wegt sich z. B. ein Körper auf einen Anstoss hin auf einer Kugelfläche, so beschreibt er einen grössten Kreis, im allgemeinen eine kürzeste Linie. Ueberschreitet aber die Länge des grössten Kreises 180°, so lässt sich leicht nachweisen, dass es dann kürzere unendlich nahe Nachbarwege zwischen den Endpunkten gibt.
7. Es ist also bisher nur gezeigt worden, dass man die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen erhält, indem man die Variation von [integral]vds der Null gleichsetzt. Da nun die Eigenschaften der Bewegung der Körper oder der zugehörigen Bahnen sich immer durch der Null gleichgesetzte Differentialausdrücke definiren lassen, da ferner die Bedingung, dass die Variation eines Integral- ausdrucks der Null gleich werde, ebenfalls durch Differentialausdrücke, welche der Null gleichgesetzt werden, gegeben ist, so lassen sich ohne Zweifel noch viele andere Integralausdrücke erdenken, welche durch Variation die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen lie- fern, ohne dass diese Integralausdrücke deshalb eine besondere physikalische Bedeutung haben müssten.
8. Auffallend bleibt es immer, dass ein so einfacher Ausdruck wie [integral]vds die berührte Eigenschaft hat, und wir wollen nun versuchen, den physikalischen Sinn desselben zu ermitteln. Hierbei werden uns die Ana- logien zwischen der Massenbewegung und der Licht- bewegung, sowie zwischen der Massenbewegung und dem Fadengleichgewicht sehr nützlich sein, welche von Johann Bernoulli, beziehungsweise von Möbius bemerkt worden sind.
Ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, der also eine constante Geschwindigkeit und Richtung beibehält, be- schreibt eine Gerade. Ein Lichtstrahl in einem ho- mogenen Medium (von überall gleichem Brechungsexpo- nenten) beschreibt eine Gerade. Ein Faden, der nur an seinen Endpunkten von Kräften ergriffen wird, bil- det eine Gerade.
Ein Körper, der sich auf einer krummen Bahn von A nach B bewegt, und dessen Geschwindigkeit v = [ph](x, y, z)
Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
wegt sich z. B. ein Körper auf einen Anstoss hin auf einer Kugelfläche, so beschreibt er einen grössten Kreis, im allgemeinen eine kürzeste Linie. Ueberschreitet aber die Länge des grössten Kreises 180°, so lässt sich leicht nachweisen, dass es dann kürzere unendlich nahe Nachbarwege zwischen den Endpunkten gibt.
7. Es ist also bisher nur gezeigt worden, dass man die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen erhält, indem man die Variation von [∫]vds der Null gleichsetzt. Da nun die Eigenschaften der Bewegung der Körper oder der zugehörigen Bahnen sich immer durch der Null gleichgesetzte Differentialausdrücke definiren lassen, da ferner die Bedingung, dass die Variation eines Integral- ausdrucks der Null gleich werde, ebenfalls durch Differentialausdrücke, welche der Null gleichgesetzt werden, gegeben ist, so lassen sich ohne Zweifel noch viele andere Integralausdrücke erdenken, welche durch Variation die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen lie- fern, ohne dass diese Integralausdrücke deshalb eine besondere physikalische Bedeutung haben müssten.
8. Auffallend bleibt es immer, dass ein so einfacher Ausdruck wie [∫]vds die berührte Eigenschaft hat, und wir wollen nun versuchen, den physikalischen Sinn desselben zu ermitteln. Hierbei werden uns die Ana- logien zwischen der Massenbewegung und der Licht- bewegung, sowie zwischen der Massenbewegung und dem Fadengleichgewicht sehr nützlich sein, welche von Johann Bernoulli, beziehungsweise von Möbius bemerkt worden sind.
Ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, der also eine constante Geschwindigkeit und Richtung beibehält, be- schreibt eine Gerade. Ein Lichtstrahl in einem ho- mogenen Medium (von überall gleichem Brechungsexpo- nenten) beschreibt eine Gerade. Ein Faden, der nur an seinen Endpunkten von Kräften ergriffen wird, bil- det eine Gerade.
Ein Körper, der sich auf einer krummen Bahn von A nach B bewegt, und dessen Geschwindigkeit v = [φ](x, y, z)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0359"n="347"/><fwplace="top"type="header">Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.</fw><lb/>
wegt sich z. B. ein Körper auf einen Anstoss hin auf<lb/>
einer Kugelfläche, so beschreibt er einen grössten Kreis,<lb/>
im allgemeinen eine kürzeste Linie. Ueberschreitet<lb/>
aber die Länge des grössten Kreises 180°, so lässt sich<lb/>
leicht nachweisen, dass es dann kürzere unendlich nahe<lb/>
Nachbarwege zwischen den Endpunkten gibt.</p><lb/><p>7. Es ist also bisher nur gezeigt worden, dass man<lb/>
die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen erhält, indem<lb/>
man die Variation von <hirendition="#g"><hirendition="#i"><supplied>∫</supplied>vds</hi></hi> der Null gleichsetzt. Da<lb/>
nun die Eigenschaften der Bewegung der Körper oder<lb/>
der zugehörigen Bahnen sich immer durch der Null<lb/>
gleichgesetzte Differentialausdrücke definiren lassen, da<lb/>
ferner die Bedingung, dass die Variation eines Integral-<lb/>
ausdrucks der Null gleich werde, ebenfalls durch<lb/>
Differentialausdrücke, welche der Null gleichgesetzt<lb/>
werden, gegeben ist, so lassen sich ohne Zweifel noch<lb/><hirendition="#g">viele andere</hi> Integralausdrücke erdenken, welche durch<lb/>
Variation die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen lie-<lb/>
fern, ohne dass diese Integralausdrücke deshalb eine<lb/>
besondere <hirendition="#g">physikalische</hi> Bedeutung haben <hirendition="#g">müssten</hi>.</p><lb/><p>8. Auffallend bleibt es immer, dass ein so <hirendition="#g">einfacher</hi><lb/>
Ausdruck wie <hirendition="#g"><hirendition="#i"><supplied>∫</supplied>vds</hi></hi> die berührte Eigenschaft hat, und<lb/>
wir wollen nun versuchen, den <hirendition="#g">physikalischen</hi> Sinn<lb/>
desselben zu ermitteln. Hierbei werden uns die Ana-<lb/>
logien zwischen der Massenbewegung und der Licht-<lb/>
bewegung, sowie zwischen der Massenbewegung und<lb/>
dem Fadengleichgewicht sehr nützlich sein, welche von<lb/>
Johann Bernoulli, beziehungsweise von Möbius bemerkt<lb/>
worden sind.</p><lb/><p>Ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, der also eine<lb/>
constante Geschwindigkeit und Richtung beibehält, be-<lb/>
schreibt eine Gerade. Ein Lichtstrahl in einem ho-<lb/>
mogenen Medium (von überall gleichem Brechungsexpo-<lb/>
nenten) beschreibt eine Gerade. Ein Faden, der nur<lb/>
an seinen Endpunkten von Kräften ergriffen wird, bil-<lb/>
det eine Gerade.</p><lb/><p>Ein Körper, der sich auf einer krummen Bahn von <hirendition="#i">A</hi><lb/>
nach <hirendition="#i">B</hi> bewegt, und dessen Geschwindigkeit <hirendition="#i">v</hi> = <supplied>φ</supplied>(<hirendition="#i">x, y, z</hi>)<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[347/0359]
Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
wegt sich z. B. ein Körper auf einen Anstoss hin auf
einer Kugelfläche, so beschreibt er einen grössten Kreis,
im allgemeinen eine kürzeste Linie. Ueberschreitet
aber die Länge des grössten Kreises 180°, so lässt sich
leicht nachweisen, dass es dann kürzere unendlich nahe
Nachbarwege zwischen den Endpunkten gibt.
7. Es ist also bisher nur gezeigt worden, dass man
die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen erhält, indem
man die Variation von ∫vds der Null gleichsetzt. Da
nun die Eigenschaften der Bewegung der Körper oder
der zugehörigen Bahnen sich immer durch der Null
gleichgesetzte Differentialausdrücke definiren lassen, da
ferner die Bedingung, dass die Variation eines Integral-
ausdrucks der Null gleich werde, ebenfalls durch
Differentialausdrücke, welche der Null gleichgesetzt
werden, gegeben ist, so lassen sich ohne Zweifel noch
viele andere Integralausdrücke erdenken, welche durch
Variation die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen lie-
fern, ohne dass diese Integralausdrücke deshalb eine
besondere physikalische Bedeutung haben müssten.
8. Auffallend bleibt es immer, dass ein so einfacher
Ausdruck wie ∫vds die berührte Eigenschaft hat, und
wir wollen nun versuchen, den physikalischen Sinn
desselben zu ermitteln. Hierbei werden uns die Ana-
logien zwischen der Massenbewegung und der Licht-
bewegung, sowie zwischen der Massenbewegung und
dem Fadengleichgewicht sehr nützlich sein, welche von
Johann Bernoulli, beziehungsweise von Möbius bemerkt
worden sind.
Ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, der also eine
constante Geschwindigkeit und Richtung beibehält, be-
schreibt eine Gerade. Ein Lichtstrahl in einem ho-
mogenen Medium (von überall gleichem Brechungsexpo-
nenten) beschreibt eine Gerade. Ein Faden, der nur
an seinen Endpunkten von Kräften ergriffen wird, bil-
det eine Gerade.
Ein Körper, der sich auf einer krummen Bahn von A
nach B bewegt, und dessen Geschwindigkeit v = φ(x, y, z)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/359>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.