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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Zweites Kapitel.
mischen Kenntnisse der Alten, namentlich der Griechen
sehr unbedeutend waren, und dass hier erst die moderne
Zeit den Grund zu legen hatte.

2. Die Schrift "Discorsi e dimostrazioni matematiche",
in der Galilei die erste dynamische Untersuchung über
die Fallgesetze mittheilte, erschien 1638. Der moderne
Geist, den Galilei bekundet, äussert sich gleich darin, dass
er nicht fragt: warum fallen die schweren Körper, son-
dern dass er sich die Frage stellt, wie fallen die schweren
Körper, nach welchem Gesetze bewegt sich ein frei fal-
lender Körper? Um nun dieses Gesetz zu ermitteln,
schlägt er den Weg ein, dass er verschiedene Annahmen
macht, nicht aber bei ihnen ohne weiteres bleibt, wie
Aristoteles, sondern, dass er durch den Versuch zu er-
fahren sucht, ob sie auch richtig sind, dass er sie prüft.

Die erste Ansicht, auf die er verfällt, ist die fol-
gende. Es scheint ihm annehmbar, dass sich ein frei
fallender Körper so bewegt, da seine Geschwindigkeit
augenscheinlich fortwährend zunimmt, dass diese die
doppelte wird nach Zurücklegung des doppelten, die
dreifache nach Zurücklegung des dreifachen Weges,
kurz, dass die erlangten Geschwindigkeiten proportional
den zurückgelegten Fallräumen wachsen. Bevor er an
die Prüfung dieser Annahme durch das Experiment geht,
überlegt er sie logisch, verwickelt sich aber hierbei in
einen Fehlschluss. Er sagt, wenn ein Körper im ein-
fachen Fallraume eine gewisse Geschwindigkeit erlangt
hat, im doppelten Fallraume die doppelte u. s. w., wenn
also die Geschwindigkeit im zweiten Falle doppelt so
gross ist als im ersten, so wird der doppelte Weg in der
gleichen Zeit zurückgelegt wie der einfache. Denken wir
uns bei dem doppelten Fallraum zunächst die erste Hälfte
durchlaufen, so scheint auf die zweite Hälfte gar keine
Zeit zu entfallen. Es scheint die Fallbeweguug dann über-
haupt momentan vorzugehen, was nicht nur der Annahme,
sondern auch dem Augenschein widerspricht. Wir kommen
auf diesen eigenthümlichen Trugschluss später zurück.

3. Nachdem Galilei gefunden zu haben glaubt, dass

Zweites Kapitel.
mischen Kenntnisse der Alten, namentlich der Griechen
sehr unbedeutend waren, und dass hier erst die moderne
Zeit den Grund zu legen hatte.

2. Die Schrift „Discorsi e dimostrazioni matematiche‟,
in der Galilei die erste dynamische Untersuchung über
die Fallgesetze mittheilte, erschien 1638. Der moderne
Geist, den Galilei bekundet, äussert sich gleich darin, dass
er nicht fragt: warum fallen die schweren Körper, son-
dern dass er sich die Frage stellt, wie fallen die schweren
Körper, nach welchem Gesetze bewegt sich ein frei fal-
lender Körper? Um nun dieses Gesetz zu ermitteln,
schlägt er den Weg ein, dass er verschiedene Annahmen
macht, nicht aber bei ihnen ohne weiteres bleibt, wie
Aristoteles, sondern, dass er durch den Versuch zu er-
fahren sucht, ob sie auch richtig sind, dass er sie prüft.

Die erste Ansicht, auf die er verfällt, ist die fol-
gende. Es scheint ihm annehmbar, dass sich ein frei
fallender Körper so bewegt, da seine Geschwindigkeit
augenscheinlich fortwährend zunimmt, dass diese die
doppelte wird nach Zurücklegung des doppelten, die
dreifache nach Zurücklegung des dreifachen Weges,
kurz, dass die erlangten Geschwindigkeiten proportional
den zurückgelegten Fallräumen wachsen. Bevor er an
die Prüfung dieser Annahme durch das Experiment geht,
überlegt er sie logisch, verwickelt sich aber hierbei in
einen Fehlschluss. Er sagt, wenn ein Körper im ein-
fachen Fallraume eine gewisse Geschwindigkeit erlangt
hat, im doppelten Fallraume die doppelte u. s. w., wenn
also die Geschwindigkeit im zweiten Falle doppelt so
gross ist als im ersten, so wird der doppelte Weg in der
gleichen Zeit zurückgelegt wie der einfache. Denken wir
uns bei dem doppelten Fallraum zunächst die erste Hälfte
durchlaufen, so scheint auf die zweite Hälfte gar keine
Zeit zu entfallen. Es scheint die Fallbeweguug dann über-
haupt momentan vorzugehen, was nicht nur der Annahme,
sondern auch dem Augenschein widerspricht. Wir kommen
auf diesen eigenthümlichen Trugschluss später zurück.

3. Nachdem Galilei gefunden zu haben glaubt, dass

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[118/0130] Zweites Kapitel. mischen Kenntnisse der Alten, namentlich der Griechen sehr unbedeutend waren, und dass hier erst die moderne Zeit den Grund zu legen hatte. 2. Die Schrift „Discorsi e dimostrazioni matematiche‟, in der Galilei die erste dynamische Untersuchung über die Fallgesetze mittheilte, erschien 1638. Der moderne Geist, den Galilei bekundet, äussert sich gleich darin, dass er nicht fragt: warum fallen die schweren Körper, son- dern dass er sich die Frage stellt, wie fallen die schweren Körper, nach welchem Gesetze bewegt sich ein frei fal- lender Körper? Um nun dieses Gesetz zu ermitteln, schlägt er den Weg ein, dass er verschiedene Annahmen macht, nicht aber bei ihnen ohne weiteres bleibt, wie Aristoteles, sondern, dass er durch den Versuch zu er- fahren sucht, ob sie auch richtig sind, dass er sie prüft. Die erste Ansicht, auf die er verfällt, ist die fol- gende. Es scheint ihm annehmbar, dass sich ein frei fallender Körper so bewegt, da seine Geschwindigkeit augenscheinlich fortwährend zunimmt, dass diese die doppelte wird nach Zurücklegung des doppelten, die dreifache nach Zurücklegung des dreifachen Weges, kurz, dass die erlangten Geschwindigkeiten proportional den zurückgelegten Fallräumen wachsen. Bevor er an die Prüfung dieser Annahme durch das Experiment geht, überlegt er sie logisch, verwickelt sich aber hierbei in einen Fehlschluss. Er sagt, wenn ein Körper im ein- fachen Fallraume eine gewisse Geschwindigkeit erlangt hat, im doppelten Fallraume die doppelte u. s. w., wenn also die Geschwindigkeit im zweiten Falle doppelt so gross ist als im ersten, so wird der doppelte Weg in der gleichen Zeit zurückgelegt wie der einfache. Denken wir uns bei dem doppelten Fallraum zunächst die erste Hälfte durchlaufen, so scheint auf die zweite Hälfte gar keine Zeit zu entfallen. Es scheint die Fallbeweguug dann über- haupt momentan vorzugehen, was nicht nur der Annahme, sondern auch dem Augenschein widerspricht. Wir kommen auf diesen eigenthümlichen Trugschluss später zurück. 3. Nachdem Galilei gefunden zu haben glaubt, dass

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/130>, abgerufen am 24.11.2024.