beruhigende, aufklärende und ästhetische Moment der- selben, und sie deutet auch unverkennbar auf den historischen Ursprung der Wissenschaft zurück. An- fänglich zielt alle Oekonomie nur unmittelbar auf Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse ab. Für den Handwerker und noch mehr für den Forscher wird die kürzeste, einfachste, mit den geringsten geistigen Opfern zu erreichende Erkenntniss eines bestimmten Gebietes von Naturvorgängen selbst zu einem ökonomischen Ziel, bei welchem, obgleich es ursprünglich Mittel zum Zweck war, wenn einmal die betreffenden geistigen Triebe ent- wickelt sind und ihre Befriedigung fordern, an das leibliche Bedürfniss gar nicht mehr gedacht wird.
Was also in den Naturvorgängen sich gleichbleibt, die Elemente derselben und die Art ihrer Verbindung, ihrer Abhängigkeit voneinander, hat die Naturwissen- schaft aufzusuchen. Sie bestrebt sich, durch die über- sichtliche und vollständige Beschreibung das Abwarten neuer Erfahrungen unnöthig zu machen, dieselben zu ersparen, indem z. B. vermöge der erkannten Abhängig- keit der Vorgänge voneinander, bei Beobachtung eines Vorganges die Beobachtung eines andern, dadurch schon mitbestimmten und vorausbestimmten, unnöthig wird. Aber auch bei der Beschreibung selbst kann Arbeit ge- spart werden, indem man Methoden aufsucht, möglichst viel auf einmal und in der kürzesten Weise zu be- schreiben. Alles dies wird durch die Betrachtung des Einzelnen viel klarer werden, als es durch allge- meine Ausdrücke erreicht werden kann. Doch ist es zweckmässig, auf die wichtigsten Gesichtspunkte hier schon vorzubereiten.
7. Wir wollen nun auf unsern Gegenstand näher eingehen und hierbei, ohne die Geschichte der Mechanik zur Hauptsache zu machen, die historische Entwickelung so weit beachten, als dies zum Verständniss der gegen- wärtigen Gestaltung der Mechanik nöthig ist, und als es den Zusammenhang in der Hauptsache nicht stört. Abgesehen davon, dass wir den grossen Anregungen
Einleitung.
beruhigende, aufklärende und ästhetische Moment der- selben, und sie deutet auch unverkennbar auf den historischen Ursprung der Wissenschaft zurück. An- fänglich zielt alle Oekonomie nur unmittelbar auf Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse ab. Für den Handwerker und noch mehr für den Forscher wird die kürzeste, einfachste, mit den geringsten geistigen Opfern zu erreichende Erkenntniss eines bestimmten Gebietes von Naturvorgängen selbst zu einem ökonomischen Ziel, bei welchem, obgleich es ursprünglich Mittel zum Zweck war, wenn einmal die betreffenden geistigen Triebe ent- wickelt sind und ihre Befriedigung fordern, an das leibliche Bedürfniss gar nicht mehr gedacht wird.
Was also in den Naturvorgängen sich gleichbleibt, die Elemente derselben und die Art ihrer Verbindung, ihrer Abhängigkeit voneinander, hat die Naturwissen- schaft aufzusuchen. Sie bestrebt sich, durch die über- sichtliche und vollständige Beschreibung das Abwarten neuer Erfahrungen unnöthig zu machen, dieselben zu ersparen, indem z. B. vermöge der erkannten Abhängig- keit der Vorgänge voneinander, bei Beobachtung eines Vorganges die Beobachtung eines andern, dadurch schon mitbestimmten und vorausbestimmten, unnöthig wird. Aber auch bei der Beschreibung selbst kann Arbeit ge- spart werden, indem man Methoden aufsucht, möglichst viel auf einmal und in der kürzesten Weise zu be- schreiben. Alles dies wird durch die Betrachtung des Einzelnen viel klarer werden, als es durch allge- meine Ausdrücke erreicht werden kann. Doch ist es zweckmässig, auf die wichtigsten Gesichtspunkte hier schon vorzubereiten.
7. Wir wollen nun auf unsern Gegenstand näher eingehen und hierbei, ohne die Geschichte der Mechanik zur Hauptsache zu machen, die historische Entwickelung so weit beachten, als dies zum Verständniss der gegen- wärtigen Gestaltung der Mechanik nöthig ist, und als es den Zusammenhang in der Hauptsache nicht stört. Abgesehen davon, dass wir den grossen Anregungen
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[6/0018]
Einleitung.
beruhigende, aufklärende und ästhetische Moment der-
selben, und sie deutet auch unverkennbar auf den
historischen Ursprung der Wissenschaft zurück. An-
fänglich zielt alle Oekonomie nur unmittelbar auf
Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse ab. Für den
Handwerker und noch mehr für den Forscher wird die
kürzeste, einfachste, mit den geringsten geistigen Opfern
zu erreichende Erkenntniss eines bestimmten Gebietes
von Naturvorgängen selbst zu einem ökonomischen Ziel,
bei welchem, obgleich es ursprünglich Mittel zum Zweck
war, wenn einmal die betreffenden geistigen Triebe ent-
wickelt sind und ihre Befriedigung fordern, an das
leibliche Bedürfniss gar nicht mehr gedacht wird.
Was also in den Naturvorgängen sich gleichbleibt,
die Elemente derselben und die Art ihrer Verbindung,
ihrer Abhängigkeit voneinander, hat die Naturwissen-
schaft aufzusuchen. Sie bestrebt sich, durch die über-
sichtliche und vollständige Beschreibung das Abwarten
neuer Erfahrungen unnöthig zu machen, dieselben zu
ersparen, indem z. B. vermöge der erkannten Abhängig-
keit der Vorgänge voneinander, bei Beobachtung eines
Vorganges die Beobachtung eines andern, dadurch schon
mitbestimmten und vorausbestimmten, unnöthig wird.
Aber auch bei der Beschreibung selbst kann Arbeit ge-
spart werden, indem man Methoden aufsucht, möglichst
viel auf einmal und in der kürzesten Weise zu be-
schreiben. Alles dies wird durch die Betrachtung
des Einzelnen viel klarer werden, als es durch allge-
meine Ausdrücke erreicht werden kann. Doch ist es
zweckmässig, auf die wichtigsten Gesichtspunkte hier
schon vorzubereiten.
7. Wir wollen nun auf unsern Gegenstand näher
eingehen und hierbei, ohne die Geschichte der Mechanik
zur Hauptsache zu machen, die historische Entwickelung
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/18>, abgerufen am 17.02.2025.
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