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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
eigenthümlichsten Gedanken des genannten Physikers
hier eingehen. Bernoulli kommt zum Ziel, indem er die
Massen und Kräfte in Gedanken voneinander trennt.

Betrachten wir erstens zwei einfache Pendel von den
verschiedenen Längen l, l', deren Pendelkörper aber
den Pendellängen proportionale Schwerebeschleunigungen
g, g' erfahren, d. h. setzen wir [Formel 1] , so folgt, weil
die Schwingungsdauer [Formel 2] , für beide Pendel
dieselbe Schwingungsdauer. Verdoppelung der Pendel-
länge mit gleichzeitiger Verdoppelung der Schwere-
beschleunigung ändert also die Schwingungsdauer nicht.

[Abbildung] Fig. 167.

Die Schwerebeschleunigung können wir an
demselben Orte der Erde nicht direct variiren, doch
können wir zweitens Anordnungen ersinnen,
welche einer Variation der Schwerebeschleunigung
entsprechen. Denken wir uns z. B. eine gerade
masselose Stange von der Länge 2a um den
Mittelpunkt drehbar, und bringen wir an dem
einen Ende die Masse m, an dem andern die
Masse m' an, so ist m+m' die Gesammtmasse
in dem Abstand a vom Drehpunkt, (m--m')g aber
die Kraft, demnach [Formel 3] die Beschleunigung an
diesem Pendel. Um nun die Länge des Pendels (mit
der gewöhnlichen Schwerebeschleunigung g) zu finden,
welches mit dem vorgelegten Pendel von der Länge a
isochron ist, setzen wir den vorigen Satz verwendend
[Formel 4] .

Wir denken uns drittens ein einfaches Pendel von
der Länge 1 mit der Masse m am Ende. Das Gewicht
von m entspricht an dem Pendel von der doppelten

Drittes Kapitel.
eigenthümlichsten Gedanken des genannten Physikers
hier eingehen. Bernoulli kommt zum Ziel, indem er die
Massen und Kräfte in Gedanken voneinander trennt.

Betrachten wir erstens zwei einfache Pendel von den
verschiedenen Längen l, l′, deren Pendelkörper aber
den Pendellängen proportionale Schwerebeschleunigungen
g, g′ erfahren, d. h. setzen wir [Formel 1] , so folgt, weil
die Schwingungsdauer [Formel 2] , für beide Pendel
dieselbe Schwingungsdauer. Verdoppelung der Pendel-
länge mit gleichzeitiger Verdoppelung der Schwere-
beschleunigung ändert also die Schwingungsdauer nicht.

[Abbildung] Fig. 167.

Die Schwerebeschleunigung können wir an
demselben Orte der Erde nicht direct variiren, doch
können wir zweitens Anordnungen ersinnen,
welche einer Variation der Schwerebeschleunigung
entsprechen. Denken wir uns z. B. eine gerade
masselose Stange von der Länge 2a um den
Mittelpunkt drehbar, und bringen wir an dem
einen Ende die Masse m, an dem andern die
Masse m′ an, so ist m+m′ die Gesammtmasse
in dem Abstand a vom Drehpunkt, (m—m′)g aber
die Kraft, demnach [Formel 3] die Beschleunigung an
diesem Pendel. Um nun die Länge des Pendels (mit
der gewöhnlichen Schwerebeschleunigung g) zu finden,
welches mit dem vorgelegten Pendel von der Länge a
isochron ist, setzen wir den vorigen Satz verwendend
[Formel 4] .

Wir denken uns drittens ein einfaches Pendel von
der Länge 1 mit der Masse m am Ende. Das Gewicht
von m entspricht an dem Pendel von der doppelten

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[310/0322] Drittes Kapitel. eigenthümlichsten Gedanken des genannten Physikers hier eingehen. Bernoulli kommt zum Ziel, indem er die Massen und Kräfte in Gedanken voneinander trennt. Betrachten wir erstens zwei einfache Pendel von den verschiedenen Längen l, l′, deren Pendelkörper aber den Pendellängen proportionale Schwerebeschleunigungen g, g′ erfahren, d. h. setzen wir [FORMEL], so folgt, weil die Schwingungsdauer [FORMEL], für beide Pendel dieselbe Schwingungsdauer. Verdoppelung der Pendel- länge mit gleichzeitiger Verdoppelung der Schwere- beschleunigung ändert also die Schwingungsdauer nicht. [Abbildung Fig. 167.] Die Schwerebeschleunigung können wir an demselben Orte der Erde nicht direct variiren, doch können wir zweitens Anordnungen ersinnen, welche einer Variation der Schwerebeschleunigung entsprechen. Denken wir uns z. B. eine gerade masselose Stange von der Länge 2a um den Mittelpunkt drehbar, und bringen wir an dem einen Ende die Masse m, an dem andern die Masse m′ an, so ist m+m′ die Gesammtmasse in dem Abstand a vom Drehpunkt, (m—m′)g aber die Kraft, demnach [FORMEL] die Beschleunigung an diesem Pendel. Um nun die Länge des Pendels (mit der gewöhnlichen Schwerebeschleunigung g) zu finden, welches mit dem vorgelegten Pendel von der Länge a isochron ist, setzen wir den vorigen Satz verwendend [FORMEL]. Wir denken uns drittens ein einfaches Pendel von der Länge 1 mit der Masse m am Ende. Das Gewicht von m entspricht an dem Pendel von der doppelten

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/322>, abgerufen am 26.11.2024.