der Flüssigkeit im Gelasse
erheben könnte. Torricelli bemerkt auch, dass sie
höchstens bis zu dieser Höhe steigen kann, und nimmt
an, dass sie genau zu dieser Höhe steigen würde, wenn
man alle Widerstände beseitigen könnte. Von den
Widerständen abgesehen, ist also die Ausflussgeschwin-
digkeit v aus der Bodenöffnung eines Gefässes an die
Höhe der Flüssigkeit h in dem Gefässe durch die
Gleichung gebunden [Formel 1] , d. h. die Ausflussge-
schwindigkeit ist die Endgeschwindigkeit, welche beim
freien Fall durch die Druckhöhe h erlangt würde, denn
mit dieser Geschwindigkeit kann die Flüssigkeit eben
wieder bis zu dem Spiegel aufsteigen.*

Der Satz von Torricelli schliesst sich unsern übrigen
Erfahrungen gut an, allein man empfindet noch das
Bedürfniss einer genaueren Einsicht. Varignon hat ver-
sucht, den Satz aus der Beziehung zwischen der Kraft
und der von derselben erzeugten Bewegungsquantität
abzuleiten. Die bekannte Beziehung pt=mv gibt in
dem vorliegenden Falle, wenn wir mit [a] die Fläche
der Bodenöffnung, mit h die Druckhöhe, mit s das
specifische Gewicht, mit g die Beschleunigung frei
fallender Körper, mit v die Ausflussgeschwindigkeit,
und mit [t] einen kleinen Zeittheil bezeichnen
[Formel 4] .
Hierbei stellt [a]hs den durch die Zeit [t] auf die
Flüssigkeitsmasse [Formel 5] wirkenden Druck vor. Be-

* Die ältern Forscher leiten ihre Sätze in der unvollstän-
digen Form von Proportionen ab, und setzen daher meist
nur v proportional [Formel 2] oder [Formel 3] .

Drittes Kapitel.
die Bemerkung dar, dass sich die sonderbarsten
Folgerungen ergeben würden, wenn die Flüssigkeit, mit
Hülfe ihrer aufwärts gekehrten Ausflussgeschwindigkeit
sich über den Spiegel der Flüssigkeit im Gelasse
erheben könnte. Torricelli bemerkt auch, dass sie
höchstens bis zu dieser Höhe steigen kann, und nimmt
an, dass sie genau zu dieser Höhe steigen würde, wenn
man alle Widerstände beseitigen könnte. Von den
Widerständen abgesehen, ist also die Ausflussgeschwin-
digkeit v aus der Bodenöffnung eines Gefässes an die
Höhe der Flüssigkeit h in dem Gefässe durch die
Gleichung gebunden [Formel 1] , d. h. die Ausflussge-
schwindigkeit ist die Endgeschwindigkeit, welche beim
freien Fall durch die Druckhöhe h erlangt würde, denn
mit dieser Geschwindigkeit kann die Flüssigkeit eben
wieder bis zu dem Spiegel aufsteigen.*

Der Satz von Torricelli schliesst sich unsern übrigen
Erfahrungen gut an, allein man empfindet noch das
Bedürfniss einer genaueren Einsicht. Varignon hat ver-
sucht, den Satz aus der Beziehung zwischen der Kraft
und der von derselben erzeugten Bewegungsquantität
abzuleiten. Die bekannte Beziehung pt=mv gibt in
dem vorliegenden Falle, wenn wir mit [α] die Fläche
der Bodenöffnung, mit h die Druckhöhe, mit s das
specifische Gewicht, mit g die Beschleunigung frei
fallender Körper, mit v die Ausflussgeschwindigkeit,
und mit [τ] einen kleinen Zeittheil bezeichnen
[Formel 4] .
Hierbei stellt [α]hs den durch die Zeit [τ] auf die
Flüssigkeitsmasse [Formel 5] wirkenden Druck vor. Be-

* Die ältern Forscher leiten ihre Sätze in der unvollstän-
digen Form von Proportionen ab, und setzen daher meist
nur v proportional [Formel 2] oder [Formel 3] .
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[378/0390] Drittes Kapitel. die Bemerkung dar, dass sich die sonderbarsten Folgerungen ergeben würden, wenn die Flüssigkeit, mit Hülfe ihrer aufwärts gekehrten Ausflussgeschwindigkeit sich über den Spiegel der Flüssigkeit im Gelasse erheben könnte. Torricelli bemerkt auch, dass sie höchstens bis zu dieser Höhe steigen kann, und nimmt an, dass sie genau zu dieser Höhe steigen würde, wenn man alle Widerstände beseitigen könnte. Von den Widerständen abgesehen, ist also die Ausflussgeschwin- digkeit v aus der Bodenöffnung eines Gefässes an die Höhe der Flüssigkeit h in dem Gefässe durch die Gleichung gebunden [FORMEL], d. h. die Ausflussge- schwindigkeit ist die Endgeschwindigkeit, welche beim freien Fall durch die Druckhöhe h erlangt würde, denn mit dieser Geschwindigkeit kann die Flüssigkeit eben wieder bis zu dem Spiegel aufsteigen. * Der Satz von Torricelli schliesst sich unsern übrigen Erfahrungen gut an, allein man empfindet noch das Bedürfniss einer genaueren Einsicht. Varignon hat ver- sucht, den Satz aus der Beziehung zwischen der Kraft und der von derselben erzeugten Bewegungsquantität abzuleiten. Die bekannte Beziehung pt=mv gibt in dem vorliegenden Falle, wenn wir mit α die Fläche der Bodenöffnung, mit h die Druckhöhe, mit s das specifische Gewicht, mit g die Beschleunigung frei fallender Körper, mit v die Ausflussgeschwindigkeit, und mit τ einen kleinen Zeittheil bezeichnen [FORMEL]. Hierbei stellt αhs den durch die Zeit τ auf die Flüssigkeitsmasse [FORMEL] wirkenden Druck vor. Be- * Die ältern Forscher leiten ihre Sätze in der unvollstän- digen Form von Proportionen ab, und setzen daher meist nur v proportional [FORMEL] oder [FORMEL].

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/390>, abgerufen am 23.11.2024.