Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645.

Bild:
<< vorherige Seite

so manche Meil kömpt der Mensch neher zum Grabe. Hie ruhet man nicht / gilt auch kein Verschub / du liegest oder gehest / issest oder spielest / deine Reise zum Tode gehet immer fort. Dazu kan der Mensch nimmer wissen wie nahe er zum Ende kommen ist / muß immer sorgen / daß sein Lebenslauff sich ehe endige / ehe eine Stunde vmb ist. Zwar die Menschen verheissen sich auch bey hohem Alter noch langes Leben / halten sich nicht anders / als wann sie zu keinem Ende kommen könten. Doch thuts kein Kluger / der wol weiß daß zu jeder Stunde sein Leben sich endigen könne.

Ferner wann der Mensch 80. oder 100. Jahr erreichet hat / kan ich fragen / wo hastu deine Hundert Jahr? Wo seynd sie geblieben? Wo wilstu sie wider finden? So muß er bekennen: Ich habe so viel Jahr erreichet / vnd habe doch jetzt nichts davon / sie seynd alle dahin geflogen. Wann nun alle seine Jahr dahin seyn / vnd die letzte Stunde jetzt da ist / vnd der Mensch nun vor sich siehet die Ewigkeit / so empfindet er [e]rstlich wie sein Leben so kurtz gewesen ist. Was er vor sich sihet / das hat kein Ende / denn es heist von der Ewigkeit: Psal 90, 5.Tausent Jahr seyn wie ein Tag der schon vergangen ist / vnd wie eine Nachtwache. Wann der Mensch in der Ewigkeit zugebracht hat / so viel Jahr / als Minuten in Hundert Tausene Jahren zu finden seyn / so ist er doch nicht auff ein Haarbreit näher zum Ende kommen / kömpt auch nicht näher / wann er schon noch Hundert Tausent mahl so viel Jahre zugebracht hat. Diß muß der Mensche außhalten / jhm sey wol oder wehe. Sage nun / wie lang wird jhm sein voriges Leben auff Erden vorkommen / wann er zu rück gedencket / wanne schon Tausent Jahr gewehret? Wirds wol seyn wie ein Tröpsslein gegen dem grossen Meer / wie

so manche Meil kömpt der Mensch neher zum Grabe. Hie ruhet man nicht / gilt auch kein Verschub / du liegest oder gehest / issest oder spielest / deine Reise zum Tode gehet immer fort. Dazu kã der Mensch nim̃er wissen wie nahe er zum Ende kommen ist / muß immer sorgen / daß sein Lebenslauff sich ehe endige / ehe eine Stunde vmb ist. Zwar die Menschen verheissen sich auch bey hohem Alter noch langes Leben / halten sich nicht anders / als wann sie zu keinem Ende kommen könten. Doch thuts kein Kluger / der wol weiß daß zu jeder Stunde sein Leben sich endigen könne.

Ferner wann der Mensch 80. oder 100. Jahr erreichet hat / kan ich fragen / wo hastu deine Hundert Jahr? Wo seynd sie geblieben? Wo wilstu sie wider finden? So muß er bekennen: Ich habe so viel Jahr erreichet / vnd habe doch jetzt nichts davon / sie seynd alle dahin geflogen. Wann nun alle seine Jahr dahin seyn / vnd die letzte Stunde jetzt da ist / vnd der Mensch nun vor sich siehet die Ewigkeit / so empfindet er [e]rstlich wie sein Leben so kurtz gewesen ist. Was er vor sich sihet / das hat kein Ende / denn es heist von der Ewigkeit: Psal 90, 5.Tausent Jahr seyn wie ein Tag der schon vergangen ist / vnd wie eine Nachtwache. Wann der Mensch in der Ewigkeit zugebracht hat / so viel Jahr / als Minuten in Hundert Tausene Jahren zu finden seyn / so ist er doch nicht auff ein Haarbreit näher zum Ende kommen / kömpt auch nicht näher / wann er schon noch Hundert Tausent mahl so viel Jahre zugebracht hat. Diß muß der Mensche außhalten / jhm sey wol oder wehe. Sage nun / wie lang wird jhm sein voriges Leben auff Erden vorkommen / wann er zu rück gedencket / wanne schon Tausent Jahr gewehret? Wirds wol seyn wie ein Tröpsslein gegen dem grossen Meer / wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0012" n="12"/>
so manche Meil kömpt der
                     Mensch neher zum Grabe. Hie ruhet man nicht / gilt auch kein Verschub / du
                     liegest oder gehest / issest oder spielest / deine Reise zum Tode gehet immer
                     fort. Dazu ka&#x0303; der Mensch nim&#x0303;er wissen wie nahe er
                     zum Ende kommen ist / muß immer sorgen / daß sein Lebenslauff sich ehe endige /
                     ehe eine Stunde vmb ist. Zwar die Menschen verheissen sich auch bey hohem Alter
                     noch langes Leben / halten sich nicht anders / als wann sie zu keinem Ende
                     kommen könten. Doch thuts kein Kluger / der wol weiß daß zu jeder Stunde sein
                     Leben sich endigen könne.</p>
        <p>Ferner wann der Mensch 80. oder 100. Jahr erreichet hat / kan ich fragen / wo
                     hastu deine Hundert Jahr? Wo seynd sie geblieben? Wo wilstu sie wider finden? So
                     muß er bekennen: Ich habe so viel Jahr erreichet / vnd habe doch jetzt nichts
                     davon / sie seynd alle dahin geflogen. Wann nun alle seine Jahr dahin seyn / vnd
                     die letzte Stunde jetzt da ist / vnd der Mensch nun vor sich siehet die Ewigkeit
                     / so empfindet er <supplied>e</supplied>rstlich wie sein Leben so kurtz gewesen ist. Was er vor
                     sich sihet / das hat kein Ende / denn es heist von der Ewigkeit: <note place="left"><hi rendition="#i">Psal 90, 5.</hi></note>Tausent Jahr
                     seyn wie ein Tag der schon vergangen ist / vnd wie eine Nachtwache. Wann der
                     Mensch in der Ewigkeit zugebracht hat / so viel Jahr / als Minuten in Hundert
                     Tausene Jahren zu finden seyn / so ist er doch nicht auff ein Haarbreit näher
                     zum Ende kommen / kömpt auch nicht näher / wann er schon noch Hundert Tausent
                     mahl so viel Jahre zugebracht hat. Diß muß der Mensche außhalten / jhm sey wol
                     oder wehe. Sage nun / wie lang wird jhm sein voriges Leben auff Erden vorkommen
                     / wann er zu rück gedencket / wanne schon Tausent Jahr gewehret? Wirds wol seyn
                     wie ein Tröpsslein gegen dem grossen Meer / wie
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0012] so manche Meil kömpt der Mensch neher zum Grabe. Hie ruhet man nicht / gilt auch kein Verschub / du liegest oder gehest / issest oder spielest / deine Reise zum Tode gehet immer fort. Dazu kã der Mensch nim̃er wissen wie nahe er zum Ende kommen ist / muß immer sorgen / daß sein Lebenslauff sich ehe endige / ehe eine Stunde vmb ist. Zwar die Menschen verheissen sich auch bey hohem Alter noch langes Leben / halten sich nicht anders / als wann sie zu keinem Ende kommen könten. Doch thuts kein Kluger / der wol weiß daß zu jeder Stunde sein Leben sich endigen könne. Ferner wann der Mensch 80. oder 100. Jahr erreichet hat / kan ich fragen / wo hastu deine Hundert Jahr? Wo seynd sie geblieben? Wo wilstu sie wider finden? So muß er bekennen: Ich habe so viel Jahr erreichet / vnd habe doch jetzt nichts davon / sie seynd alle dahin geflogen. Wann nun alle seine Jahr dahin seyn / vnd die letzte Stunde jetzt da ist / vnd der Mensch nun vor sich siehet die Ewigkeit / so empfindet er erstlich wie sein Leben so kurtz gewesen ist. Was er vor sich sihet / das hat kein Ende / denn es heist von der Ewigkeit: Tausent Jahr seyn wie ein Tag der schon vergangen ist / vnd wie eine Nachtwache. Wann der Mensch in der Ewigkeit zugebracht hat / so viel Jahr / als Minuten in Hundert Tausene Jahren zu finden seyn / so ist er doch nicht auff ein Haarbreit näher zum Ende kommen / kömpt auch nicht näher / wann er schon noch Hundert Tausent mahl so viel Jahre zugebracht hat. Diß muß der Mensche außhalten / jhm sey wol oder wehe. Sage nun / wie lang wird jhm sein voriges Leben auff Erden vorkommen / wann er zu rück gedencket / wanne schon Tausent Jahr gewehret? Wirds wol seyn wie ein Tröpsslein gegen dem grossen Meer / wie Psal 90, 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645/12
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645/12>, abgerufen am 09.11.2024.