Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die andere Betrachtung. diese Hoffnung haben/ daß ihr GOtt wohl weißvon ihren Banden sie zu erfreuen/ und da es zu seinen Ehren und unserer Seligkeit gut ist/ wird ers auch gewißlich thun. Löset er schon nicht die eiserne Bande von Händen und Füssen/ so löset er sie doch gewißlich von unserm Gemüthe/ und gibt in Banden und Gefängniß uns ein solch freudig Gemüth/ daß wir der Bande nicht achten/ das gottselige Gemüth kan nicht gefan- gen und gebunden werden. Sonsten ist auch zu wissen/ daß auch geistliche Bande sind/ die ei- ner Aufflösung so wohl bedürffen/ als die von Ei- sen geschmiedet seyn. Wer in Sünden stecket/ dem ist die Sünde ein starcker Band. Wer wil ihn erlösen? Der HErr erlöset die Ge- fangenen. Das sterbliche Leben selbsten ist ein Gefängniß/ wer vom Leibe auffgelöset wird/ der wird von beschwerlichen Banden erlöset. Wenn wir in dieser Gefängniß lange gnug ge- änstiget seyn/ so erlöset uns endlich der HErr/ und führet uns auß den Banden in die Ruhe und Freyheit der Kinder Gottes/ und gibt für die Sterbligkeit ein Unsterbliches/ unverweßliches Wesen. Unterdessen ziehet uns die Liebe da- zu/ daß wir um derer willen/ denen wir noch nütz seyn können/ die Bande gerne ertragen/ biß daß es Gott gefällt uns außzuspannen. Zum
Die andere Betrachtung. dieſe Hoffnung haben/ daß ihr GOtt wohl weißvon ihren Banden ſie zu erfreuen/ und da es zu ſeinen Ehren und unſerer Seligkeit gut iſt/ wird ers auch gewißlich thun. Löſet er ſchon nicht die eiſerne Bande von Händen und Füſſen/ ſo löſet er ſie doch gewißlich von unſerm Gemüthe/ und gibt in Banden und Gefängniß uns ein ſolch freudig Gemüth/ daß wir der Bande nicht achten/ das gottſelige Gemüth kan nicht gefan- gen und gebunden werden. Sonſten iſt auch zu wiſſen/ daß auch geiſtliche Bande ſind/ die ei- ner Aufflöſung ſo wohl bedürffen/ als die von Ei- ſen geſchmiedet ſeyn. Wer in Sünden ſtecket/ dem iſt die Sünde ein ſtarcker Band. Wer wil ihn erlöſen? Der HErr erlöſet die Ge- fangenen. Das ſterbliche Leben ſelbſten iſt ein Gefängniß/ wer vom Leibe auffgelöſet wird/ der wird von beſchwerlichen Banden erlöſet. Wenn wir in dieſer Gefängniß lange gnug ge- änſtiget ſeyn/ ſo erlöſet uns endlich der HErr/ und führet uns auß den Banden in die Ruhe und Freyheit der Kinder Gottes/ und gibt für die Sterbligkeit ein Unſterbliches/ unverweßliches Weſen. Unterdeſſen ziehet uns die Liebe da- zu/ daß wir um derer willen/ denen wir noch nütz ſeyn können/ die Bande gerne ertragen/ biß daß es Gott gefällt uns außzuſpannen. Zum
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Die andere Betrachtung.
dieſe Hoffnung haben/ daß ihr GOtt wohl weiß
von ihren Banden ſie zu erfreuen/ und da es zu
ſeinen Ehren und unſerer Seligkeit gut iſt/ wird
ers auch gewißlich thun. Löſet er ſchon nicht
die eiſerne Bande von Händen und Füſſen/ ſo
löſet er ſie doch gewißlich von unſerm Gemüthe/
und gibt in Banden und Gefängniß uns ein
ſolch freudig Gemüth/ daß wir der Bande nicht
achten/ das gottſelige Gemüth kan nicht gefan-
gen und gebunden werden. Sonſten iſt auch
zu wiſſen/ daß auch geiſtliche Bande ſind/ die ei-
ner Aufflöſung ſo wohl bedürffen/ als die von Ei-
ſen geſchmiedet ſeyn. Wer in Sünden ſtecket/
dem iſt die Sünde ein ſtarcker Band. Wer
wil ihn erlöſen? Der HErr erlöſet die Ge-
fangenen. Das ſterbliche Leben ſelbſten iſt
ein Gefängniß/ wer vom Leibe auffgelöſet wird/
der wird von beſchwerlichen Banden erlöſet.
Wenn wir in dieſer Gefängniß lange gnug ge-
änſtiget ſeyn/ ſo erlöſet uns endlich der HErr/
und führet uns auß den Banden in die Ruhe und
Freyheit der Kinder Gottes/ und gibt für die
Sterbligkeit ein Unſterbliches/ unverweßliches
Weſen. Unterdeſſen ziehet uns die Liebe da-
zu/ daß wir um derer willen/ denen wir noch
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daß es Gott gefällt uns außzuſpannen.
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