17. Das Princip des Archimedes kann in sehr ver- schiedener Weise abgeleitet werden. Nach dem Vor- gange von Stevin denken wir uns im Innern der Flüssig- keit einen Theil derselben erstarrt. Er wird wie zuvor von der umgebenden Flüssigkeit getragen. Die Resul- tirende der Oberflächendruckkräfte greift also im Schwer- punkte der vom starren Körper verdrängten Flüssigkeit an, und ist deren Gewicht gleich und entgegengesetzt. Bringen wir nun an die Stelle der erstarrten Flüssig- keit irgendeinen andern starren Körper von derselben Form, aber anderm specifischen Gewicht, so bleiben die Oberflächendruckkräfte dieselben. Es wirken also zwei Kräfte an dem Körper, das Gewicht des Körpers, an-
[Abbildung]
Fig. 76.
greifend im Schwerpunkt des Körpers, und der Auftrieb, die Resultirende der Oberflächendruckkräfte, angreifend im Schwerpunkt der verdrängten Flüssig- keit. Nur bei homogenen starren Kör- pern fallen beide Schwerpunkte zu- sammen.
Taucht man ein rechtwinkeliges Parallelepiped von der Höhe h und der Basis [a] mit verticalen Kanten in eine Flüssigkeit vom specifischen Gewicht s, so ist, wenn die obere Basisfläche die Tiefe k unter dem Niveau hat, der Druck auf dieselbe [a]ks, auf die untere Fläche hingegen [a](k+h)s. Da sich nun die Seitendruck- kräfte aufheben, verbleibt ein Ueberdruck [a]hs oder v·s nach oben, wobei v das Volum des Parallelepipeds bedeutet.
Mit Hülfe des Princips der virtuellen Verschiebungen kommen wir der Auffassung am nächsten, von welcher Archimedes selbst ausgegangen ist. Ein Parallelepiped vom specifischen Gewicht [s], der Basis a und der Höhe h sinke um dh. Dann ist das virtuelle Moment der Uebertragung aus dem obern in den untern schraffirten Raum adh·[s]h. Dafür steigt die Flüssigkeit aus dem untern in den obern Raum, und deren Moment ist adhsh. Das gesammte virtuelle Moment ist also
Erstes Kapitel.
17. Das Princip des Archimedes kann in sehr ver- schiedener Weise abgeleitet werden. Nach dem Vor- gange von Stevin denken wir uns im Innern der Flüssig- keit einen Theil derselben erstarrt. Er wird wie zuvor von der umgebenden Flüssigkeit getragen. Die Resul- tirende der Oberflächendruckkräfte greift also im Schwer- punkte der vom starren Körper verdrängten Flüssigkeit an, und ist deren Gewicht gleich und entgegengesetzt. Bringen wir nun an die Stelle der erstarrten Flüssig- keit irgendeinen andern starren Körper von derselben Form, aber anderm specifischen Gewicht, so bleiben die Oberflächendruckkräfte dieselben. Es wirken also zwei Kräfte an dem Körper, das Gewicht des Körpers, an-
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Fig. 76.
greifend im Schwerpunkt des Körpers, und der Auftrieb, die Resultirende der Oberflächendruckkräfte, angreifend im Schwerpunkt der verdrängten Flüssig- keit. Nur bei homogenen starren Kör- pern fallen beide Schwerpunkte zu- sammen.
Taucht man ein rechtwinkeliges Parallelepiped von der Höhe h und der Basis [α] mit verticalen Kanten in eine Flüssigkeit vom specifischen Gewicht s, so ist, wenn die obere Basisfläche die Tiefe k unter dem Niveau hat, der Druck auf dieselbe [α]ks, auf die untere Fläche hingegen [α](k+h)s. Da sich nun die Seitendruck- kräfte aufheben, verbleibt ein Ueberdruck [α]hs oder v·s nach oben, wobei v das Volum des Parallelepipeds bedeutet.
Mit Hülfe des Princips der virtuellen Verschiebungen kommen wir der Auffassung am nächsten, von welcher Archimedes selbst ausgegangen ist. Ein Parallelepiped vom specifischen Gewicht [σ], der Basis a und der Höhe h sinke um dh. Dann ist das virtuelle Moment der Uebertragung aus dem obern in den untern schraffirten Raum adh·[σ]h. Dafür steigt die Flüssigkeit aus dem untern in den obern Raum, und deren Moment ist adhsh. Das gesammte virtuelle Moment ist also
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Erstes Kapitel.
17. Das Princip des Archimedes kann in sehr ver-
schiedener Weise abgeleitet werden. Nach dem Vor-
gange von Stevin denken wir uns im Innern der Flüssig-
keit einen Theil derselben erstarrt. Er wird wie zuvor
von der umgebenden Flüssigkeit getragen. Die Resul-
tirende der Oberflächendruckkräfte greift also im Schwer-
punkte der vom starren Körper verdrängten Flüssigkeit
an, und ist deren Gewicht gleich und entgegengesetzt.
Bringen wir nun an die Stelle der erstarrten Flüssig-
keit irgendeinen andern starren Körper von derselben
Form, aber anderm specifischen Gewicht, so bleiben die
Oberflächendruckkräfte dieselben. Es wirken also zwei
Kräfte an dem Körper, das Gewicht des Körpers, an-
[Abbildung Fig. 76.]
greifend im Schwerpunkt des Körpers,
und der Auftrieb, die Resultirende der
Oberflächendruckkräfte, angreifend im
Schwerpunkt der verdrängten Flüssig-
keit. Nur bei homogenen starren Kör-
pern fallen beide Schwerpunkte zu-
sammen.
Taucht man ein rechtwinkeliges Parallelepiped von der
Höhe h und der Basis α mit verticalen Kanten in eine
Flüssigkeit vom specifischen Gewicht s, so ist, wenn die
obere Basisfläche die Tiefe k unter dem Niveau hat,
der Druck auf dieselbe αks, auf die untere Fläche
hingegen α(k+h)s. Da sich nun die Seitendruck-
kräfte aufheben, verbleibt ein Ueberdruck αhs oder
v·s nach oben, wobei v das Volum des Parallelepipeds
bedeutet.
Mit Hülfe des Princips der virtuellen Verschiebungen
kommen wir der Auffassung am nächsten, von welcher
Archimedes selbst ausgegangen ist. Ein Parallelepiped
vom specifischen Gewicht σ, der Basis a und der Höhe h
sinke um dh. Dann ist das virtuelle Moment der
Uebertragung aus dem obern in den untern schraffirten
Raum adh·σh. Dafür steigt die Flüssigkeit aus dem
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adhsh. Das gesammte virtuelle Moment ist also
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/108>, abgerufen am 24.11.2024.
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