Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Kapitel.
Satz der lebendigen Kräfte anwenden kann, ohne den
Verlauf der Bewegung zu kennen. Wir werden später
sehen, dass sich auch Clairaut in dieser Richtung ein
Verdienst erworben hat.

Schon Galilei wusste, dass die Geschwindigkeit eines
schweren fallenden Körpers nur von der durchsetzten
Verticalhöhe
abhängt, nicht von dem Wege oder der
Form der Bahn, welche er durchlaufen hat. Huyghens
findet die lebendige Kraft eines schweren Massensystems
von den Verticalhöhen der Massen abhängig. Euler
konnte einen Schritt weiter gehen. Wird ein Körper K
gegen ein festes Centrum C nach irgendeinem Gesetz an-
gezogen, so lässt sich der Zuwachs der lebendigen Kraft
bei geradliniger Annäherung aus der Anfangs- und End-

[Abbildung] Fig. 177 a.
entfernung (r*, r,) berechnen.
Derselbe Zuwachs ergibt sich
aber, wenn K überhaupt aus
der Entfernung r* in die Ent-
fernung r, übergeht, unabhängig
von der Form des Weges
KB
. Denn nur auf die radia-
len Verschiebungselemente ent-
fallen Arbeitselemente und zwar
dieselben wie zuvor.

Wird K gegen mehrere feste
Centren C, C', C" ... gezogen,
so hängt der Zuwachs der leben-
digen Kraft von den Anfangs-
entfernungen r*, r'*, r"* ... und von den Endentfernungen
r', r'', r", ..., also von der Anfangslage und Endlage
von K ab. Daniel Bernoulli hat diese Ueberlegung
noch weiter geführt und gezeigt, dass auch bei gegen-
seitigen
Anziehungen beweglicher Körper die Aenderung
der lebendigen Kraft nur durch die Anfangslagen und
Endlagen dieser Körper bestimmt ist. Für die ana-
lytische
Behandlung der hierher gehörigen Aufgaben
hat Lagrange am meisten gethan. Verbindet man einen
Punkt mit den Coordinaten a, b, c mit einem Punkt

Drittes Kapitel.
Satz der lebendigen Kräfte anwenden kann, ohne den
Verlauf der Bewegung zu kennen. Wir werden später
sehen, dass sich auch Clairaut in dieser Richtung ein
Verdienst erworben hat.

Schon Galilei wusste, dass die Geschwindigkeit eines
schweren fallenden Körpers nur von der durchsetzten
Verticalhöhe
abhängt, nicht von dem Wege oder der
Form der Bahn, welche er durchlaufen hat. Huyghens
findet die lebendige Kraft eines schweren Massensystems
von den Verticalhöhen der Massen abhängig. Euler
konnte einen Schritt weiter gehen. Wird ein Körper K
gegen ein festes Centrum C nach irgendeinem Gesetz an-
gezogen, so lässt sich der Zuwachs der lebendigen Kraft
bei geradliniger Annäherung aus der Anfangs- und End-

[Abbildung] Fig. 177 a.
entfernung (r, r,) berechnen.
Derselbe Zuwachs ergibt sich
aber, wenn K überhaupt aus
der Entfernung r in die Ent-
fernung r, übergeht, unabhängig
von der Form des Weges
KB
. Denn nur auf die radia-
len Verschiebungselemente ent-
fallen Arbeitselemente und zwar
dieselben wie zuvor.

Wird K gegen mehrere feste
Centren C, C′, C″ … gezogen,
so hängt der Zuwachs der leben-
digen Kraft von den Anfangs-
entfernungen r, r′, r″ … und von den Endentfernungen
r, r′, r″, …, also von der Anfangslage und Endlage
von K ab. Daniel Bernoulli hat diese Ueberlegung
noch weiter geführt und gezeigt, dass auch bei gegen-
seitigen
Anziehungen beweglicher Körper die Aenderung
der lebendigen Kraft nur durch die Anfangslagen und
Endlagen dieser Körper bestimmt ist. Für die ana-
lytische
Behandlung der hierher gehörigen Aufgaben
hat Lagrange am meisten gethan. Verbindet man einen
Punkt mit den Coordinaten a, b, c mit einem Punkt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0336" n="324"/><fw place="top" type="header">Drittes Kapitel.</fw><lb/>
Satz der lebendigen Kräfte anwenden kann, ohne den<lb/><hi rendition="#g">Verlauf</hi> der Bewegung zu kennen. Wir werden später<lb/>
sehen, dass sich auch Clairaut in dieser Richtung ein<lb/>
Verdienst erworben hat.</p><lb/>
          <p>Schon Galilei wusste, dass die Geschwindigkeit eines<lb/>
schweren fallenden Körpers nur von der <hi rendition="#g">durchsetzten<lb/>
Verticalhöhe</hi> abhängt, nicht von dem Wege oder der<lb/><hi rendition="#g">Form</hi> der Bahn, welche er durchlaufen hat. Huyghens<lb/>
findet die lebendige Kraft eines schweren Massensystems<lb/>
von den <hi rendition="#g">Verticalhöhen</hi> der Massen abhängig. Euler<lb/>
konnte einen Schritt weiter gehen. Wird ein Körper <hi rendition="#i">K</hi><lb/>
gegen ein festes Centrum <hi rendition="#i">C</hi> nach irgendeinem Gesetz an-<lb/>
gezogen, so lässt sich der Zuwachs der lebendigen Kraft<lb/>
bei geradliniger Annäherung aus der Anfangs- und End-<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 177 a.</hi></head></figure><lb/>
entfernung (<hi rendition="#i">r<hi rendition="#sub">&#x25E6;</hi>, r</hi>,) berechnen.<lb/>
Derselbe Zuwachs ergibt sich<lb/>
aber, wenn <hi rendition="#i">K</hi> überhaupt aus<lb/>
der Entfernung <hi rendition="#i">r<hi rendition="#sub">&#x25E6;</hi></hi> in die Ent-<lb/>
fernung <hi rendition="#i">r</hi>, übergeht, unabhängig<lb/>
von der <hi rendition="#g">Form des Weges<lb/><hi rendition="#i">KB</hi></hi>. Denn nur auf die radia-<lb/>
len Verschiebungselemente ent-<lb/>
fallen Arbeitselemente und zwar<lb/>
dieselben wie zuvor.</p><lb/>
          <p>Wird <hi rendition="#i">K</hi> gegen mehrere feste<lb/>
Centren <hi rendition="#i">C, C&#x2032;, C&#x2033;</hi> &#x2026; gezogen,<lb/>
so hängt der Zuwachs der leben-<lb/>
digen Kraft von den Anfangs-<lb/>
entfernungen <hi rendition="#i">r<hi rendition="#sub">&#x25E6;</hi>, r&#x2032;<hi rendition="#sub">&#x25E6;</hi>, r&#x2033;<hi rendition="#sub">&#x25E6;</hi></hi> &#x2026; und von den Endentfernungen<lb/><hi rendition="#i">r<hi rendition="#sub">&#x2032;</hi>, r&#x2032;<hi rendition="#sub">&#x2032;</hi>, r&#x2033;</hi>, &#x2026;, also von der Anfangs<hi rendition="#g">lage</hi> und En<hi rendition="#g">dlage</hi><lb/>
von <hi rendition="#i">K</hi> ab. Daniel Bernoulli hat diese Ueberlegung<lb/>
noch weiter geführt und gezeigt, dass auch bei <hi rendition="#g">gegen-<lb/>
seitigen</hi> Anziehungen beweglicher Körper die Aenderung<lb/>
der lebendigen Kraft nur durch die Anfangs<hi rendition="#g">lagen</hi> und<lb/>
End<hi rendition="#g">lagen</hi> dieser Körper bestimmt ist. Für die <hi rendition="#g">ana-<lb/>
lytische</hi> Behandlung der hierher gehörigen Aufgaben<lb/>
hat Lagrange am meisten gethan. Verbindet man einen<lb/>
Punkt mit den Coordinaten <hi rendition="#i">a, b, c</hi> mit einem Punkt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0336] Drittes Kapitel. Satz der lebendigen Kräfte anwenden kann, ohne den Verlauf der Bewegung zu kennen. Wir werden später sehen, dass sich auch Clairaut in dieser Richtung ein Verdienst erworben hat. Schon Galilei wusste, dass die Geschwindigkeit eines schweren fallenden Körpers nur von der durchsetzten Verticalhöhe abhängt, nicht von dem Wege oder der Form der Bahn, welche er durchlaufen hat. Huyghens findet die lebendige Kraft eines schweren Massensystems von den Verticalhöhen der Massen abhängig. Euler konnte einen Schritt weiter gehen. Wird ein Körper K gegen ein festes Centrum C nach irgendeinem Gesetz an- gezogen, so lässt sich der Zuwachs der lebendigen Kraft bei geradliniger Annäherung aus der Anfangs- und End- [Abbildung Fig. 177 a.] entfernung (r◦, r,) berechnen. Derselbe Zuwachs ergibt sich aber, wenn K überhaupt aus der Entfernung r◦ in die Ent- fernung r, übergeht, unabhängig von der Form des Weges KB. Denn nur auf die radia- len Verschiebungselemente ent- fallen Arbeitselemente und zwar dieselben wie zuvor. Wird K gegen mehrere feste Centren C, C′, C″ … gezogen, so hängt der Zuwachs der leben- digen Kraft von den Anfangs- entfernungen r◦, r′◦, r″◦ … und von den Endentfernungen r′, r′′, r″, …, also von der Anfangslage und Endlage von K ab. Daniel Bernoulli hat diese Ueberlegung noch weiter geführt und gezeigt, dass auch bei gegen- seitigen Anziehungen beweglicher Körper die Aenderung der lebendigen Kraft nur durch die Anfangslagen und Endlagen dieser Körper bestimmt ist. Für die ana- lytische Behandlung der hierher gehörigen Aufgaben hat Lagrange am meisten gethan. Verbindet man einen Punkt mit den Coordinaten a, b, c mit einem Punkt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/336
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/336>, abgerufen am 25.11.2024.