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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die dritte Betrachtung.

nicht deß Schreyens der Armen. Er wird
deß Armen nicht so gantz vergessen/ und die
Hoffnung der Elenden wird nicht verloh-
ren seyn ewiglich. Also auch im 72. Psalm v.
12. Er wird den Armen erretten/ der da
schreyet/ und den Elenden/ der keinen Helf-
fer hat. Hie muß man wissen/ wer für GOtt
arm und elend ist. Arm im Geist und elend
für Gott ist derselbe/ der erstlich ihm selbst nichts
zueignet/ als Blindheit/ Sünd/ Tod und Ver-
damniß: und alles was zu seiner Seligkeit ge-
höret/ allein bey GOtt suchet/ auch erkennet/ daß
was er gutes hat an Leib und Seel/ von der Gna-
den GOttes zu ihm komme/ er wird gar bey ihm
zu nichte/ erkennet und fühlet wohl/ daß er nichts
ist! Und wenn er schon alles hat/ so ruhet er
doch in keinem Ding als ein GOtt/ und siehet al-
les/ was in der Welt ist/ nicht anders an/ als ein
fremdes Gut. Diß seynd die rechten Beter.
Kommt denn eine solche Noth dazu/ daß aller
Menschen Hülffe auß ist/ so wird er noch mehr
zum Beten außgerüstet. Wilt du nun ein rech-
ter Beter seyn/ sowerde bey dir selbst zu nicht/
und laß dein Hertz auff nichts/ als in GOtt ru-
hen. Hast du Reichthum/ so sprich: Was soll
mir dieser vergänglicher Reichthum? mein
Reichthum ist in Gott. Bist du in hohen Ehren/

H jv

Die dritte Betrachtung.

nicht deß Schreyens der Armen. Er wird
deß Armen nicht ſo gantz vergeſſen/ und die
Hoffnung der Elenden wird nicht verloh-
ren ſeyn ewiglich. Alſo auch im 72. Pſalm v.
12. Er wird den Armen erretten/ der da
ſchreyet/ und den Elenden/ der keinen Helf-
fer hat. Hie muß man wiſſen/ wer für GOtt
arm und elend iſt. Arm im Geiſt und elend
für Gott iſt derſelbe/ der erſtlich ihm ſelbſt nichts
zueignet/ als Blindheit/ Sünd/ Tod und Ver-
damniß: und alles was zu ſeiner Seligkeit ge-
höret/ allein bey GOtt ſuchet/ auch erkennet/ daß
was er gutes hat an Leib und Seel/ von der Gna-
den GOttes zu ihm komme/ er wird gar bey ihm
zu nichte/ erkennet und fühlet wohl/ daß er nichts
iſt! Und wenn er ſchon alles hat/ ſo ruhet er
doch in keinem Ding als ein GOtt/ und ſiehet al-
les/ was in der Welt iſt/ nicht anders an/ als ein
fremdes Gut. Diß ſeynd die rechten Beter.
Kommt denn eine ſolche Noth dazu/ daß aller
Menſchen Hülffe auß iſt/ ſo wird er noch mehr
zum Beten außgerüſtet. Wilt du nun ein rech-
ter Beter ſeyn/ ſowerde bey dir ſelbſt zu nicht/
und laß dein Hertz auff nichts/ als in GOtt ru-
hen. Haſt du Reichthum/ ſo ſprich: Was ſoll
mir dieſer vergänglicher Reichthum? mein
Reichthum iſt in Gott. Biſt du in hohen Ehren/

ſo

H jv

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[119/0142] Die dritte Betrachtung. nicht deß Schreyens der Armen. Er wird deß Armen nicht ſo gantz vergeſſen/ und die Hoffnung der Elenden wird nicht verloh- ren ſeyn ewiglich. Alſo auch im 72. Pſalm v. 12. Er wird den Armen erretten/ der da ſchreyet/ und den Elenden/ der keinen Helf- fer hat. Hie muß man wiſſen/ wer für GOtt arm und elend iſt. Arm im Geiſt und elend für Gott iſt derſelbe/ der erſtlich ihm ſelbſt nichts zueignet/ als Blindheit/ Sünd/ Tod und Ver- damniß: und alles was zu ſeiner Seligkeit ge- höret/ allein bey GOtt ſuchet/ auch erkennet/ daß was er gutes hat an Leib und Seel/ von der Gna- den GOttes zu ihm komme/ er wird gar bey ihm zu nichte/ erkennet und fühlet wohl/ daß er nichts iſt! Und wenn er ſchon alles hat/ ſo ruhet er doch in keinem Ding als ein GOtt/ und ſiehet al- les/ was in der Welt iſt/ nicht anders an/ als ein fremdes Gut. Diß ſeynd die rechten Beter. Kommt denn eine ſolche Noth dazu/ daß aller Menſchen Hülffe auß iſt/ ſo wird er noch mehr zum Beten außgerüſtet. Wilt du nun ein rech- ter Beter ſeyn/ ſowerde bey dir ſelbſt zu nicht/ und laß dein Hertz auff nichts/ als in GOtt ru- hen. Haſt du Reichthum/ ſo ſprich: Was ſoll mir dieſer vergänglicher Reichthum? mein Reichthum iſt in Gott. Biſt du in hohen Ehren/ ſo H jv

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Zitationshilfe:	Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/142>, abgerufen am 26.11.2024.

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