Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645.den Kräfften des Glaubens thut oder leydet / muß auch nicht gantz verlohren seyn / jhre Wercke folgen jhnen nach / was nach dem Fleisch in vnserem Leyden müheseelig vnd verdrießlich ist / muß auffhören / es lesset aber hinder sich eine vnendliche wichtige Herrligkeit. Darümb müssen wir auff dißmahl vnsere Gedancken gantz kehren / zu dem fleischlichen Wandel der Welt / vnd was sich bey solchem fleischlichen Wandel zu träget / es sey armselig oder köstlich. Bey solchem vnserm Leben gibt vns Moses zu bedenckenII. Praedicatum qued duplex. zweyerley die Kürtze vnd die müheseeligkeit / were es alleine ein kartzes Leben / were es nicht groß zu achten / wanns schon voller Frewden were / weil es aber dazu noch mühesehlig ist / so gilt es desto weniger. Die Kürtze vnsers Lebens wird beschrieben mit diesenI. Vitae brevitas. Worten: vnser Leben wehret 70. Jahr / wanns hoch kömpt / so sinds Achtzig Jahr Es geschicht ja wol daß es auff Neuntzig / auff Hundert Jahr / vnd wol drüber / kömpt / doch widerfehrt solches auß Hundert Tausent kaum einen / doch gesetzet das es vielen widerfahre / vnnd dieselbe nicht allein an Hundert / sondern / wie in der ersten Welt / gar an Tausent Jahr gelangen / so heists doch nur ein kurtzes Leben. Dann erstlich besteht das Leben in einen stetigen Ablauff / je höher die Jahre wachsen / wie mehr das Leben abnimpt / denn es verflisset sich jmmer mehr vnd mehr. Ist eben wie mit einer Glas Vhr / die verschüttet sich nicht mit einmahl / sondern verläufft sich mit der Zeit biß auff das ietzte Sandkörnlein / da das Lauffen auffhöret: Also soll ein Mensch nicht gedencken / daß er denn allererst zum Tode nahe / wann er nun sterben solle / sondern sein gantzes Leben / eylet zum Tode / der erste Augenblick seines Lebens / ist der erste Tritt zun Tode / so manche Stunde vergehet / den Kräfften des Glaubens thut oder leydet / muß auch nicht gantz verlohren seyn / jhre Wercke folgen jhnẽ nach / was nach dem Fleisch in vnserem Leyden müheseelig vnd verdrießlich ist / muß auffhören / es lesset aber hinder sich eine vnendliche wichtige Herrligkeit. Darümb müssen wir auff dißmahl vnsere Gedancken gantz kehren / zu dem fleischlichen Wandel der Welt / vnd was sich bey solchem fleischlichen Wandel zu träget / es sey armselig oder köstlich. Bey solchem vnserm Leben gibt vns Moses zu bedenckenII. Praedicatum qued duplex. zweyerley die Kürtze vnd die müheseeligkeit / were es alleine ein kartzes Leben / were es nicht groß zu achten / wanns schon voller Frewden were / weil es aber dazu noch mühesehlig ist / so gilt es desto weniger. Die Kürtze vnsers Lebens wird beschrieben mit diesenI. Vitae brevitas. Worten: vnser Leben wehret 70. Jahr / wanns hoch kömpt / so sinds Achtzig Jahr Es geschicht ja wol daß es auff Neuntzig / auff Hundert Jahr / vnd wol drüber / kömpt / doch widerfehrt solches auß Hundert Tausent kaum einen / doch gesetzet das es vielen widerfahre / vnnd dieselbe nicht allein an Hundert / sondern / wie in der ersten Welt / gar an Tausent Jahr gelangẽ / so heists doch nur ein kurtzes Leben. Dann erstlich besteht das Leben in einen stetigen Ablauff / je höher die Jahre wachsen / wie mehr das Leben abnimpt / denn es verflisset sich jmmer mehr vnd mehr. Ist eben wie mit einer Glas Vhr / die verschüttet sich nicht mit einmahl / sondern verläufft sich mit der Zeit biß auff das ietzte Sandkörnlein / da das Lauffen auffhöret: Also soll ein Mensch nicht gedencken / daß er deñ allererst zum Tode nahe / wann er nun sterben solle / sondern sein gantzes Leben / eylet zum Tode / der erste Augenblick seines Lebens / ist der erste Tritt zũ Tode / so manche Stunde vergehet / <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> den Kräfften des Glaubens thut oder leydet / muß auch nicht gantz verlohren seyn / jhre Wercke folgen jhnẽ nach / was nach dem Fleisch in vnserem Leyden müheseelig vnd verdrießlich ist / muß auffhören / es lesset aber hinder sich eine vnendliche wichtige Herrligkeit. 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Ist eben wie mit einer Glas Vhr / die verschüttet sich nicht mit einmahl / sondern verläufft sich mit der Zeit biß auff das ietzte Sandkörnlein / da das Lauffen auffhöret: Also soll ein Mensch nicht gedencken / daß er deñ allererst zum Tode nahe / wann er nun sterben solle / sondern sein gantzes Leben / eylet zum Tode / der erste Augenblick seines Lebens / ist der erste Tritt zũ Tode / so manche Stunde vergehet / </p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
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Bey solchem vnserm Leben gibt vns Moses zu bedencken zweyerley die Kürtze vnd die müheseeligkeit / were es alleine ein kartzes Leben / were es nicht groß zu achten / wanns schon voller Frewden were / weil es aber dazu noch mühesehlig ist / so gilt es desto weniger.
II. Praedicatum qued duplex. Die Kürtze vnsers Lebens wird beschrieben mit diesen Worten: vnser Leben wehret 70. Jahr / wanns hoch kömpt / so sinds Achtzig Jahr Es geschicht ja wol daß es auff Neuntzig / auff Hundert Jahr / vnd wol drüber / kömpt / doch widerfehrt solches auß Hundert Tausent kaum einen / doch gesetzet das es vielen widerfahre / vnnd dieselbe nicht allein an Hundert / sondern / wie in der ersten Welt / gar an Tausent Jahr gelangẽ / so heists doch nur ein kurtzes Leben. Dann erstlich besteht das Leben in einen stetigen Ablauff / je höher die Jahre wachsen / wie mehr das Leben abnimpt / denn es verflisset sich jmmer mehr vnd mehr. Ist eben wie mit einer Glas Vhr / die verschüttet sich nicht mit einmahl / sondern verläufft sich mit der Zeit biß auff das ietzte Sandkörnlein / da das Lauffen auffhöret: Also soll ein Mensch nicht gedencken / daß er deñ allererst zum Tode nahe / wann er nun sterben solle / sondern sein gantzes Leben / eylet zum Tode / der erste Augenblick seines Lebens / ist der erste Tritt zũ Tode / so manche Stunde vergehet /
I. Vitae brevitas.
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645/11>, abgerufen am 16.02.2025. |