Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die vierdte Betrachtung. Geist ward durch den Honig-Schmack leben- dig/ und empfand bey ihm/ daß seine Augen lau- ter wurden. So gehts uns auch. Wir leben in einem Streit/ da werden wir mannigmahl so matt/ daß sich das Licht unser Augen verlieret. Geschichts denn/ daß GOtt mit seiner trostrei- chen Gnade sich schmecken läst/ da findet sich wi- der das Licht unser Augen. Mit dem Munde viel von Gott reden können/ ohn das inwendige Erkäntniß/ ist nichts. Was ich an GOtt ken- ne/ daß muß ich im Glauben empfinden/ so ist das Erkäntniß recht. Darauff folget denn auch eine rechte lebendige Begierde nach Gott. Wer Gott schmecket und kennet/ der kan nicht gesät- tiget werden/ als mit Gott. Ach wie gütig/ wie fromm/ wie freundlich bist du Herr. Schmeckt und sehet wie freundlich der Herr ist. Nun wer ists/ der sich göttlicher Güte und beyde J iij
Die vierdte Betrachtung. Geiſt ward durch den Honig-Schmack leben- dig/ und empfand bey ihm/ daß ſeine Augen lau- ter wurden. So gehts uns auch. Wir leben in einem Streit/ da werden wir mannigmahl ſo matt/ daß ſich das Licht unſer Augen verlieret. Geſchichts denn/ daß GOtt mit ſeiner troſtrei- chen Gnade ſich ſchmecken läſt/ da findet ſich wi- der das Licht unſer Augen. Mit dem Munde viel von Gott reden können/ ohn das inwendige Erkäntniß/ iſt nichts. Was ich an GOtt ken- ne/ daß muß ich im Glauben empfinden/ ſo iſt das Erkäntniß recht. Darauff folget denn auch eine rechte lebendige Begierde nach Gott. Wer Gott ſchmecket und kennet/ der kan nicht geſät- tiget werden/ als mit Gott. Ach wie gütig/ wie fromm/ wie freundlich biſt du Herr. Schmeckt und ſehet wie freundlich der Herr iſt. Nun wer iſts/ der ſich göttlicher Güte und beyde J iij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0156" n="133"/><fw place="top" type="header">Die vierdte Betrachtung.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Geiſt ward durch den Honig-Schmack leben-<lb/> dig/ und empfand bey ihm/ daß ſeine Augen lau-<lb/> ter wurden. So gehts uns auch. Wir leben<lb/> in einem Streit/ da werden wir mannigmahl ſo<lb/> matt/ daß ſich das Licht unſer Augen verlieret.<lb/> Geſchichts denn/ daß GOtt mit ſeiner troſtrei-<lb/> chen Gnade ſich ſchmecken läſt/ da findet ſich wi-<lb/> der das Licht unſer Augen. Mit dem Munde<lb/> viel von Gott reden können/ ohn das inwendige<lb/> Erkäntniß/ iſt nichts. Was ich an GOtt ken-<lb/> ne/ daß muß ich im Glauben empfinden/ ſo iſt das<lb/> Erkäntniß recht. Darauff folget denn auch<lb/> eine rechte lebendige Begierde nach Gott. Wer<lb/> Gott ſchmecket und kennet/ der kan nicht geſät-<lb/> tiget werden/ als mit Gott. Ach wie gütig/ wie<lb/> fromm/ wie freundlich biſt du Herr. <hi rendition="#fr">Schmeckt<lb/> und ſehet wie freundlich der Herr iſt.</hi></p><lb/> <p>Nun wer iſts/ der ſich göttlicher Güte und<lb/> Freundligkeit zu freuen hat? Der Geiſt weiſet<lb/> uns auff die/ die auff Gott trauen und ihn fürch-<lb/> ten: <hi rendition="#fr">Wohl dem/ der auff ihn trauet. Fürch-<lb/> tet den HErrn ihr ſeine Heiligen/ denn die<lb/> ihn fürchten/ haben keinen Mangel.</hi> v. 9. 10.<lb/> Zweyerley wird erfodert. 1. Daß ich auff Gott<lb/> traue/ und den HErrn für meinen Schutz halte.<lb/> 2. Daß ich den Herrn fürchte/ und nach ſeinem<lb/> Wohlgefallen zu leben mich befleiſſige. Dieſe<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J iij</fw><fw place="bottom" type="catch">beyde</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0156]
Die vierdte Betrachtung.
Geiſt ward durch den Honig-Schmack leben-
dig/ und empfand bey ihm/ daß ſeine Augen lau-
ter wurden. So gehts uns auch. Wir leben
in einem Streit/ da werden wir mannigmahl ſo
matt/ daß ſich das Licht unſer Augen verlieret.
Geſchichts denn/ daß GOtt mit ſeiner troſtrei-
chen Gnade ſich ſchmecken läſt/ da findet ſich wi-
der das Licht unſer Augen. Mit dem Munde
viel von Gott reden können/ ohn das inwendige
Erkäntniß/ iſt nichts. Was ich an GOtt ken-
ne/ daß muß ich im Glauben empfinden/ ſo iſt das
Erkäntniß recht. Darauff folget denn auch
eine rechte lebendige Begierde nach Gott. Wer
Gott ſchmecket und kennet/ der kan nicht geſät-
tiget werden/ als mit Gott. Ach wie gütig/ wie
fromm/ wie freundlich biſt du Herr. Schmeckt
und ſehet wie freundlich der Herr iſt.
Nun wer iſts/ der ſich göttlicher Güte und
Freundligkeit zu freuen hat? Der Geiſt weiſet
uns auff die/ die auff Gott trauen und ihn fürch-
ten: Wohl dem/ der auff ihn trauet. Fürch-
tet den HErrn ihr ſeine Heiligen/ denn die
ihn fürchten/ haben keinen Mangel. v. 9. 10.
Zweyerley wird erfodert. 1. Daß ich auff Gott
traue/ und den HErrn für meinen Schutz halte.
2. Daß ich den Herrn fürchte/ und nach ſeinem
Wohlgefallen zu leben mich befleiſſige. Dieſe
beyde
J iij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/156 |
Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/156>, abgerufen am 16.02.2025. |